Bailly Auguste, geb. Krammel, verh. Neumeier, Neumayer; Verkäuferin und Widerstandskämpferin
Geb. Wien, 6.7.1915
A. B. wurde am 6. Juli 1915 in Wien geboren. 1931 wechselt sie von der Sozialdemokratischen Arbeiterjugend zum Kommunistischen Jugendverband. 1934 bis 1938 arbeitet sie für die illegale KPÖ. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland emigriert sie im März 1938 nach Brüssel und arbeitet dort gemeinsam mit Hedi Urach, Herta Ligeti, Lotte Sontag, Anni Hand u. a. weiter für den österreichischen Widerstand der KPÖ. In der Emigration heiratet sie den belgischen Kommunisten Bailly, sodass sie die belgische Staatsbürgerschaft bekommt. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Belgien am 10. Mai 1940 versucht A. B. gemeinsam mit Hedy Urach aus Belgien nach Wien zu gelangen, um dort ihre Widerstandstätigkeit weiterzuführen. Beim Grenzübertritt an der holländisch-deutschen Grenze werden die beiden Frauen von der Gestapo verhört. Hedy Urach gibt sich als Hausgehilfin aus, die nach einer Anstellung in Belgien nach Wien zurück will. Als belgische Staatsbürgerin mit belgischem Pass erklärt A. B., sie hätte bei einer jüdischen Firma gearbeitet und habe in Brüssel geheiratet. Nach dem Scheitern ihrer Ehe und dem Verlust des Arbeitsplatzes wolle sie jetzt nach Wien zurück. Die Ausreise wurde ihr nicht gewährt; sie musste nach Brüssel zurück. Einige Zeit später geling ihr die Ausreise. In Wien sucht sie die Verbindung zu ihren früheren GenossInnen. Sie kommt mit Hedy Urach und Erich Puschmann zusammen. Am 10. Oktober 1941 wird sie von der Gestapo verhaftet. A. B. wurde beschuldigt, den Auf- und Ausbau der KPÖ zu fördern „indem sie teils kleinere kommunistische Gruppen bildete bzw. leitete, teils ihre Wohnung oder auch ihre Anschrift zur Verfügung stellte und die Verbindung zwischen einzelnen Kommunisten herstellte bzw. aufrecht erhielt.“ Nachdem Hedy Urach in der Zeit ihrer Haft keine der Gestapo unbekannten Informationen über die kommunistische Widerstandsbewegung preisgab, wurde A. B. am 19. Mai 1943 vom Oberlandesgericht Wien freigesprochen. Es konnte ihr nicht bewiesen werden, dass sie die Aufträge Urachs im Wissen durchgeführt habe, dass diese Kommunistin sei. Im Urteil heißt es: „Bei dem Umstande, dass die Angeklagte leugnet und die Hedwig Urach nicht mehr als Zeugin einvernommen werden konnte, [Hedy Urach wurde am 17. Mai 1943 am Schafott des Wiener Landesgerichtes hingerichtet] ist auch kein Nachweis dafür erbracht worden, dass die Angeklagte die ihr angelasteten Botengänge für die Urach mit dem Bewusstsein unternommen habe, Verbindungen zwischen den kommunistischen. Parteifunktionären herzustellen. Die Angeklagte war sohin von der Anklage freizusprechen, weil die ihr angelasteten Tathandlungen nicht beweisbar waren.“ Trotzdem wurde A. B., wahrscheinlich im Zuge einer „Schutzhaft“, die es den nationalsozialistischen Behörden ermöglichte Personen auch ohne Gerichtsurteil zu verhaften, in das Zuchthaus Aichach deportiert, wo sie, nach Aussagen von ihrer Mitgefangenen Margarete Schütte-Lihotzky, bis Kriegsende inhaftiert war. Nach ihrer Eheschließung mit einem kommunistischen Polizeibeamten im Jahr 1948 hieß sie Auguste Neumeier.
Qu.: DÖW 5673, 2636; 9710, 5732f; Bundesarchiv, Zwischenarchiv Dahlwitz-Hoppegarten ( BA/ZA D-H)VGH4.539/2.
L.: Mugrauer 2010, Schütte-Lihotzky 1994
Karin Nusko