Moik Wilhelmine, Deckname: Lichtenegger, Licht; Parteifunktionärin, Nationalrätin und Näherin

Geb. Wien, 26.9.1894
Gest. Bad Vöslau, NÖ, 21.1.1970

W. M. wird als viertes von insgesamt neun Kindern am 26. September 1894 in Wien geboren. Der Vater arbeitet als Metallarbeiter, die Mutter führt eine Heimwerkstatt, in der sie mit Hilfe ihrer Töchter Wäsche näht. Nach dem Besuch der Volks- und Bürgerschule, erlernt auch W. M. den Beruf einer Näherin.

Von 1916-1921 wirkt sie als Funktionärin in der Gewerkschaft der Heim- und Hausarbeiterinnen, ab 1921 ist sie im Bund der Freien Gewerkschaften tätig. 1932-1934 ist sie Gemeinderats- und Landtagsmitglied in Wien. In dieser Funktion arbeitet sie eng mit Käthe Leichter, der Frauenreferentin der Wiener Arbeiterkammer, zusammen. Nach 1934 übernimmt sie, zusammen mit Frieda Nödl, die Leitung der Sozialistischen Arbeiterhilfe (SAH). 1934 und 1937 muss sie Zuchthausstrafen wegen ihres, zur Zeit des Austrofaschismus illegalen, politischen Engagements verbüßen. Als Folge der Gefängnisaufenthalte wird sie lungenkrank.

Sie wird bereits 1938, zu Beginn des nationalsozialistischen Regimes in Österreich, verhaftet und ist eine der Angeklagten im ersten Prozess des Volksgerichtshofes gegen die FunktionärInnen der Revolutionären Sozialisten und der SAH am 9. Juni 1939 in Wien. Weitere Haftstrafen verbüßt sie von 1938 bis 1941 und 1944.

Nach 1945 engagiert sie sich am Wiederaufbau der Gewerkschaften. Von Dezember 1945 bis Dezember 1962 ist sie Abgeordnete zum Nationalrat. Ab 1945 stellt sie sich als Obfrau der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter zur Verfügung, 1957 wird sie zu deren Vorsitzenden gewählt. W. M. setzt sich in ihrer politischen Arbeit vor allem für die Rechte der berufstätigen Frauen ein; ihr Spezialgebiet ist die Sozialpolitik. Sie hat wesentlichen Anteil an der Gestaltung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und an der Gesetzgebung zur Ausweitung des Mutterschutzes, wie der Einführung einer Karenzzeit nach Geburt eines Kindes. Am 21. Jänner 1970 stirbt sie in Bad Vöslau.

W.: „Die Frau in der Gewerkschaftsbewegung. In: Handbuch der Frauenarbeit. Hg. von der Kammer für Arbeiter und Angestellte in Wien“ (1930). Artikel in „Arbeit und Wirtschaft“ 1927/28

L.: Broessler 2006, Buttinger 1972, Leichter 1968, Neugebauer 1966, Oberleitner 1981, Parlamentarierinnen, Pasteur 1986, Politikerinnen in Wien 2000, Spiegel 1967, Sporrer/Steiner 1983, Steiner 1973, Tidl 1982, Weinzierl 1975

Christine Kanzler