Schwarz Olly, Olga, geb. Frankl; Frauenrechtsaktivistin, Pädagogin und Berufsberaterin
Geb. Prag, Böhmen (Praha, Tschechien), 10.3.1877
Gest. Chicago, Illinois, USA, 1960
Herkunft, Verwandtschaften: Vater starb 1899. Sie stammt aus einer assimilierten deutschsprachigen jüdischen Familie.
LebenspartnerInnen, Kinder: Ab 1899 mit dem Arzt und Hämatologen Prof. Dr. Emil Schwarz verheiratet. (starb 1955).
Laufbahn: 1898 ging sie nach Wien. Mit neun Jahren, so erzählt sie in ihren Aufzeichnungen, ist in ihr zum ersten Mal der Wunsch aufgekommen, ärmeren Menschen zu helfen. Als ein Mitschüler ihres Bruders, dessen Vater Schuster war, von seinem ewigen Hunger erzählte, konnte sie ihre Familienmitglieder dazu bewegen, diesen Buben jeweils einmal in der Woche zu verköstigen. Einem elternlosen Kind brachte sie Französisch bei. Als sie älter war gab sie Gartenparties, den Erlös spendete sie an soziale Institutionen. Sie begann schon in ihrer Jugend in einem Klub zu schreiben. Früh in die „bessere Gesellschaft“ eingeführt, erlebte sie immer wieder welch untergeordnete Rolle ein Mädchen zu spielen hatte. O. Sch. wurde Mitglied des Ausschusses des Athenaeum, eines Vereins für Frauenweiterbildung von Prof. Ludo Hartmann. Daneben war sie Vorstandsmitglied des Neuen Wiener Frauenklubs, kurz darauf auch Leiterin der Musikabteilung des Frauenklubs. Als Kuratorin kümmerte sie sich auch um die Stellenbeschaffung der Mädchen, die absolviert hatten. Sie gründete 1907 die Wiener Handelsakademie für Mädchen. Sie trat als Vorstandsmitglied in die „Vereinigung der arbeitenden Frauen“ ein, danach absolvierte sie selbst einen Kurs für Berufsberaterinnen und bildete unter dem Namen „Zentralstelle für weibliche Berufsberatung“ einen Zentralausschuss. Später wurde sie vom Bund der österreichischen Frauenvereine zur Delegierten gewählt und hielt ein sehr erfolgreiches Referat am internationalen Kongress des Frauen Weltbundes in Rom.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde sie Kriegs-Krankenpflegerin. Nach acht Monaten musste sie aus gesundheitlichen Gründen den Dienst aufgeben. Danach nahm sie ihre Tätigkeiten in der Frauenbewegung wieder auf und hielt eine Tagung für die Berufsinteressen der Frauen ab. Kurze Zeit später trat sie in das Kuratorium für Kriegerwitwen ein. Dabei wurde sie mit dem Kriegskreuz 2. Klasse für Zivilverdienste ausgezeichnet. Außerdem erhielt sie einen neu geschaffenen Titel verliehen: Bundesstaatlicher Fürsorgerat. O. Sch. nahm auch an einem Frauenbeirat der österreichischen Heeresverwaltung teil. Als 1917 das Ministerium für soziale Verwaltung gegründet wurde, war sie eine vielbeschäftigte Mitarbeiterin. Unter anderem wurde dort eine Kommission für Frauen-Arbeit eingerichtet. Als die Republik ausgerufen wurde, war diese Kommission aber überflüssig geworden. O. Sch. besuchte wieder Kurse für Berufsberater in Berlin. Im Dezember 1919 wurden durch einen Erlass die privaten Berufsberatungen in die öffentliche Verwaltung überführt.
Auch in die Politik stieg Frau O. Sch. ein, so wurde sie Wahlkandidatin für die Demokratische Partei und hatte im 6. und 7. Bezirk Vorträge zu halten. Als die Demokraten eine Wahlniederlage erlitten hatten, wechselte sie zu den Sozialdemokraten. Ab 1917 hat sie jährlich Tagungen für Berufsberatung abgehalten. Weit über die Grenzen Österreichs hinaus wurden diese Tagungen berühmt. O. Sch. rückte immer mehr in die Öffentlichkeit und musste zahlreiche Interviews geben. 1922 wurde sie Gemeindebeamtin auf dem Gebiet der Sozialarbeit im Berufsberatungsamt der Stadt Wien. Später wurden die Mittel drastisch gekürzt und O. Sch. als Meistverdienende entlassen. Zu dieser Zeit verfasste sie das Buch „Wir stehen im Leben“, das die Berufserlebnisse von fünf Frauen schildert, einmal in Brief-, in Tagebuchform, und in Gesprächen. Eine Krankenpflegerin, eine Wirtschaftsleiterin, eine Schneiderin, Verkäuferin und eine Bürovorsteherin kommen dabei zu Wort. Das Buch wurde zunächst sehr gut aufgenommen und besprochen, durch den aufkommenden Austrofaschismus kam es aber bald zu Rückschlägen. Ab 1933, während der großen Flüchtlingswelle, arbeitete sie bis zur Liquidierung in der Flüchtlingsfürsorge der Liga. Sie emigrierte wegen ihrer jüdischen Herkunft 1939 in die USA, wurde unter anderem Mitglied des Frauenkomitees des YMCA (Young Men’s Christian Association) und ging mit ihrem Mann zahlreichen gesellschaftlichen Verpflichtungen nach.
Ausz., Mitglsch.: Kriegskreuz 2. Klasse für Zivilverdienste. O. Sch. war Mitglied zahlreicher soziologischer und kulturwissenschaftlicher Vereinigungen.
W.: „Berufskunde. Gewerbliche Frauenberufe In: Berufskundliches Archiv, Beilage zur Zeitschrift ‚Lehrlingsschutz, Jugend- und Berufsfürsorge‘“ (1930, mit Helene Corradini), „Wir stehen im Leben. Berufskundliche Erzählungen für junge Mädchen“ (1934), „Lebens-Erinnerungen. Maschinengeschriebenes Typoskript Chicago“ (1959)
L.: Heuer 1981-1996 (Bd. 3), Hödl 1994, Wlaschek 1997
Susanne Blumesberger