Strauß Hanny, geb. Jellinek; Staudengärtnerin und Gartenarchitektin

Geb. Wien, 7.4.1890

Gest. New York City, New York, USA, 23.8.1947

Herkunft, Verwandtschaften: H. S. war das älteste von fünf Kindern der Eheleute Adolf Jellinek (1854–1910) und Ida, geb. Beer (†1924). Die jüdische Familie gehörte zum gehobenen Wiener Bürgertum. Adolf Jellinek war Mitbegründer des Wiener Speditionsunternehmens Caro & Jellinek. H. S.s Schwester Dr. Auguste Jellinek (1901-1957) war Zoologin und Opernsängerin und forschte in Wien und Rom zu Hörverhalten sowie zu Hör- und Sprachstörungen. Nach ihrer erzwungenen Emigration führte Dr. Auguste Jellinek ab 1940 eine Privatpraxis für Sprachstörungen in New York City.

LebenspartnerInnen, Kinder: H. S. heiratete 1909 den Textilkaufmann und Inhaber einer Handelsagentur Oskar Strauss (1884-1971). Das Ehepaar hatte vier Kinder, Walter (1910), Georg (1914-1947), Lilly Edith (1916-2010) und Anna (1920). Georg erkrankte als Kleinkind an einer schweren Gehirnhautentzündung, in dessen Folge er an epileptischen Anfällen litt. Georg Strauß starb im Juli 1947, nur einen Monat bevor H. S. den Folgen einer schweren Operation erlag.

Ausbildungen: Nach der Matura am Mädchen-Lyzeum des Wiener Frauen-Erwerb-Vereins inskribierte H. S. 1907/08 an der philosophischen Fakultät der Universität Wien und besuchte Vorlesungen über Literatur und Philosophie. 1910 brach sie ihr Studium aufgrund ihrer ersten Schwangerschaft ab. Ab 1913, als die Familie in ihr neues, von Josef Frank geplantes Haus einzog, begann sich H. S. autodidaktisch mit Pflanzen und speziell Stauden zu beschäftigen und besuchte u. a. Staudengärtnereien in Holland und England.

Laufbahn: In den 1920er Jahren gründete H. S. die Staudengärtnerei Windmühlhöhe, die sie von ihrem Haus in der Wilbrandtgasse aus betrieb. Ihr Betrieb war auf die Kultivierung und Produktion von alpinen Stauden sowie mehrjährigen Blütenstauden spezialisiert. Das sorgfältige und reichhaltige Angebot ihrer Gärtnerei erfuhr allgemeine Beachtung, da H. S. auch viele bisher in Österreich unbekannte Pflanzen importierte und kultivierte. H. S. arbeitete bei der Bepflanzung von Gärten mit namhaften modernen Architekten zusammen. 1932 war H. S. für die Bepflanzung der Gärten von Josef Frank, Oskar Strnad, Oskar Wlach und Hugo Gorge in der Wiener Werkbundsiedlung verantwortlich. H. S. kooperierte aber auch mit dem Neuen Werkbund Österreichs, für dessen Weihnachtsausstellung 1935 sie einen Innenraumgarten realisierte. Auf der Weltausstellung in Paris 1937 gestaltete H. S. den Innenhof des von Oswald Haerdtl entworfenen österreichischen Pavillons. Anfang der 1930er Jahre schrieb H. S. zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften, deren Bandbreite von der Pflanzenverwendung über saisonale Arbeiten im Garten bis zur Behandlung von Zimmerpflanzen reichte. Dazu zählte auch eine Artikelserie 1933 in der Zeitschrift „Mein Garten“. H. S. lag zudem die Ausbildung von Lehrlingen, speziell von Frauen, sehr am Herzen.

Nach dem so genannten „Anschluss“ emigrierten H. und Oskar Strauß über Haifa in die USA. Mit Hilfe jüdischer Organisationen kauften sie in New Jersey ein Grundstück mit Glashaus und eröffneten einen Gartenbaubetrieb. Ihre Tochter Lilly Popper erhielt eine gärtnerische Ausbildung in Großbritannien, flüchtete 1940 in die USA und arbeitete im Gartenbaubetrieb der Familie sowie als selbständige Blumenlieferantin.

Qu.: Nachlass in Familienbesitz.

W.: Garten Strauß, Wien (1914), Bepflanzung von Gärten der Wiener Werkbundsiedlung (1932), Pflanzbeet auf der Weihnachtsausstellung des Neuen Werkbundes, Wien (1935), Garten des österreichischen Pavillons auf der Weltausstellung in Paris (1937). Regelmäßige Ausstellungsbeiträge auf Ausstellungen der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft und auf der Wiener Messe.

In: Mein Garten 1933: „Anlage des stilrichtigen Steingartens“, „Das Blau im Garten“, „Anlage des Suppenkrautbeetes“, „Sommerflor aus Tulpenbeeten“, „Anlage und Pflege des Gartenrasens“, „Meine Trockenmauer“, „Auswahl der Stauden und Gehölze für den Steingarten“, „Sind Dahlien unmodern?“, „Pflege und Bereicherung des Steingartens“, „Die Bekämpfung der Maulwurfsgrillen“, „Kleine, aber wichtige Sommerarbeiten“, „Zweigabstecher und Pflaumenbohrer“, „Zimmerprimeln“, „Stecklingsvermehrung von Zimmerpflanzen“, „Die Grünlilie, eine anspruchslose Zimmerpflanze“, „Der Untergrund eines Steingartens“, „Kräuselkrankheit und Narrentaschen“, „Das Überwintern der Dahlienknollen“, „Der Garten im Frühling. Gartenzeitung der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft Nr. 4“ (1933), „Der Staudengarten im Oktober. Nach der Arbeit, H. 29“ (1935)

L.: Karner 2011, Krippner/Meder 2010

 

Ulrike Krippner