Wundsam Anna Maria, geb. Kudernatsch; Beamtin und Widerstandskämpferin
Geb. Wien, 5.4.1898
Gest. Wien, 3.2.1987
A. W. wurde 1898 in Wien geboren und übte den Beruf einer Notariatsbeamtin aus. Sie und ihr Mann waren beide engagierte SozialdemokratInnen, auch ihre Kinder Hilde und Othmar waren früh politisch aktiv. Im Zuge der Februarkämpfe im Jahr 1934 half Frau W. beim Barrikadenbau mit, versorgte die Straßenbahner und wurde daher, so wie auch ihr Mann, verhaftet. Nach zwei Monaten im Bezirkspolizeigefängnis Floridsdorf (vom 27. März bis 17. Mai 1934) wurde sie wieder freigelassen. Zehn Jahre später, Ende März 1944, wurde A. W., zusammen mit ihrer Tochter Hilde und ihrem Sohn Othmar, ihrer Freundin Gisela Hochmeister und deren Tochter Pauline erneut festgenommen. A. W. und Gisela Hochmeister gewährten dem aus der Sowjetunion über England gekommenen kommunistischen Fallschirmspringer Josef Zwettler (der gemeinsam mit Albert Huttary Anfang Jänner 1944 in der Nähe von Wien abgesprungen war) Unterschlupf. Durch die Einschleusung des Gestapo-V-Mannes Robert Weidinger flog das Widerstandsnetzwerk auf. Nach ihrer Haft im Polizeigefängnis Rossauer Lände wurde sie zusammen mit den anderen drei Weggefährtinnen nach Ravensbrück überstellt, wo sie am 22. August 1944 die Nummer 58232 bekam. Dort wurde sie als Häftling in der Geldverwaltung eingesetzt. A. W. und ihre Tochter Hilde erlebten die Auflösung des Lagers. Am 28. April 1945 gelang ihnen auf einem „Evakuierungsmarsch“ die Flucht; sie kehrten aber später wieder ins Lager zurück, wo sie bei der Versorgung der Kranken mithalfen. Schließlich kamen sie mit dem von Friedl Sinclair und Rosa Jochmann organisierten Transport am 20. Juli 1945 in Wien an.
Nach ihrer Rückkehr arbeitete A. W. wieder als Notariatsbeamtin. Auch engagierte sie sich seit Anbeginn in der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück (ÖLGR): Sie war zwischen 1960 und 1967 zweite Kassierin und danach bis 1979 in der Kontrolle der Vereinsfinanzen tätig. Ebenso betreute sie die Wanderausstellung der ÖLGR „Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung“. A. W. begleitete die Ausstellung in viele österreichische Orte und führte viele Schulklassen durch diese. Sie verstarb fast 89-jährig am 3. Februar 1987 in Wien.
Qu.: DÖW: Erkennungsdienstliche Kartei der Gestapo Wien; http://www.doew.at/php/gestapo/, Sonderbestand Ravensbrück am DÖW: 50.774/562; 50.993/778; 50.927/714; 50.211/61b, DÖW: 20.000/w562.
L.: Amesberger/Lercher 2008, Halbmayr 2009
Helga Amesberger