Artner, Wilhelmine
Geb. Sarajewo, Ö-U. (Bosnien-Herzegowina), 17.11.1890
Gest. ?
W. A., auch Mimi genannt, wurde in Sarajewo in Bosnien-Herzegowina geboren. Die Mutter starb bei ihrer Geburt und so wuchs sie zunächst bei ihrer Großmutter in Wien und später im Haus ihres Onkels, einem österreichischen Offizier, auf. Während des Ersten Weltkriegs heiratete sie den Mittelschullehrer Dr. Franz Artner, der an der Theresianischen Akademie tätig war; 1917 kam ihr Sohn zur Welt. Im Jahr 1932 arbeitete sie unter dem damaligen Sicherheitsminister Major A. D. Fey, später unter Baron Karwinski im Dienste der Polizei zur Bekämpfung der illegalen Nazis in Wien. Zuletzt war sie bei der Staatspolizei tätig. Laut Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 17. Jänner 1945 sei W. A. niemals Mitglied einer politischen Partei gewesen, habe jedoch zwischen 1930 und 1934 dem österreichischen Heimatschutz (Feygruppe) und von 1934 bis 1938 der Vaterländischen Front angehört. Sofort nach der Machtübernahme der Nazis in Österreich wurde W. A. am 12. März 1938 verhaftet. Entsprechend der erkennungsdienstlichen Erfassung durch die Gestapo war sie Hausfrau. Es wurde ihr die in der „Systemzeit gegen die nationalsozialistische Bewegung an den Tag gelegte feindliche Einstellung“ zur Last gelegt. In der Datenbank des DÖW wird W. A. dem katholisch-konservativen Widerstand zugeordnet; die Nationalsozialisten zeihten sie der monarchistischen Gesinnung. Nach mehreren Monaten Haft in Wien wurde sie im Frühsommer 1938 ins Konzentrationslager Lichtenburg überstellt. Nach der Auflösung des von den Häftlingen als „Lichte“ bezeichneten Konzentrationslagers inhaftierte man W. A. im Mai 1939 im neu errichteten Frauenkonzentrationslager Ravensbrück. Dort hatte sie die Funktion der Stubenältesten auf Block 1, einer Baracke, wo politische Häftlinge interniert waren, inne. Später übte sie diese Funktion auf Block 7, einem Teil des Krankenreviers, aus. Weil sie sich gegen einen Mithäftling auflehnte, der gute Kontakte zur KZ-Oberaufseherin Hermine Braunsteiner hatte, wurde sie für sieben Monate im Strafblock interniert und dann zur Außenarbeit eingesetzt. Nach fast fünfjähriger KZ-Haft wurde W. A. am 30. Jänner 1943 aus Ravensbrück entlassen. Sie kehrte nach Österreich zurück und lebte bis zu ihrer erneuten Verhaftung am 10. April 1944 in Kirchberg am Wechsel. Sie stand wegen des Hörens von Fremdsendern, der Beleidigung Himmlers und wegen Wehrkraftzersetzung, vor Gericht. In der Gerichtsverhandlung vom 17. Jänner 1945 wurde sie – obwohl ihr Wehrkraftzersetzung und das Vergehen gegen die Rundfunkverordnung nicht nachgewiesen werden konnten – zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Begründet wurde dies mit der üblen Nachrede gegen Heinrich Himmler. Die Vorhaft wurde als Teil der Strafe angerechnet und galt damit als verbüßt.
Über das Leben von W. A. nach dem Krieg ist wenig bekannt. Die zum Zeitpunkt der Befreiung 55-jährige Frau arbeitete danach angeblich als Pflegerin. „Aktenkundig“ wurde sie nochmals im Zuge des Verfahrens gegen die ehemalige aus Wien stammende Ravensbrücker KZ-Aufseherin Hermine Braunsteiner am Wiener Volksgericht (1946-1949).
Werke
Literatur / Quellen
Qu.: DÖW: Erkennungsdienstliche Kartei der Gestapo Wien; http://www.doew.at/php/gestapo/, Sonderbestand Ravensbrück am DÖW: 50.368/206; 50.407/245; 50752/541; Häftlingsdatenbank der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück.
L.: Mailänder-Koslov 2005