Payerl Maria Eva; Zuckerbäckerin
Geb. Wien, lebte um 1773
Gest. Wien, Datum unbekannt
LebenspartnerInnen, Kinder: Gatte: Johann Payerl, Soldat beim Ferarischen Regiment, insgesamt zehn Kinder, von denen nur zwei Söhne, zwei Töchter und zwei weitere unmündige Kinder überlebt haben.
Ausbildungen: Keine nachweisbar, wahrscheinlich hat sie ihre Kenntnisse auf der Wanderschaft mit dem Regiment des Mannes erworben.
Laufbahn: M. E. P. war eine der vielen Soldatenfrauen in den Regimentern des kaiserlichen Heeres. Im Gegensatz zu der landläufigen Annahme, die Soldatenfrauen würden zu Hause auf ihre Männer warten, begleitete sie ihren Gatten auf seinen diversen Feldzügen, wahrscheinlich sogar mit den Kindern, da sie diese unmöglich im zarten Alter zurücklassen konnte. Insgesamt diente auch sie 22 Jahre hindurch beim Militär, nur sieben Jahre kürzer als ihr Ehemann. Auf ihrer Wanderschaft erlernte sie in Schlesien das Krapfenbacken und in den Niederlanden die Zubereitung von einer Art Kaffee aus gebrannter Gerste, der mit Sirup gesüßt wurde. Wie hart die Militärzeit für sie war, lässt sich daran erkennen, dass sie aus ihren und ihres Mannes Einkünften von nur fünf Kreuzern pro Tag sich selbst und alle Kinder ernähren musste (zum Vergleich: sie selbst gibt an, ein Seidel, also 0,33 l Gerstenwasser um einen Kreuzer verkaufen zu wollen). Nachdem ihr Mann 1773 aus dem Heeresdienst entlassen wurde und außer dem Soldatenleben über keinerlei brauchbare Berufserfahrung verfügte, suchte M. E. P. um die Erlaubnis an, sich und ihre Familie mit dem Verkauf ihrer Krapfen und des „Gerstenwassers“ vor dem Burgtor ernähren zu können. Zur Versorgung blieben noch drei Kinder in ihrem Haushalt, der älteste Sohn war bereits Korporal im Ferarischen Regiment, der zweite, erst elfjährige Sohn war ebenfalls diesem Regiment versprochen und zwei Töchter verheiratet. Auch der ehemalige Vorgesetzte ihres Mannes im Rang eines Majors stellte ihr ein gutes Zeugnis aus und meinte, sie hätte beides bereits für die Heereszugehörigen zur vollsten Zufriedenheit zubereitet. Außerdem sehe auch er keine andere Möglichkeit für sie, die übrigen Kinder ernähren und kleiden zu können. Unter diesen Umständen gestattete man ihr bereitwillig das Krapfenbacken, allerdings nicht die Erzeugung und den Verkauf des Gerstenwassers. Der Grund lag im Veto der Wiener Kaffeesieder, die sich über den sehr hohen Konkurrenzdruck in ihrem Gewerbe beschwerten und auch ein kaiserliches Privileg aufweisen konnten, dass solange dem außerzünftischem Zuwachs den Weg versperrte, bis auch das ärmste Zunftmitglied sein eigenes Gewerbe erhalten hatte. Der wahre Grund aber dürfte darin gelegen sein, dass viele ehemalige Soldatenfrauen solche und ähnliche Getränke sehr günstig vor den Stadtmauern (mit und ohne Privileg dazu) verkauften, mit deren Preisen die Kaffeesiederzunft nicht mithalten konnte.
Qu.: WStLa, Alte Registratur. Bericht vom 10. August 1773.
L.: Kretschmer 2000
Sigrid Kretschmer