Sandrock Wilhelmine
Geb. Rotterdam, Niederlande, 5.2.1861 (1865)
Gest. Berlin, Deutschland, 29.11.1948
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Eduard Othello Sandrock, deutscher eh. Offizier und späterer Kaufmann; Mutter: Johanna Simonetta Sandrock, Ps. Nans (Nancy) ten Hagen (1833-1917), niederländische Schauspielerin; sieben Geschwister, darunter Adele Sandrock (1866-1937), Schauspielerin; Christian Sandrock (1865–1924), Maler und Schriftsteller.
LebenspartnerInnen: Liiert mit dem bedeutenden österreichischen Schriftsteller Hermann Bahr, Verlobung.
Ausbildungen: Gesangsunterricht an der Neuen Akademie der Tonkunst von Theodor Kullak; Schauspielunterricht erst bei der Mutter, dann beim Hofschauspieler Heinrich Oberländer.
Laufbahn: W. S. verbringt ihre Kindheit in Rotterdam. Die Familie übersiedelt 1873 nach Berlin, wo W. S. zur Schule geht, die deutsche Sprache erlernt und erste kleine Rollen in Schulaufführungen spielt. Unter dem dominanten Einfluss der Mutter kommen W. S. und ihre Schwester Adele früh zum Theater. W. S. debütiert bald am Berliner Nationaltheater, kommt dann in Franz Wallners Theater in Berlin unter Vertrag und geht danach ans Hoftheater in Sankt Petersburg. Anschließend kehrt sie nach Berlin zurück, wo sie als „Puppenprinzessin“ am Kroll’schen Theater zu sehen ist. Sie tritt auch immer wieder als Sängerin auf; ihr größter Erfolg ist das „Veilchen-Couplet“, gesungen in holländischer Sprache. Im Frühjahr 1884 holt sie der Intendant des k. k. Hofburgtheaters, Adolf von Wilbrandt, nach Wien, wo sie bis 1898 wirkt und in den Jahren 1895-1898 regelmäßig zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Adele auftritt. Um den Jahreswechsel 1893/40 unterhält W. S. eine romantische Beziehung mit Hermann Bahr, die zur Verlobung führt. Rückschlüsse auf die Art des Verhältnisses lassen sich aus diversen Briefwechseln ziehen; so wendet sich Adele Sandrock am 29.12.1893 an Bahr, bittet ihn zum Sylvesterabendessen mit „Willy“ (Wilhelmine), „dem kleinen Schnitzler“ und anderen zu kommen. Tags darauf folgt ein in klagend-satirischem Ton gehaltener Brief, worin sie ihm vorwirft, sie wisse, welchen Armen er sich entwinde, sie könne ihm nicht dazu gratulieren und hoffe, dass kein Bastard daraus werde, ein in diesen Fragen bewanderter „Dr. Sz.“ habe keine Zeit, sich darum zu kümmern. In ihren Briefen aus der Zeit nach 1900 nennt W. S. Bahr „Herr Doktor“ und bittet ihn, sich bestimmte Aufführungen anzuschauen, da er der einzige Verehrer ihres schauspielerischen Talents sei. Im Jahr 1898 hat W. S. an das damalige Kaiserjubiläums-Stadttheater (heute Volksoper) gewechselt, sie zieht sich einige Jahre später zusehends aus der Schauspielerei zurück. Die Familie Sandrock wird nun von der erfolgreicheren Schwester Adele erhalten, die zu diesem Zweck 1902 an das Deutsche Volkstheater in Wien zurückkehrt. Nach dem Ersten Weltkrieg gibt W. S. ihren Beruf vollständig auf und lässt sich in Berlin-Charlottenburg nieder, wo sie mit Adele eine Wohnung teilt. Als diese stirbt, vollendet W. S. deren Biografie und gibt sie 1940 heraus. Außerdem kauft W. S. eine Familiengruft im evangelischen Matzleinsdorfer Friedhof in Wien, wo Adele unter großer medialer Aufmerksamkeit und im Beisein von Größen aus Politik, Kunst und Gesellschaft beigesetzt wird und wo später auch W. S. zur letzten Ruhe gebettet wird
Werke
„Puppenprinzessin in ‚Die Puppenprinzessin’ (Eduard Jacobson und Otto Girndt)“, „Mutter – Michael“ (1923, Regie: Carl Theodor Dreyer), „Witwe Monthieu − Die große Sehnsucht“ (1930, Regie: Stefan Székely)
Literatur / Quellen
Qu.: Im Nachlass von Hermann Bahr im Österreichischen Theatermuseum (Wien) finden sich spätere Briefe von W. S. (nach 1900) an Bahr sowie zwei Briefe von Adele Sandrock an Bahr. Im Deutschen Theatermuseum (München) finden sich Briefe Bahrs an W. S., hier sind auch Korrespondenzen zwischen den beiden Schwestern erhalten.
L.: Balk 1997, Balk 2005, Eisenberg 1891, Eisenberg 1903, Sandrock 1940