Merwin Thekla, geb. Blech; Schriftstellerin
Geb. Riga, Russland (Lettland), 25.4.1887
Gest. Auschwitz, Deutsches Reich − Generalgouvernement (Oświęcim, Polen), 19.10.1944 (andere Quelle: 20.10.)
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Iwo Blech, Mutter Sarah Chaje Blech.
LebenspartnerInnen, Kinder: Am 27.12 1908 heiratet Th. B. den Juristen Emil Merwin. Emil Merwin wurde am 29.3.1881 in Lemberg geboren. Er starb am 12.8.1934 in Wien. Die Hochzeit der beiden fand in der „Polnischen Schule“ im 2. Wiener Gemeindebezirk in der Leopoldgasse 29 statt. Die Tochter, Magda Merwin, kam am 7.4.1911 zur Welt. Die Familie Merwin lebte damals im 9. Wiener Bezirk, Glasergasse 5. Die Adresse eines weiteren Wohnsitzes der Merwins war: Wien 19, Reithlegasse.
Laufbahn: Nach dem Ersten Weltkrieg litt Th. M. an Diabetes und musste wegen ihrer Krankheit oft Kuraufenthalte auf sich nehmen. Anlässlich eines geplanten Kuraufenthaltes in Karlsbad schrieb sie im Mai 1922 einen Brief an den Kulturredakteur der Arbeiterzeitung, Otto Koenig, um sich die Mitarbeit an dieser Zeitung zu bestätigen, da sie dadurch von der Bezahlung der Kurtaxe und der Bäderbezahlung befreit würde. Dieses Ansuchen gibt Einblick in die wirtschaftliche Situation der Familie Merwin zu dieser Zeit. Sie veröffentlichte zahlreiche Abhandlungen über Oscar Wilde, Heinrich Jung und Betty Paoli, schrieb Artikel über am Rand der Gesellschaft lebende Menschen unter anderem für „Der Merker“, die „Neue Freie Presse“, das „Neue Wiener Tagblatt“, „Die Sozialdemokraten“ und „Die Frau“. Die Tochter Magda besuchte das Bundesgymnasium im 19. Bezirk, Gymnasiumstraße 83, an dem sie 1929 maturierte. Im selben Jahr inskribierte sie als ordentliche Hörerin an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und schloss ihr Studium mit dem Doktorat ab. Am 12. August 1934 stirbt Dr. Emil Merwin in Wien. Seine Frau und seine Tochter übersiedeln in den 1. Bezirk, Ebendorferstraße 3. Ihre letzte Wohnadresse lautet Marc Aurelstraße 5, dort werden sie 1934 von der Gestapo verhaftet und am 24. September 1942 vom Wiener Aspangbahnhof nach Theresienstadt deportiert. Zwei Jahre verbrachten sie im Konzentrationslager Theresienstadt, von dem aus sie am 19. Oktober 1944 nach Auschwitz gebracht wurden. Dort wurden sie zusammen mit weiteren 1.156 Opfern des Nationalsozialismus in der Gaskammer ermordet. Das Regime, das Th. M. und ihre Tochter grausam ermorden sollte, wurde von der Schriftstellerin bereits 1933 treffend eingeschätzt. Sie schreibt in ihrem Beitrag „Bankrott der Kultur“ über die Kulturbarbarei der Nazis, sie analysiert die Situation in NS-Deutschland und schreibt über „entmenschte Horden“ und einen „krankhaft veranlagten Führer…der reif für die Zwangsjacke“ sei. Warum diese klare Sicht der politischen Zustände weder Th. M. noch ihre Tochter Magda zur Flucht aus dem nationalsozialistischen Wien veranlaßt hat, ist ungeklärt.
Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe).
W.: „Dialog über die Lüge. In: Der Merker“ (1913), „Alpons Paquet: Erzählungen an Bord. In: Der Merker“ (1914), „Terzinen an eine Schauspielerin. In: NFP, 12.4.1914“, „Betty Paoli.(Zu ihrem hundertsten Geburtstage.) In: Der Merker“ (1915), „Jüdisches Theater. In: Der Merker“ (1915), „Dämmerung. In: NWT, 15.5.1921“, „Der verlassene Garten. In: NWT, 15.5.1921“, „Lied am Abend. In: NWT, 16.4.1922“, „Bruderherz. In: AZ, 31.1.1924“, „Die große Reise. In: Arbeiterwille, 15.7.1925“, „Mainacht. In: AZ, 16.5.1926“, „ Eduard Ritter: Und wieder die Liebe. In: Neues Wiener Abendblatt, 1.6.1926“, „Der neue Roman Sudermanns. Hermann Sudermann: Der tolle Professor. In: Neues Wiener Abendblatt. 22.10.1926“, „Keinen gibt´s, der jeden Berg bestiegen. In: AZ, 19.12.1926“, „Erster Mai. In: AZ, 1.5.1927“, „ Weg der Armut. In: AZ, 1.1.1928“, „Land der Jugend. In: AZ, 3.6.1928“, „Gang der Arbeitslosen. In: AZ, 5.1.1930“, „Grabschrift des unbekannten Vagabunden. In: AZ, 28.9.1930“, „Abrechnung. In: AZ, 6.1.1931“, „Ruf der Toten. In: Der Sozialdemokrat“ (1931), „Wir bringen ihnen das Interessanteste. Blendende Zahnreihen. Der gutsitzende Frack. In: AZ, 7.7.1932“, „ Laßt die roten Fahnen wehn. Text: Thekla Merwin. Musik: Justus Mulle. In: Der jugendliche Arbeiter. Nr. 1“ (1933), „Bankrott der Kultur. In: Neuer Vorwärts. 23.7.1933“, „Der Brief. In: AZ, 19.1.1934“, „Pferdegetrappel. In: Neues Wiener Abendblatt, 15.7.1937“, „Gestern – Heute. In: NFP, 6.8.1937“
L.: Bolbecher/Kaiser 2000, Exenberger 1991, Exenberger 2000, Früh 1998a, ÖNB 2002
Karin Nusko