Sandrieser Pauline

geb. Pröll; Widerstandskämpferin

Geb. Geboltskirchen, OÖ, 8.10.1921
Gest. Graz, Stmk., 11.6.1959

Frau S. kam als Pauline Pröll in Geboltskirchen (Oberösterreich) zur Welt. Vor ihrer Verhaftung am 19. August 1944 lebte sie gemeinsam mit ihren Eltern in Vordernberg (Steiermark) und war bei der Österreichischen Bundesbahn, damals Deutsche Reichsbahn, angestellt. Frau S. sammelte für die Rote Hilfe und war Mitglied des illegalen Kommunistischen Jugendverbandes Vordernberg. Die Haftbestätigung des Gefangenenhauses Leoben besagt, dass P. P. am 20. August 1944 um 3 Uhr früh wegen eines „politischen Deliktes zur Verfügung der Gestapo Leoben“ eingeliefert und am 29. September 1944, 22 Uhr entlassen wurde. Untergebracht war sie in Zelle 9, einer Zelle, die für sieben Personen ausgerichtet war, in der aber tatsächlich 22 Frauen eingesperrt waren. Diese Haftbedingungen waren wahrscheinlich für P. eine Nebensächlichkeit, angesichts dessen, was ihr zwei Wochen vor der Deportation nach Ravensbrück widerfuhr. Bei der Vernehmung in der Strafsache gegen Johann Stelzl gibt sie am 26. April 1946 Folgendes zu Protokoll: „Am 15.9. wurde ich von Augustin geholt und zum Verhör ins Gestapohaus in der Kärntnerstrasse geführt. Es begann zeitlich früh. Als ich nicht aussagte, was Augustin wissen wollte, musste ich mit Augustin in die kleine Kanzlei nebenan gehen, die Kanzlei des Gestapobeamten Kollmann, mich dort mit dem Bauch über einen Sessel legen und Augustin schlug mich mit einem schweren Ochsenziemer, der irgend einen harten Gegenstand enthalten haben dürfte. Er schlug mich hauptsächlich auf Gesäß und über die Hände, weil ich abwehren wollte. Dabei war der Kollmann anwesend und machte höhnische Bemerkungen. Dann wurde ich in eine Dachkammer gesperrt, wo Mesner und noch ein mir unbekannter Gestapomann waren. Dort versuchte Mesner der Spitzel mich zu verhören und versetzte mir eine starke Ohrfeige. Dort brach ich das erste Mal aus Schwäche zusammen. Um 1/2 3 Uhr nm. wurde ich wieder zu Augustin geholt und wieder verhört und abwechselnd geschlagen. Dabei waren 6 Gestapoleute anwesend, die den Augustin ermunterten, mich recht fest zu schlagen. […] Nach [einer] 1/2 Stunde wurde ich wieder in die Dachkammer geführt und erst am Abd. um 1/2 8 Uhr entlassen und ins Gefängnis zurückgeführt.“ Durch die Misshandlungen konnte P. S. 14 Tage lang nicht gehen und nur auf dem Bauch liegen. Am 3. Oktober 1944 wurde Frau S. unter der Nummer 75081 im KZ Ravensbrück registriert und Ende des Monats nach Magdeburg-Polte, einem Nebenlager von Buchenwald überstellt, wo sie als Häftling Nummer 32513 bis Mitte April 1945 Zwangsarbeit leisten musste. Unmittelbar nach ihrer Rückkehr musste sich P. einer Operation unterziehen, die Ärzte stellten die Diagnose Eierstockkrebs, welcher sich zweifellos durch die Haft verschlechtert hatte. Zudem war sie stark unterernährt und litt an Nervosität und Rheuma. Die gesundheitlichen wie wirtschaftlichen Verhältnisse waren in den Nachkriegsjahren sehr schlecht. Sie lebte – später auch der Ehemann – mit den Eltern in einer Zimmer-Küche-Kabinett-Wohnung. Der Vater war schwer tuberkulös. Durch die Krankheit konnte Frau S. zunächst auch keiner Beschäftigung nachgehen. Im August 1948 heiratete sie Rudolf Sandrieser. Aufgrund des „Doppelverdienergesetzes“ drohte ihr dadurch der Verlust des Arbeitsplatzes bei der Bundesbahn, da der Ehemann eine Beschäftigung im Hüttenwerk Donawitz hatte. Obwohl P. S. bis 1949 nachbestrahlt wurde, bildeten sich einige Jahre später erneut Metastasen. Sie starb am 11. Juni 1959 in der Grazer Frauenklinik.

Werke

Literatur / Quellen

Qu.: Archiv der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück: Häftlingsdatenbank; DÖW 13158e; IKF: Fragebogen, ausgefüllt von Rudolf Sandrieser (3.3.2006); Justizanstalt Leoben: Gefangenenvermerk 03.08.1944 – 17.11.1944; Landesarchiv Steiermark: Opferfürsorgeakte.

L.: Muchitsch 1966

BiografieautorIn:

Brigitte Halbmayr