Blanca (Blanche) von Frankreich; erste Frau Herzog Rudolfs III. von Österreich (†1307)
Geb. um 1285
Gest. Wien, 19.3.1305
Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: König Philipp III. (le Hardi) von Frankreich (1270-1285) und dessen zweiter Frau Maria von Brabant (†1322), Tochter Herzog Heinrichs III. von Brabant; Geschwister: Margarethe (†1318) verheiratet mit Edward I. von England (1272-1307); Ludwig, Graf von Evreux (†1319), verheiratet mit Margarethe von Artois (†1311); Halbbrüder, Söhne aus der ersten Ehe Philipps III. mit Isabella von Aragón (†1271), Tochter König Jakobs I. von Aragón (1213-1276); Philipp IV. (le Bel) (1285-1314) verheiratet mit Johanna von Navarra (†1305) und Graf Karl von Valois (†1325), verheiratet in erster Ehe mit Margarethe von Sizilien (†1299), in zweiter Ehe mit Katharina von Courtenay (†1307), in dritter Ehe mit Mahaut von Châtillon (†1352).
Laufbahn: Die ersten Kontakte mit Frankreich fallen in die Zeit als sich im Reich gegen Adolf von Nassau (1292-1298) ob seiner Hausmachtspolitik und seines Verhaltens im englisch-französischen Krieg eine Gruppe von Fürsten zu formieren begann. Konkret wurden diese Verhandlungen erst im April 1299 und mündeten in der Zusammenkunft von Albrecht und Philipp IV. in Quatrevaux (zwischen Toul und Vancouleurs) im Spätherbst von 1299, die die Eheabmachung von Albrechts Sohn Rudolf und Philipps Halbschwester B. zur Folge hatten.
Im August 1299 wurde die Heiratsabmachung zwischen Albrecht I. und König Philipp IV. von Frankreich ratifiziert. Die Philipp IV. gemachten Zusagen bezüglich der Erbfolge und Belehnung in den habsburgischen Ländern und des Witwengutes für B. waren nicht unproblematisch und führten zur Auseinandersetzung mit den Kurfürsten. Á la longue blieb diese Abmachung ohne Folgen, da B. früh starb und sich auch das Verhältnis zu Frankreich sehr rasch abkühlte. Zu Pfingsten 1300 wurde in Paris die Hochzeit gefeiert. Nach dem 15. August trafen sie in Toul mit Königin Elisabeth zusammen, die angereist war, das junge Paar zu empfangen. Um Weihnachten traf das Paar samt der Königin schließlich in Wien ein. Bei dieser Gelegenheit war Elisabeth erstmals als Königin nach Österreich gekommen. Zu Beginn ihrer Hochzeit konnten sich Rudolf und B. kaum miteinander verständigen, denn B. sprach weder deutsch noch lateinisch und Rudolf kannte kein Französisch. B. jedoch scheint sich schnell in Österreich eingelebt zu haben und die deutsche Sprache erlernt zu haben. In der Umschrift ihres Siegels nannte sie sich des chünigs Tochter von Frankreich. 1302 begleitete sie Rudolf in die Steiermark. 1303 gründete sie das Klarissenkloster Sankt Klara in Wien (Stiftungsurkunde von 1305), das von der Familie der Habsburger sehr gefördert wurde. In der handgreiflich gewordenen Auseinandersetzung zwischen dem rechtskräftig im Mai 1301 abgesetzten Propst des Stiftes Klosterneuburg Hadmar mit und dem an dessen Stelle gewählten Propst Ruger bezog sie Stellung, − der abgesetzte Hadmar war mit einer Rotte von Parteigängern im April 1303 in das Stift eingedrungen und hatte seinen Nachfolger beschimpft und misshandelt −, indem sie zwei Boten schickte, die samt einer Schar den Propst Ruger aus seiner misslichen Lage befreiten.
B. hatte nach der Geburt eines Kindes, das jedoch nicht lebensfähig war, im September bereits ihr Testament gemacht, in dem sie zahlreiche fromme Stiftungen, Almosen und Schenkungen festlegte, insbesondere aber das Wiener Minoritenkloster mit einem ansehnlichen Legat zum Umbau der Kirche bedachte. Bereits am 19. März 1305 starb sie. Der von ihr gewünschte Bau einer Kirche zu Ehren ihres Großvaters Ludwig des Heiligen (1226-1270) wurde jedoch nicht ausgeführt, die Stiftung kam testamentswidrig dem Klarissenkloster zugute. Ihrem Testament entsprechend wurde B. in einem Tumbagrab in dem von Isabella von Aragón zwischen 1316-1328 erbauten Ludwigschor der Minoritenkirche bestattet; dem Grabmal kam für die Rezeption der französischen hochgotischen Stilformen eine große Bedeutung zu. Das Grabmal ging 1784 verloren.
L.: Barnert 2000, Donin 1935, Diesenreiter 1935, Ehlers 2000, Lalou 1993, Lalou 1993a, Lhotsky 1967, Niederstätter 2001a, Perger/Brauneis 1977, Poirel 1991, Salvadori 1894, Schmidt 1975, Siva 1860
Ingrid Roitner