Starhemberg Esther von

Geb. 1629/30

Gest. Regensburg, 20. Juni 1697

Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: Seyfried Adam von Windischgrätz (1585-1638) und Christina Schrott von Kindberg (†1651); verheiratet mit Graf Batholomäus von Starhemberg (1625-1676); Kinder: Gundaker (1652-1702), verheiratet mit Anna Maria Rappach; Erasmus (geboren und gestorben im Mai 1654), Sabina Christina (1655-1755), verheiratet mit Georg Julius von Gilleis (†1700); Johann Reichard (August 1656 bis Mai 1957), Guido (1657-1737); Heinrich Franz (1659-1715); Dorothea Renata (Mai bis September 1660), Kaspar (Juli bis September 1663) und Erasmus (September bis Dezember 1665; Anna Franziska (1668-1714), verheiratet in erster Ehe mit Franz von Au, in zweiter Ehe mit Otto Ludwig von Hohenfeld; Adam Maximilian (1669-1741), verheiratet in erster Ehe mit Franziska von Lannoy, in zweiter Ehe mit Guidobaldine von Starhemberg. Religionsbekenntnis: evangelisch.

Laufbahn: E. wurde 1629 oder 1630, über ihr Geburtsdatum gibt es keine genauen Angaben, als einzige Tochter von Seyfried Adam von Windischgrätz und Christina, geborene Schrott von Kindberg geboren. Für beide Elternteile E.s war es die zweite Ehe. Seyfried Adam von Windischgrätz war in erster Ehe mit Maria Esther von Greiss verheiratet. Aus dieser Ehe stammten zwei Söhne: der früh verstorbene Johann Adam (†1619) und Jakob Wilhelm, der 21jährig 1642 in der Schlacht bei Leipzig gefallen ist. Christina Schrott von Kindberg ging ihre erste Ehe mit Georg Christian von Zinzendorf ein. Aus der Ehe gingen zahlreiche Kinder hervor. Die drei Töchter Anna Justina von Zinzendorf (1615-1685), Maria von Traun (1621-1690) und Christina von Kainach (1617-1683) teilten E.s späteres Schicksal der Emigration nach Regensburg.

E.s Vater Seyfried Adam von Windischgrätz, stammte aus der Ruprechtschen Linie des Hauses Windischgrätz. Sein Vater, Wilhelm von Windischgrätz, war Obersterblandstallmeister in der Steiermark und Präsident des Grazer Hofkriegsrates. Die in der Steiermark vehement verfochtene Gegenreformation dürfte ihn veranlasst haben, 1605 seine steirischen Güter zu verkaufen und nach Niederösterreich zu ziehen, wo er sich aktiv für den Protestantismus engagierte. In welchem Ausmaß sich der tiefgläubige Protestant Seyfried Adam, der Mitglied des niederösterreichischen Herrenstands war, politisch betätigte, ist unklar. 1630 reist er nach Nürnberg und weiter nach Ulm, um dort Geld anzulegen. Im 1635 aufgesetzten Testament wird dieses Geld für E.s Halbbruder Jakob Wilhelm bestimmt; damit soll ihm die Fortsetzung der Kavalierstour (adelige Bildungsreise), die er gerade absolvierte, ermöglicht werden, und darüber hinaus soll sie ihm als Absicherung dienen, falls er aus Glaubensgründen das Land verlassen muss. Für die noch junge E. legt er die Verantwortung ihrer Erziehung ganz in die Hände ihre Mutter, die dafür das Geld aufbringen sollte. Die angemessene Aussteuer bei E.s Verheiratung stellt er Jakob Wilhelm anheim.

Über E.s Mutter, Christina von Windischgrätz, ist nicht viel bekannt. Nach dem Tod von Seyfried von Windischgrätz verwaltet sie für ihre Tochter das Erbe, was sich als ein sehr schwieriges Unterfangen darstellte, besonders nach Jakob Wilhelms Tod, dem letzten der männlichen Linie dieses Zweiges der Windischgrätzs. Christina musste sich mit Erbstreitigkeiten herumschlagen, was mit erheblichen Gerichtskosten verbunden war, da Angehörige der Familie Ansprüche auf das Familienerbe erhoben. Dazu kamen Schwierigkeiten bei der Eintreibung von Schulden. Erst E.s Ehemann, Batholomäus von Starhemberg, konnte eine Lösung herbeiführen.

1636 hatte Christina von Windischgrätz die im Viertel unter dem Manhartsberg gelegene Herrschaft Langen-Enzersdorf gekauft, womit eine längere juristische Auseinandersetzung um das Erbe nach ihrem ersten Mann zum Abschluss gelangte. Auf diesem von ihrer Mutter verwalteten Gut, wächst E. heran. Christina hält sich auch in Wien auf, wo sie in der Nähe des Landhauses lebt. Ein Leben in Luxus konnten E. und ihre Mutter nicht führen, aber sie lebten nicht gerade in Armut, sondern führten ein gediegenes Leben auf dem Land. In Enzersdorf scheint sich E. auch sehr wohlgefühlt zu haben.

Sie wurde von ihrer Mutter im protestantischen Glauben erzogen, was zu dieser Zeit trotz aller Rekatholisierungsmaßnahmen noch möglich war. Den Aufforderungen, die Halbwaise E. einer katholischen Erziehung zuzuführen, wie es ein Patent Ferdinands II. vom 2. August 1631 verlangte, widersetzte sich Christina von Windischgrätz erfolgreich.

Mit 30. Dezember 1650 datiert der Ehevertrag über die Hochzeit E.s mit Bartholomäus von Starhemberg. E.s Mitgift beträgt 2 000 Gulden, die vom Bräutigam in gleicher Höhe widerlegt wird. Hinzu kommt eine Morgengabe des Bräutigams ebenfalls von 2 000 Gulden. Ferner werden Regelungen für den Fall von E.s möglichen Witwenstand getroffen.

Auf welche Weise die Verbindung zustande kam, lässt sich nicht sagen. Nicht überliefert ist das Datum der Hochzeit, die vermutlich zwischen Jänner und März 1651 stattgefunden hat.

Bartholomäus von Starhemberg war der älteste Sohn des Grafen Gundaker XV. von Starhemberg (1594-1638) und dessen Frau Anna Sabina, geborene Gräfin von Dietrichstein (†1645). Bartholomäus’ Eltern blieben zeitlebens protestantisch. Im evangelischen Glauben wurden auch Bartholomäus und seine beiden jüngeren Geschwister Juliana und Gotthard erzogen. Mit dem Tod des Vaters übernahmen die Onkel der Kinder väterlicherseits die Vormundschaft. Anders als im Falle von E. wurden Bartholomäus von Starhemberg und seine Geschwister einer katholischen Erziehung zugeführt. Treibende Kraft dürfte wohl Heinrich Wilhelm von Starhemberg (1593-1675), der erst 1630 zum katholischen Glauben konvertiert war, gewesen sein.

Der Wohnsitz des jungen Ehepaares ist zunächst Freistadt. Das dortige Freihaus mit den Gütern Rauchenödt und Grünbach stammt aus Bartholomäus’ väterlichem Erbe. Der Ertrag der beiden Güter bildete die Lebensgrundlage. Trotz der Erlangung einiger Ämter im Land im Laufe der Jahre, Bartholomäus wird Verordneter des Herrenstandes, dann ständischer Präses, Oberster Falkenmeister und schließlich Geheimer Rat, waren Geldsorgen an der Tagesordnung. Die finanzielle Situation besserte sich erst, als Erasmus von Starhemberg, Bartholomäus’ Onkel, der nicht wie seine Brüder Kaspar und Heinrich Wilhelm konvertiert war, sondern 1663 ins Exil nach Regensburg ging und dort 1664 starb, da er Bartholomäus testamentarisch zu seinem Universalerben bestimmt hatte.

Die finanzielle Konsolidierung war allerdings nicht von langer Dauer. Anfang der 70iger des 17. Jahrhunderts scheinen die Geldprobleme wieder sehr akut geworden zu sein, bedingt durch Bartholomäus’ schwere Krankheit, der seit Mitte der 60iger eine Reihe von Schlaganfällen erleidet, aber auch seine Unfähigkeit, mit Geld umzugehen. Die Geldnot seines Neffen machte auch Heinrich Wilhelm von Starhemberg Sorgen, da Reichard von Starhemberg, Bartholomäus’ Großvater, 1598 eine Fideikommiß errichtet hatte und demnach als einziger möglicher Erbe nur Bartholomäus in Frage kam.

Die ständigen gesundheitlichen Probleme ihres Mannes, die damit verbundene Pflege und zusätzlichen Kosten, als auch sein Hang zur Geldverschwendung bringen E. sehr oft zur Verzweiflung. E. versucht, zumindest die Gelder, die sie aus ihrem Privatvermögen ihrem Mann vorgestreckt hat, zu retten. 1673 trifft sie mit ihrem Mann eine Regelung. E. erhält die beiden Güter bei Freistadt, Rauchenödt und Grünbach, sowie zusätzlich 12 000 Gulden. Offen bleiben jedoch 3 500 Gulden.

Trotz ihrer Ehe mit einem Katholiken und ihrer katholischen Kinder, blieb E. in einer katholischen Umgebung ihrem protestantischen Glauben treu. Der Druck, unter dem sie stand, muss enorm gewesen sein. Sie war zwar nicht vor die Alternative Konversion oder Exil gestellt, doch ihren Glauben konnte sie nicht praktizieren. Zu diesem Zweck musste sie ins Ausland reisen. 1661 wird Bartholomäus von Starhemberg von der Religionsreformations-Kommission des Landes Österreich ob der Enns unter Strafandrohung aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass seine Frau nicht fortwährend ins Ausland zur Ausübung ihrer Religion reist. Ferner soll er ihr das Lesen lutherischer Schriften, die Beschäftigung lutherischer Dienstboten sowie das Fleischessen an den verbotenen Tagen unterbinden.

Möglicherweise war dies ein Grund, dass E. und Bartholomäus sich in den folgenden Jahren mehr in Wien als auf ihren oberösterreichischen Besitzungen aufgehalten haben. Der Artikel V, Paragraph 39 des 1648 geschlossenen Frieden von Osnabrück kam hier zum Tragen. Der niederösterreichische landsässige Adel durfte demnach nicht gezwungen werden, aus religiösen Gründen das Land zu verlassen, und es war ihm erlaubt, zur Religionsausübung in die Nachbarländer zu reisen. Ferner durfte er nicht am Zugang zur Besichtigung und Verwaltung seiner Güter gehindert werden. E. hat sich auch nicht von Reisen ins protestantische Ausland (Regensburg und Ödenburg) abhalten lassen.

Bartholomäus von Starhemberg starb nach einem neuerlichen Schlaganfall am 22. März 1676. In der von ihm erbauten Gruft in der Kapuzinerkirche in Linz fand er seine letzte Ruhe.

In der 25jährigen Ehe mit Bartholomäus von Starhemberg schenkte E. insgesamt elf Kindern das Leben, die sie in einem Zeitraum von achtzehn Jahren geboren hat. Fünf davon starben bereits im Laufe des ersten Lebensjahres: Erasmus (geboren und gestorben im Mai 1654), Johann Reichard (August 1656 bis Mai 1957), Dorothea Renata (Mai bis September 1660), Kaspar (Juli bis September 1663) und Erasmus (September bis Dezember 1665).

Von den überlebenden Kindern war der erstgeborene Sohn Gundaker (1652-1702). Er sollte nicht nur der Erbe seines Vaters sein, sondern nach seinem Vater an die Spitze der Reichardschen Linie des Hauses Starhemberg treten. 1677 heiratet er Maria Anna von Rappach, eine Hofdame der Kaiserin Eleonore Magdalena (†1720). Die übrigen Söhne Guido (1657-1737), Heinrich Franz (1659-1715) und Adam Maximilian (1669-1741) schlagen eine militärische Karriere ein. Während Guido ein bedeutender Feldherr wird, scheidet Heinrich Franz jedoch nach einer Verletzung 1691 aus dem Militär aus und lebt sehr zurückgezogen. Die Heiraten der Töchter Sabina Christina (1655-1755) und Anna Franziska (1668-1714) werden von ihrer Mutter nicht gerade goutiert. Sabina Christina heiratet 1671 Georg Julius von Gilleis (†1700). Sie bekommt insgesamt zwanzig Kinder, und nach dem Tod ihres Mannes wird sie Hofdame bei der verwitweten Kaiserin Eleonore Magdalena. Anna Franziska (1668-1714) heiratet Franz von Au und nach dessen Tod Otto Ludwig von Hohenfeld.

Nach dem Tod ihres Mannes entschloss sich E. zur Emigration nach Regensburg. Diese Phase ihres Lebens ist recht gut durch ihre zahlreichen Briefe dokumentiert, deren Großteil aus dieser Zeit stammt und zumeist an ihren Sohn Gundaker gerichtet ist. Gundaker wird zum wichtigsten Berater und zur großen Stütze E.s in Regensburg. Er verwaltet ihr Vermögen und übt die Vormundschaft über seine jüngeren noch unmündigen Geschwister aus.

Die Übersiedelung nach Regensburg dürfte nach Abwicklung des Verkaufs ihrer Güter Rauchenödt und Grünbach an ihren Sohn Gundaker Ende 1676, Anfang 1677 erfolgt sein. Regensburg hatte als Ort des Exils für österreichische Glaubensflüchtlinge seit Beginn des 17. Jahrhunderts eine lange Tradition. In Regensburg lebten auch ihre beiden evangelischen Halbschwestern aus der ersten Ehe ihrer Mutter Anna Justina von Zinzendorf und Maria von Traun. Auch E.s dritte Halbschwester, die sich zwar zumeist in Enzersdorf aufhielt, kam zeitweise nach Regensburg. Alle drei sind in Regensburg gestorben und auf einen der beiden evangelischen Regensburger Friedhöfe begraben. Regensburg war den österreichischen Ländern ziemlich nahe, sodass ein enger Kontakt mit ihren Verwandten weiterhin möglich war.

In Regensburg lebte E. bis 1694 in einem Haus in der Wahlenstraße 13 beim Goldenen Turm, das zu den besten Wohnvierteln der Stadt gehörte. Dann zieht sie in ein Haus in der Nachbarschaft, das ihr der Innere und Geheime Rat der Stadt Johann Jakob Berg (1643-1707) vermietet. Im Rechtsstatus eines Beisitzes, womit ein temporäres Aufenthaltsrecht gegen die die Zahlung eines Beisitzgeldes (Schutzgeld) verbunden war, war ihr ein Hauskauf nicht erlaubt.

Mit E. waren ihre beiden Kinder Adam Maximilian und Anna Franziska nach Regensburg gekommen. Adam Maximilian lebte bis 1682 und Anna Franziska bis zu ihrer Heirat 1694 in E.s Haushalt. Die beiden wurden von einem Hauslehrer erzogen. Später, ab 1686, lebte auch ihre Enkeltochter Anna Maria, die Tochter Gundakers, die von E. erzogen wurde, in Regensburg. Bei der Erziehung ihrer Kinder und der Enkeltochter im katholischen Glauben achtete die Protestantin E. peinlich genau darauf, nichts falsch zu machen. Polemik im Hinblick auf die katholische Religion liegt ihr fern. Selten lässt sie sich zu kritischen Äußerungen hinreißen. E. macht es große Freude, ihre Enkeltochter, die sich sehr gut entwickelte, bei sich zu haben. Seit 1687 lebte bei ihr auch noch die zwölfjährige Tochter eines Untertanen Gundakers, Annemarie, die von E. erzogen wurde und gleichzeitig in Regensburg eine Lehre macht. Doch nach achtzehn Monaten schickte E. sie zu Gundaker zurück, da ihr deren Erziehung zu anstrengend war, in der Hoffnung ihre Schwiegertochter Maria Anna übernehme die Erziehung für das Mädchen, deren Mutter inzwischen gestorben war.

In Regensburg nahm E., soweit es ihre Gesundheit gestattete, aktiv am gesellschaftlichen Leben der Stadt teil, zumal sie über vielfältige Kontakte verfügte, abgesehen von ihren in Regensburg anwesenden Halbschwestern. Zu ihrem engsten Freundeskreis gehörte Gräfin Christina von Schallenberg (1626-1698). Ausgezeichnete Beziehungen bestehen auch zu Gottlieb Amadäus von Windischgrätz (1630-1695) und seiner Familie, der seit 1683 kaiserliche Interimskommissar am Reichstag in Regensburg war, 1682 zwar zum Katholizismus konvertiert, aber in der Folgezeit immer noch als heimlicher Protestant galt. In den letzten Lebensjahren standen ihr Fürst Ferdinand August von Lobkowitz (1635-1715) und seine Familie recht nahe. Der Fürst war seit 1692 Prinzipalkommissar und somit Repräsentant des Kaisers in Regensburg.

Wichtig war für sie auch der Regensburger Kaufmann Hans Neuhaus mit seinen weitreichenden Verbindungen, den sie zur Abwicklung ihrer Geschäfte heranzog, sowie der Schiffmeister Scheibenbogen, der für sie Transporte nach Linz oder Wien übernahm.

Regelmäßige Kontakte pflegte sie besonders mit zwei Regensburger Ärzten: Dr. Martin Christoph Metzger, der im Mai 1690 tragisch verunglückt war und dessen Witwe weiterhin mit E. in Verbindung stand sowie Dr. Göller, der E. bis zu ihrem Tod betreut hat.

Von ihrer Dienerschaft war es vor allem ihre Köchin Anna Ladenhofer, die E.s große Wertschätzung genoss.

Auch wenn die Organisation des Alltagslebens sich zeitweise schwierig gestaltete, führte E. in Regensburg ein recht privilegiertes Leben. Sie lässt sich für die Begeisterung des gerade in Mode gekommenen Tabakrauchens anstecken, und sie will sich auch eine der neuen Tabakpfeifen aus Holz beschaffen. Sie begeistert sich fürs Gärtnern, auch wenn sie selbst über keinen eigenen Garten verfügte, und beschaffte für ihren Sohn Gundaker verschiedenen Blumenknollen und -samen, Sträucher und Pflanzen und beteiligt sich so an der zum Gesellschaftssport avancierten Züchtung und Weitergabe seltener Pflanzen.

Als E.s Halbschwester Christina von Kainach, die die letzten Jahre ihres Lebens größtenteils auf Gut Enzersdorf verbracht hat, 1683 stirbt, versucht sie das Gut, auf dem sie ihre Kindheit verbracht hatte, an sich zu bringen. Im Erbschaftsstreit geht sie schließlich im Oktober 1684 als Siegerin hervor. Aber als Schlossherrin war ihr kein Glück beschieden. Die Investitionen, die sie zu tätigen hatte, waren höher als der Ertrag. Auch wenn sich in Enzersdorf die Gegenreformation noch nicht durchgesetzt hat, kann sie ihre Religion dort nicht ausüben. Nach nicht einmal zwei Jahren veräußert sie das Gut an ihren Sohn Gundaker.

Zu E.s Prinzipen gehörte es, mit Geld sorgsam umzugehen, auch wenn sie durchaus als Witwe eine vermögende Frau war. Laut ihrem am 28. Juni 1689 aufgesetzten Testament verfügte sie über ein Vermögen von 101 344 Gulden und einem Schuldenstand von 8 000 Gulden. Bis zu ihrem Tod hatte sich ihr Vermögen noch um weitere 3 000 Gulden vermehrt und war auf 104 344 Gulden angewachsen.

Nach längerer Krankheit war E. v. St. am 20. Juni 1697 in Regensburg gestorben. Regensburg war ihr nie zur zweiten Heimat geworden. Anders als ihre drei Halbschwestern, die schon in Regensburger Erde ruhten, wollte sie nicht in Regensburg begraben werden, wie sie bereits 1691 mit Gundaker vereinbart hat. So wurde E. wohl ihrem Wunsch gemäß in der, der heiligen Elisabeth geweihten, Wallfahrtskirche in Altenberg bei Linz am 28. Februar 1698 begraben. Die Filialkirche Altenberg gehörte damals zur Pfarre Gallneukirchen, die der Starhembergischen Herrschaft Riedegg unterstand, sodass E.s Sohn Gundaker Patronatsherr war. Die Gruft mit E.s Kupfersarg wurde mit einem langen Stein abgedeckt, in dessen Mitte ihr Wappen eingemeißelt war.

Jedoch war ihr nach ihrer Bestattung in der Altenberger Kirche aufgrund ihres evangelischen Glaubens keine Ruhe beschieden. 1754 soll man sich in Altenberg der in der Kirche begrabenen Protestantin erinnert haben. Der Sarg wurde gehoben und mit Ruten geschlagen, um so den Makel der Bestattung einer Protestantin in der katholischen Kirche von Altenberg zu korrigieren.

Diese Geschichte wurde aufgrund mündlicher Überlieferung vom Pfarrer in Altenberg Michael Krakowitzer zwischen 1850 und 1874 rekonstruiert und aufgeschrieben. Ob sich diese Leichenauspeitschung auch tatsächlich so abgespielt hat, ist nicht mit letzter Sicherheit zu sagen; die Geschichte bezeugt aber die Irritationen, die es auslöste, wenn eine Protestantin in einer katholischen Kirche ihr Grab fand.

W.: E. v. St. hat 371 Briefe hinterlassen (Oberösterreichischen Landesarchiv, Starhemberg-Archiv, Schachtel 48, Nr. 73). Geschrieben wurden diese Briefe zwischen 1670 und 1697, mehr als 90 % davon in Regensburg, wo sie seit 1677 bis zu ihrem Tod lebte. Briefempfänger ist zumeist ihr ältester Sohn Gundaker, in wenigen Fällen sind auch Briefe an andere Familienmitglieder oder sonstige Bekannte erhalten.

L.: Mayr-Kern 1996, Schnabel 1992, Schwerdling 1830

 

Ingrid Roitner