Morgan-Ruffner Josa, geb. Josephine Lederer; Schauspielerin und Schriftstellerin

Geb. Wien, 11.1.1898
Gest. London, Großbritannien, 3.5.1986

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Dr. Moriz Lederer (1859-1908), angesehener praktischer Arzt in Wien-Währing; Mutter: Antonia, geb. Michalup, Verbindung zum venezianischen Adelsgeschlecht der Zanetti/Zenetti, 1909 in zweiter Ehe verheiratet mit Dr. Emil Meisel, Jurist; Bruder: Heinrich „Henry“ (*1896).

LebenspartnerInnen, Kinder: Heiratet am 22.12.1917 in Wien Paul Morgan (1886-1938), geb. Georg Paul Morgenstern, österreichischer Schauspieler, Kabarettist und Schriftsteller jüdischer Herkunft; heiratet am 18.6.1944 in New York City Joseph Ruffner III, us-amerikanischer Journalist (Salt Lake Tribune, New York Daily News).

Ausbildungen: Studiert Schauspiel bei Prof. Ernst Arndt am Wiener Burgtheater.

Laufbahn: J. M.-R. wächst im 18. Wiener Gemeindebezirk in gutbürgerlichen Verhältnissen auf. Als die Mutter im Sommer 1908 nach langem Familienzwist heimlich auszieht, bleiben J. M.-R. und ihr Bruder beim Vater. Der Vater nimmt sich im September das Leben; er trinkt eine Flasche Karbolsäure und schießt sich zwei Mal ins Herz. Der Stiefvater wird zur wichtigen Bezugsperson; als J. M.-R. nur 17-jährig Paul Morgan heiratet, steht er den beiden als Trauzeuge bei, und später wird er Pauls Rechtsbeistand. J. M.-R. folgt dem am Zenit seiner Karriere stehenden Morgan für ein dreiviertel Jahr in die USA, wo er ein Engagement in Hollywood hat, und kehrt danach mit ihm nach Europa zurück. Als Morgan, der u. a. mit einer Parodie auf Hitler von sich reden macht, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten seine sozialkritische Berliner Bühne „Kabarett der Komiker“ aufgeben muss, finden sich die beiden 1934 mittellos und fast ohne Engagements in Wien wieder. Während J. M.-R. bei den verantwortlichen Behörden eine Einreisebewilligung nach Holland und ins damalige Jugoslawien erwirkt, bleibt ihr Ehemann allen Warnungen zum Trotz in Wien. Als er am 22.3.1938 verhaftet wird, bemüht sich J. M.-R. intensiv um seine Befreiung, schickt ihm Briefe und frische Wäsche und besucht ihn. Die gemeinsame Wohnung in der Faulmanngasse 8 im 4. Wiener Gemeindebezirk muss aufgegeben werden und Morgan wird erst ins KZ Dachau, dann im September nach Buchenwald verschleppt. J. M.-R. fährt nach Buchenwald, kann hier jedoch nichts ausrichten, geht nach Berlin und flüchtet nach dem Novemberpogrom nach London. Ihr Mann wird noch im Dezember im KZ Buchenwald ermordet. Im Jahr 1939 kommt J. M.-R. nach Frankreich, wo sie wegen ihres deutschen Passes 1940 im Internierungslager Gurs in den Pyrenäen festgehalten wird. Nach ihrer Freilassung 1941 kann sie in die USA ausreisen und geht nach Portland. Sie erhält nach ihrer Heirat 1944 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Sie und ihr Ehemann werden sich später auseinanderleben und J. M.-R. wird nach 1956 nach Großbritannien gehen; sie wird in München, London und Berlin leben. Bis zuletzt hält sie das Andenken an Paul Morgan hoch, im Jahr 1959 plant sie, eine Auswahl seiner Werke zusammen mit Anekdoten und Fotos herauszugeben. Zuletzt lebt sie in London, die Todesanzeige gibt ihr Bruder Henry auf.

Qu.: J. M.-R. übergibt 1986 eine kleine Sammlung von Fotos, Entwürfen, Briefen, usw. an die Wiener Library for the Study of the Holocaust & Genozide in London („MORGAN AND MORGAN-RUFFNER PAPERS, 1929-1982“).

W.: Zeigt schon früh journalistische Ambitionen, durch Vermittlung des Schwiegervaters Gustav Morgenstern erscheinen Texte in der Wiener Zeitschrift „Forum. Monatsschrift für die Anwaltschaft“, u. a. „Das Licht“ (Februar 1918) und „Die fremde Stadt“ (Dezember 1918); nach 1934 berichtet sie in „Das Neue Wiener Tagblatt“ von ihren Erfahrungen in den USA; um 1948 schreibt sie für den New Yorker „Aufbau“ einige Artikel, Interviews und Nachrufe (u. a. in den Ausgaben vom 2.7.1948 und vom 25.6.1948); außerdem schreibt sie regelmäßig für die Sonntagsausgabe von „Das Wiener Journal“.

L.: Arnbom 2006, Röder/Strauss 1980-83 (hier 1983: Paul Morgan), Trapp/Mittenzwei 1999, www.wienerlibrary.co.uk