Bader Lily, geb. Stern, Lilian M.; Chemikerin, Schulleiterin und Schriftstellerin
Geb. Wien, 23 (22).8.1893 (1894)
Gest. New York City, New York, USA, 1959 (auch: 12/1958)
Herkunft, Verwandtschaften: Mutter: Regine Stern, Schulleiterin; Schwester: Hilda Stern, Pianistin.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1918 (1917) Heirat mit dem Arzt Dr. Edwin Bader (1891-1975); Tochter: Dorit Bader Whitman, studierte in den USA Psychologie und betreibt eine Praxis in New York; eine weitere Tochter; Enkelinnen.
Ausbildungen: Nach einem abgebrochenen Studium der Germanistik und Literaturwissenschaft studierte L. B. ab 1914 Chemie an der Universität Wien, Promotion 1918 als eine der ersten Frauen in diesem Fach.
Laufbahn: L. B. genoss eine behütete Kindheit in wohlhabendem jüdischem Hause, in dem sie und ihre Schwester umfassende Bildung und Förderung erfuhren. In ihrer Jugend spielte ihre jüdische Herkunft kaum eine Rolle, was sich auch nach der Heirat mit einem jüdischen Arzt nicht änderte. Im Jahr 1938 jedoch wurde die Bedeutung ihrer Herkunft für das NS-Regime überdeutlich, als die „Stern‘sche Mädchen-Lehr- und Erziehungsanstalt“ arisiert wurde und die Familie flüchten musste. Die Schule in der Wiener Innenstadt war eine der ersten, die jungen Frauen eine höhere Bildung ermöglichte. Sie hatte einen ausgezeichneten Ruf und war im gesamten Raum der Monarchie so berühmt, dass es Wartelisten für die Aufnahme ins Internat gab und die Zöglinge ausgesucht werden konnten. L. B. hatte die Stern’sche Schule 1935 von ihrer fortschrittlich gesinnten, intellektuellen Mutter übernommen und sie seither in ihrem Sinne weitergeführt. L. B. organisierte Oper- und Theaterausflüge und nahm ihre Schülerinnen auch zu einem Vortrag der englischen Suffragette Emmeline Pankhurst mit. Nach dem Anschluss floh L. B. mit ihrer Familie nach England, wo sie erst als Hausgehilfin und später als Chemikerin in London tätig war. Nach der Emigration in die USA im Jahre 1940 bekam sie eine Anstellung als Lehrerin an der Hudson School in Westchester, New York. Sie wurde leidenschaftliche Amerikanerin und verfasste sogar ihre Memoiren auf Englisch. In diesen erscheint L. B. als jüdische Intellektuelle, die über ein ausgeprägtes soziales Gefühl und einen globalen Sinn für Gerechtigkeit verfügt und für ein „unveräußerliches Menschenrecht“ auf Migration als Voraussetzung für Frieden in der Welt plädiert. Die Zwi Perez Chajes Schule in Wien erhielt das „Stern-Bader-Stipendium“. Im Zuge der österreichischen Restitutionasbestrebungen wurde im Bestand der Parlamentsbibliothek ein Buch aus der Bibliothek von L. und Edwin Bader aufgefunden (politische Briefe von Kronprinz Rudolf mit dem Exlibris „Der Wunder höchstes ist …“).
Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe).
W.: „Ein Leben ist nicht genug. Memoiren einer Wiener Jüdin“ (2011)
L.: Bollauf 2011, www.milena-verlag.at, www.ots.at v. 21.6.2013: Prammer begrüßt Restitution von Büchern aus der Parlamentsbibliothek