Passrugger Barbara, Passrugger-Hofer, Wawi, geb. Hofer; Bergbäuerin, Alpinistin und Schriftstellerin

Geb. Filzmoos, Sbg., 1.5.1910

Gest. Filzmoos, Sbg., 8.8.2001

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Johann Hofer, Bauer, Jäger und Besitzer einer Säge, verdiente gut und konnte sich zwei Almen und das Haidegg-Gut kaufen. Er starb am 24.9.1941. Mutter: Anna Hofer. B. wurde als achtes Kind geboren, die Mutter starb neun Tage nach ihrer Geburt. Sie kam zur Ziehmutter Maria Salchegger (1931 verstorben), die ein Kind mit dem Namen Barbara verloren hatte und wie damals teilweise üblich wieder ein Kind namens Barbara aufnehmen wollte. Brüder: Alois, Hans, Stefan (starb am 26.5.1946 an den Folgen eines Kriegsunfalls), Florian, Jäger, geb. am 2.2.1907, der als Pazifist desertierte, in ein Straflager kam und an die russische Front geschickt wurde (am 29.4.1943 gefallen) und Franz; Ziehschwestern: Anna und Maria, Ziehbrüder: Leonhard (Briefträger), Lois, Georg, Josef (geb. 31.8.1888, gest. 19.3.1918).

LebenspartnerInnen, Kinder: War verlobt mit Rupert, der im September 1941 gefallen ist. Heiratete am 21.10.1946 Johann Passrugger. Die Ehe war nicht sehr glücklich, da ihm seine Frau zu selbständig war. Sie trennte sich ohne Scheidung 1983 von ihrem Mann, er starb 1996 im 87. Lebensjahr. Kinder: Franz Hofer, geb. 1944; Hans, geb. 15.7.1947, Barbara, geb. 20.4.1952, Sekretärin, Maria, geb. 15.11.1953, Hausfrau, drei Kinder; Sepp (Josef), geb. am 25.3.1949 (Tischlermeister, starb 1981 an Krebs), Steffi (Stefanie), geb. 2.8.1955, Bäuerin und Hausfrau.

Ausbildungen: Sie durfte die Schule nur bis zu ihrem 14. Geburtstag am 1. Mai 1924 besuchen, ein weiterer Schulbesuch, wenigstens bis zu den Ferien wurde vom Oberlehrer verboten. Mit 16 Jahren wollte sie Nähen lernen und in die Lehre gehen, was ihr jedoch vom Vater untersagt wurde. Sie absolvierte 1938-1939 die Haushaltungsschule in Oberalm bei Hallein.

Laufbahn: Musste seit ihrer frühen Kindheit am Oberhofgut und nach der Hofübergabe 1919 am Bögrein der Ziehmutter mitarbeiten. Sie war durch ihren Vater verpflichtet nur gegen Kost und Logis bis zum Tod der Ziehmutter für sie zu arbeiten, also „abzudienen“. Besonders die Ferien dienten der Arbeit am Feld. Später war sie im Sommer als Sennerin auf der Alm tätig. Nebenbei verdiente sie sich als Schnitterin Geld, die Hälfte davon musste sie jedoch ihrem Vater abliefern. Mit 21 Jahren gelang ihr, getarnt in Männerkleidung, in Begleitung ihres Bruders, als erster Frau die Besteigung der Dachstein-Südwand von der steirischen Ramsau aus. Der Vater hat es nicht wissen dürfen, denn für ihn galt der Spruch „Wenn die Weiberleut‘ in die Berg steigen, entweihen sie den Gipfel“. Wegen einer Liebesbeziehung zu einem verheirateten Mann und den darauffolgenden Schmähungen im Dorf, erlaubte ihr der Vater Filzmoos zu verlassen und die Haushaltungsschule in Oberalm zu besuchen. B. P. arbeitete nach der Haushaltungsschule 1939-1946 auf einem Hof in Radstadt, nach dem Tod ihres Bruders Stefan ging sie auf das Haideggut am Obersberg und kümmerte sich die Landwirtschaft. Da ihr die Arbeit bald zu viel wurde, heiratete sie. Nach der Hochzeit musste sie ihrem Mann den Hof übergeben, da er nicht als unbezahlter Knecht bei ihr arbeiten wollte, Lohn konnte sie ihm jedoch keinen bezahlen. Als Bergbäuerin im „Haidegg“ führte sie ein hartes, karges Leben, das sie mit 78 Jahren in ihrem Erfolgsroman „Hartes Brot“ beschrieb. Das entbehrungsreiche Leben führte zu einer Magenkrankheit, die 1966 in einem Magendurchbruch gipfelte. Zu dieser Zeit begann sie das erste Mal umzudenken und selbstbewusster zu werden. Nicht nur als Bergsteigerin und Skifahrerin war sie Pionierin, sondern auch in ihrer selbstbestimmten Art als Frau ihren Weg zu gehen, so trennte sie sich vom Vater ihrer Kinder. Als ihr Ehemann, eine Scheidung kam aus sozialen und ökonomischen Gründen nicht in Frage, mit der jüngsten Tochter nach Oberösterreich zog, blieb sie mit ihrem Sohn Hans auf dem Hof zurück. Nach der Hofübergabe 1987 wurde das Zusammenleben mit ihm jedoch immer schwieriger, bis sie im Tal, am Ortsrand von Filzmoos eine eigene Wohnung nahm. Ab 1990 bestritt sie mehr als 300 Lesungen. Noch mit 88 Jahren unternahm sie Ski- und Bergtouren. 1998 wurde ein Film über ihr Leben gedreht. Zum Schreiben ihrer Lebensgeschichte kam sie durch Prof. Michael Mitterauer, der sich im Rahmen der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien das Ziel gesetzt hatte, schriftliche Lebenserinnerungen als sozialgeschichtliche Quellen zu sammeln und wissenschaftlich auszuwerten. Auf B. P. wurde man aufmerksam, als sie nach einem Aufruf in einer Radiosendung des „Familienmagazins“ im März 1985, als es um das Thema Schule früher und heute ging, spontan Michael Mitterauer anrief. Dieser fühlte sich von der ehemaligen Bergbäuerin besonders angesprochen, da er während der Kriegsjahre ebenfalls in Filzmoos gelebt hatte. Daraus entwickelte sich ein enger Kontakt, in dessen Folge auch Dr. Elizabeth T. Spira für den Film „Keine Zeit für Zärtlichkeit“ mit B. P. Kontakt aufnahm. Ihre Schulerlebnisse erschienen in der Reihe „Damit es nicht verlorengeht…“ als Band 7 der Reihe 1985. Auch für das Projekt „Als das Licht kam“ zum Thema Elektrifizierung von Prof. Mitterauer wurde wieder auf die Erlebnisse von B. P. zurückgegriffen. Sepp Forcher lud sie in die Fernsehsendung „Klingendes Österreich“ ein und ermöglichte ihr mit 80 Jahren eine Besteigung der Bischofsmütze. Durch die zahlreichen Aktivitäten in der Öffentlichkeit wurde B. P. immer selbstbewusster und hatte schließlich die Kraft, ihr Leben neu zu ordnen.

Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe).

W.: „Hartes Brot. Aus dem Leben einer Bergbäuerin“ (1993), „Steiler Hang“ (1993, hg. von Georg Hellmich), „Durch die Berge. Meine Lebenswelt“ (1994, hg. von Georg Hellmich), „Steiler Hang. Mein neues Leben“ (1998, hg. von Therese Weber)

Beitrag in: „Tesar, Eva (Hg.): Hände auf die Bank. Erinnerungen an den Schulalltag. Damit es nicht verlorengeht Band 7“ (1985), „Arnold, Viktoria: Als das Licht kam“ (1986)

L.: ÖBL (unpubl.), Ruiss 1995, http://www.salzburg.com/wiki/index.php/Barbara_Passrugger, www.cffilmproduktion.de/html/gipfel.htm am 12.12.2002

 

Susanne Blumesberger