Viertel Salka, geb. Salomea Sara Steuermann (Künstlername: Mea Steuermann); Schauspielerin und Drehbuchautorin

Geb. Wychylowka bei Sambor, Galizien (Wychylówka, Polen), 15.6.1889
Gest. Klosters, Schweiz, 30.10.1978

Herkunft, Verwandtschaften: Der Vater, Joseph Steuermann (1852-1932), war ein angesehener Jurist und Bürgermeister von Sambor. Die Mutter, Augusta Amster (1867-1953), entstammte einer gebildeten russisch-jüdischen Familie, drei Geschwister: Eduard (Edward) (1892-1964), Pianist und Komponist; Ruzia (1891-1973), verh. Gielen, Schauspielerin, und Zygmunt bzw. Dusko (1899-1941? – kam durch die deutsche Besatzung um), polnischer Fußballnationalspieler.

LebenspartnerInnen, Kinder: Verlobung mit Stanislaus Höniger (1877-1907), Anwalt; längere (vor- und außereheliche) Beziehungen zu Alexander Jaray (1870-1943), Bildhauer, Oliver Garrett (1894-1952), Drehbuchautor und Gottfried Reinhardt (1913-1994), Filmproduzent. 1918 Heirat mit Berthold Viertel (1885-1953), Regisseur und Schauspieler. Kinder: Hans (1919-nicht ermittelt); Peter (1920-2007), Schriftsteller und Drehbuchautor; Thomas, Sozialarbeiter und Dichter (1925-2009).

Ausbildungen: Erhielt Privatunterricht in Sambor, sowie Besuch eines nicht näher ermittelten Mädchenpensionats in Lemberg; wuchs mit mehreren Sprachen auf (Deutsch, Französisch, Polnisch, Ukrainisch) später privater Schauspielunterricht bei dem Hofschauspieler Alexander Römpler.

Laufbahn: Als sie Schauspielerin werden wollte, versuchte ihre Familie sie lange davon abzuhalten. Erst als durch übermäßige Trauer um ihren Verlobten ihre Gesundheit gefährdet war, wurde ihr nachgegeben. Nach Abschluss ihrer Ausbildung wurde sie am Theater in Teplitz-Schönau engagiert. Nach Auseinandersetzungen mit dem Direktor, der sie sexuell belästigte, wechselte sie ans Reinhardt-Ensemble in Berlin und später nach Wien, wo sie während des Ersten Weltkriegs an der Neuen Wiener Bühne auftrat. Ab 1918 Engagements bei den Münchner Kammerspielen, am Königlich-Sächsischen Theater in Dresden, sowie in Hamburg, Leipzig und Berlin. In Berlin unterstützte sie ihren Mann Berthold Viertel 1923/24 wesentlich bei der Gründung des von Karl Kraus mitfinanzierten Ensembletheaters „Die Truppe“. Nach dem Bankrott der „Truppe“ versuchte sich S. V. zusammen mit ihrem Mann vorerst am Düsseldorfer Schauspielhaus eine neue Existenz aufzubauen – gefördert von Louise Dumont führte sie dort auch Regie und gab Schauspielunterricht.

1928 nahm Berthold Viertel das finanziell lukrative Angebot an, in Hollywood mit Friedrich Wilhelm Murnau zusammenzuarbeiten und S. V. und die drei Kinder folgten ihm. Nach unbefriedigenden Versuchen sich als Filmschauspielerin zu etablieren (u. a. in „Die heilige Flamme“ und „Anna Christie“), versuchte S. V. sich als Drehbuchautorin. Ihre Freundin Greta Garbo – damals der größte Star bei MGM – animierte sie dazu. Für sie schrieb sie die Rolle der „Königin Christine“, was ihr einen gut bezahlten Vertrag bei MGM einbrachte. Bis 1943 galt sie als MGMs „Garbo-Autorin“ und schrieb u. a. an den Drehbüchern zu „The Painted Veil“, „Anna Karenina“, „Conquest“ und „The Two-Faced Woman“ mit.

Ihr Haus in der Mabery Road 165 etablierte sich zwischen 1928 und 1953 als gesellschaftlicher Treffpunkt – ab 1933 traf hier die Welt Hollywoods auf die Welt des deutsch-österreichischen Exils. S. V. war stets bemüht sich für ExilantInnen einzusetzen und schaffte es auch, den Großteil ihrer Familie und einigen Freunden zur Flucht in die USA zu verhelfen. Aufgrund ihres Engagements für die Screen Writers Guild und diverse antifaschistische Organisationen, sowie aufgrund ihrer Freundschaft mit Bertolt Brecht, Charlie Chaplin und den „Hollywood Ten“ wurde S. V. ab den späten 1940ern „antiamerikanischer Gesinnung“ verdächtigt. Das FBI überwachte ihr Haus, sie fand kaum mehr Arbeit und ein Reisepass wurde ihr verweigert, Erst ab 1953 durfte sie wieder ausreisen und lebte nun als freischaffende Drehbuchautorin teils in Europa, teils in den USA. 1960 ließ sich S. V. im Schweizerischen Klosters nieder, wo sie ihre Autobiographie verfasste.

W.: „The Kindness of Strangers“ (1969, dt. „Das unbelehrbare Herz. Ein Leben in der Welt des Theaters, der Literatur und des Films“, 1970). Mitverfasserin der Drehbücher: „Queen Christina“ (1933), „The Painted Veil“ (1934), „Anna Karenina“ (1935)

L.: Bolbecher/Kaiser 2002, ÖNB 2002, Trapp/Mittenzwei 1999, Ulrich 2004, Wall 2004, http://jwa.org/encyclopedia/article/viertel-salka

Katharina Prager