Agnes von Werdenberg

Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz
Geb. ca. 1385
Gest. 1434/36

A. v. W.-H.-B. ist 1404 bis 1436 urkundlich bezeugt. Sie erscheint unter den Namen Agnes [de Kirchberg] geborne grävin de Hailigenberg, lat. Agnes comitissa de Kirchberg.
A. Geburtsdatum ist nicht bekannt. Da sie aber 1404 bereits verheiratet war, ist sie vor 1390 geboren. Man kommt, ähnlich wie bei ihrer Schwester Kunigunde, auf ein Geburtsjahr um 1385 (plus/minus null bis drei Jahre nach der Heirat ihrer Eltern 1383). Auch das Sterbedatum ist unbekannt. Sie lebte noch am 20. Juli 1433, muss aber vor dem 30. April 1436, dem Todestag Friedrichs von Toggenburg, gestorben sein, da nur ihre vier Schwestern den Toggenburger überlebten und beerbten, A. bzw. deren Kinder aus beiden Ehen gingen leer aus. Aber schon lange vorher hatte A. gezeigt, dass sie wenig Interesse hatte, in den Besitz von Teilen des Toggenburger Erbes in Rätien zu kommen. Sie hatte bereits 1430 mit Zustimmung ihres Mannes Eberhard von Kirchberg ihren Anteil an Schellenberg an ihren Schwager an Wolfhart von Brandis verkauft. Als Todestag kommt, nach ihrer Jahrzeit zu schließen, ein 21. Februar der Jahre 1434 bis 1436 in Frage. A. war die zweite Tochter des Grafen Albrecht III. von Werdenberg-Heiligenberg zu Bludenz und der Ursula Gräfin von Schaunberg. A. war seit ca. 1404 in erster Ehe verheiratet mit Heinrich von Rottenburg (†1411), beheimatet in Eben (BH Schwaz), wo die 1411 zerstörte Feste Rottenburg lag. Heinrich von Rottenburg stand in der 1406 gegründeten Gesellschaft zum silbernen Elefanten und im 1407 gegründeten Falkenbund an der Spitze des Tiroler Adels. Er war einer der reichsten Adligen Tirols, tirolischer Hofmeister und Hauptmann an der Etsch zu Trient, verlor jedoch 1411 wegen Felonie den größten Teil seines Besitzes. Am 28. Oktober 1404 hatte er, bevor er gegen die Appenzeller zu Felde zog, seine Ehefrau mit der Morgengabe und zusätzlichen 4.000 Gulden versorgt, wofür er ihr die Burg Rettenberg bei Kolsass im Unterinntal sowie Zehentbezüge in Kaltern verschrieb. Ähnlich wie ihre Schwestern erlebte auch A. eine aufregende Flucht vor den Appenzellern. Nach der für die Österreicher verhängnisvollen Schlacht am Stoß am 17. Juni 1405 floh sie nach Tirol. Während ihr Fluchtgut in vier Frachtwagen über den Arlberg nach Tirol transportiert wurde, begab sie sich selbst in Begleitung ihres Hofmeisters Prant Weinegger ins Montafon, wo sie bei dem Wirt Hans Not Unterkunft fand; darauf setzte sie ihre Flucht über das Zeinisjoch ins Paznaun fort, ehe sie in der stark befestigten und mit Lebensmitteln gut versorgten Burg Wiesberg an der Mündung der Trisanna in Sicherheit kam.
In zweiter Ehe heiratete A. vor dem 8. August 1415 als reiche Witwe den schwäbischen Grafen Eberhard VI. von Kirchberg (†1440), der seit 1431 württembergischer Hofmeister war. Durch diese Ehe löste sie sich weitestgehend von ihrer alpenländischen Verwandtschaft und wurde ganz in Schwaben heimisch. Aus den beiden Ehen gingen mehrere Kinder hervor, aus der ersten Ehe: Barbara von Rottenburg (†1462), verheiratet um 1430 mit Bero I. von Rechberg-Mindelheim (†1462). Sie wurde zu einer Urahnin des berühmten Bauernjörg. Ihr Bildnis hat sich erhalten auf dem 1505 von Bernhard Strigel gemalten Frundsbergaltar in Schloss Donzdorf bei Göppingen erhalten.
Aus der zweiten Ehe stammen: Konrad VIII. von Kirchberg (†1470; Eberhard VII. von Kirchberg, d. J. (†1475). Grabmal in der Klosterkirche von Wiblingen bei Ulm (mit Wappen seiner weiblichen Vorfahren von Werdenberg-Heiligenberg (Stiege) und Schaunberg (Wecken); Agnes von Kirchberg d. J. (†1472), verheiratet seit 1435 mit Ulrich IX. von Matsch (†1481); Bertha von Kirchberg († nach 8. Juli 1482), verheiratet mit Johann II. von Tengen, Graf von Nellenburg (†1484); Anna von Kirchberg (†1478), verheiratet in erster Ehe mit Johann II. von Fürstenberg (†1443), in zweiter Ehe 1444 mit Werner von Zimmern zu Messkirch (†1483). A. erlebte den Anfall des Toggenburger Erbe nicht mehr. Hingegen war A. am 24. Juni 1427 beteiligt am Verzicht der fünf Schwestern auf Bludenz und das Montafon gegenüber Herzog Friedrich von Tirol.
Von A. v. W. ist kein Siegel und auch kein Porträt bekannt. Ihre letzte Ruhestätte fand sie vermutlich im Kloster Wiblingen bei Ulm, wo auch ihr Mann (†1440) begraben liegt und wo heute noch das eindrucksvolle Grabdenkmal ihres Sohnes Eberhard VII. von Kirchberg (+1475) und seiner Gemahlin zu finden ist. Für A. und ihren zweiten Mann war eine Jahrzeitstiftung im Kloster Wiblingen bei Ulm eingerichtet, eine weitere bestand im Kloster Ursperg. Ludwig Welti hat das Schicksal von A. als „besonders tragisch“ empfunden. Aber immerhin nahm ihre wilde Flucht vor den Appenzellern ein glückliches Erbe, wobei sie auch ihr Hab und Gut retten konnte. Natürlich ist A. bald darauf nach der Geburt ihres ersten Kindes früh Witwe geworden, was einer gewissen Tragik nicht entbehrt. Sie hatte auch zuvor miterleben müssen, wie ihr Mann als einer der mächtigsten Herren Tirols seine Ämter und Güter verlor. Doch heiratete A. erneut, war immer noch eine reiche Frau und bekam mehrere Kinder von ihrem zweiten Mann. Sie selbst entfaltete in ihrer neuen schwäbischen Umgebung, etwa durch die großzügige Förderung des Klosters Wiblingen, eine segensreiche Tätigkeit. Auch das Kloster Ursperg, das unter der Vogtei ihres Neffen Ulrichs V. von Montfort, einem Sohn ihrer Schwester Kunigunde stand, mochte sich ihrer Förderung erfreuen. Sie verlor weitgehend den Kontakt zu ihren eidgenössisch-rätischen Schwestern und hatte auch keinen Anteil an dem Toggenburger Erbe. A. starb als erste der fünf Schwestern, von ihrem zweiten Mann um einige Jahre überlebt. Bei ihrem Tod wusste sie aber alle ihre Kinder wohl versorgt.

Werke

Literatur / Quellen

Braig 1834/2001, Burmeister 2009, Roller 1900-1908, Vanotti 1845/1988 (mit falscher genealogischer Einordnung), Welti 1971, Zoepfl 1948

BiografieautorIn:

Karl Heinz Burmeister