Strunz Katharina; Vereinsfunktionärin und politische Aktivistin

Geb. um 1810

Gest. ?

Laufbahn: Nachdem der Wiener Kaiserhof am 17. Mai 1848 nach Innsbruck ins Exil geflüchtet war, beschlossen Mitte Mai einige Wiener Bürgersfrauen, dorthin zu fahren und den Kaiser zur Rückkehr zu bewegen. Initiatorin und Organisatorin war hierbei K. St. „Hausinhaberin, St. Ulrich, Pelikangasse 27“, wodurch sie als ‚Berühmtheit‘ der Wiener Revolutionsmonate immer wieder zum Gespött von Redakteuren wurde. Sie hatte mit einem Flugblatt aufgerufen, für die Rückkehr des Kaisers nach Wien zu unterschreiben. Die Reise von K. S. − die gemeinsam mit „zwei Witwen, drei Frauen und zwei Mädchen“ nach Innsbruck gefahren war − verlief jedoch ohne positives Ergebnis. Die Tendenz der Artikel, die über die Situation in Innsbruck berichteten oder vielmehr spekulierten, entsprach dem Tenor der 1848er Jahre: Schuld an der Flucht des Kaisers wäre die ‚Hofkamarilla‘ unter der Führung der Erzherzogin Sophie. Die Audienz der Wiener Bürgersfrauen beim Kaiser wäre von dem „Weiberregimente am Hofe“ beinahe verhindert worden.

Nachdem politisch interessierten Frauen in der bürgerlichen Vereinsform kein Platz neben den Männern eingeräumt wurde, gründete sie gemeinsam mit anderen Frauen am 28. August 1848 den ersten politischen demokratischen Frauenverein in Wien. Zwei Tage vor dem angekündigten ersten Sitzungstermin waren an den Straßenecken Wiens Plakate zu lesen, in denen die „deutschen Frauen Wiens“ aufgefordert wurden, sich zu „patriotischen Zwecken“ am 28. August um 10 Uhr vormittags im Salon des Wiener Volksgartens einzufinden. Männer waren nicht zugelassen. Bei dieser Gründungsversammlung standen drei Frauen auf dem Podium, von denen jedoch nur K. St. namentlich erwähnt ist, wohl deshalb, weil sie aufgrund ihrer Fahrt zum Kaiser nach Innsbruck beträchtliche Berühmtheit erlangt hatte. Einleitend legte K. St. zwei Punkte zur Tagesordnung vor: private Geldsammlungen, um die kürzlich erfolgten Lohnkürzungen der bei den Notstandsbauten beschäftigten Arbeiterinnen auszugleichen, und die Entsendung einer Frauendelegation, um Studenten, ArbeiterInnen und Nationalgarden nach den Praterkämpfen wieder zu versöhnen. Im Rahmen des ersten Punktes wurde auch über andere fürsorgende, karitative Aktionen wie die Versorgung verwitweter Frauen und verwaister Kinder oder die Anfertigung von warmer Winterkleidung für „Nothleidende“ sowie von Leibwäsche für Arbeiterinnen diskutiert.

Bei der zweiten Versammlung verwarfen die demokratischen Frauen die beschlossenen Hilfsaktionen für die Erdarbeiterinnen und forderten vom verantwortlichen Ministerium die Rücknahme der Lohnkürzungen. Damit distanzierten sie sich vom Prinzip der politischen Karitativität. Die immer auf Vormittag angesetzten Versammlungen deuten daraufhin, dass arbeitende Frauen dort nicht erwartet wurden. Jedoch zeigten die Mitgliedsfrauen durch ihr karitatives Engagement deutlich ihre Solidarität mit den Frauen der Unterschichten.

Bei der dritten Versammlung wurden schließlich die Vereinsstatuten ausgearbeitet und beschlossen. Der „Wiener demokratische Frauenverein‘ existierte in den noch verbleibenden zwei ‚revolutionären‘ Monaten vor der Niederschlagung der Wiener Revolution und der Verhängung des Ausnahmezustandes. In dieser Zeit berichteten die Zeitungen nichts mehr von der Initiatorin der ersten Sitzung, K. St. Vielmehr wurde kolportiert, dass ‚viele‘ Frauen, hätten sie gewusst, dass St. hinter der ‚deutsch gesinnten‘ Einladerin stehen würde, gar nicht erst zum Treffpunkt erschienen wären, vermutlich auch dieses Mal wieder, weil ihr gar nicht konstitutionell-bürgerlich anmutender Versuch, den Kaiser zurückzuholen, ihr Image geprägt hatte.

L.: Hauch 1990