Medelsky Lotte, eigentl. Caroline, verh. Krauspe; Schauspielerin
Geb. Wien, 18.5.1880 (20.5.)
Gest. Wien, 4.12.1960
Herkunft, Verwandtschaften: Ihr Vater ist von Beruf Gaskassierer, die Mutter Weißnäherin. Der Onkel, Joseph Werkmann-Medelsky, verfasst Theaterstücke, von Beruf ist er Tischlermeister. Die Mutter der kleinen C. war von Goethes „Werther“ so beeindruckt, dass sie ihre Tochter Lotte nannte, diesen Namen behielt das Mädchen als Künstlernamen bei. Theaterbesuche waren in der Familie Medelsky selbstverständlicher Bestandteil des Lebens, so wurde auch L. in dem Wunsch bestärkt, Schauspielerin zu werden.
LebenspartnerInnen, Kinder: Mutter der Burgschauspielerin Liselotte Medelsky (1907-1981).
Ausbildungen: Sie erhielt ein Stipendium des Hoftheaters und die Garantie nach Beendigung der Ausbildung ein Jahr an diesem Haus zu spielen.
Laufbahn: 1896 erster Auftritt als Hedwig Ekdal in Ibsens „Wildente“. Nach diesem ersten großen Erfolg spielt L. M. die Julia in Shakespeares „Romeo und Julia“ oder die Amalie in Schillers „Räuber“. Ihr Partner in diesen Stücken war Joseph Kainz. L. M. ist die ideale Christine in Schnitzlers „Liebelei“, die sie ab 1898 immer wieder verkörpert. Doch die Rollenfächer für L. M. scheinen nicht festgelegt zu sein. Schon im Alter von 18 Jahren spielt sie Schillers „Jungfrau von Orleans“ und die Cordelia in „König Lear“. Doch nicht nur Klassiker hatte diese vielseitige Schauspielerin im Repertoire; 1919 verkörpert sie das Dienstmädchen Rosl in der Uraufführung von Anton Wildgans „Dies irae“ und viele Rollen in Stücken von Anzengruber, Raimund und Grillparzer. So stellte sie im „Verschwender“ zuerst die Fee Cheristane, später die Rosl und schließlich ein skurril-komisches Holzweiberl dar. Sie verkörperte Grillparzers Hero sowie die Libussa, sie spielte die lebensfrohe Horlbacher-Lies im „Gwissenswurm“ von Anzengruber und die erdverbundene Vroni in seinem Stück „Meineidbauer“. Für ihre schauspielerischen Leistungen wurde L. M. schon früh ausgezeichnet. Bereits 1899, im Alter von 19 Jahren, wird ihr der Titel Hofschauspielerin verliehen, 1924 wird sie Ehrenmitglied des Burgtheaters, 1926 wird sie für ihre großartigen Leistungen durch das Ritterkreuz I. Klasse des Österreichischen Verdienstordens geehrt. 1936 bekommt sie, anlässlich ihres 40jährigen Burgtheaterjubiläums, das Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft verliehen, ab 1947 darf sie den Titel „Professor“ führen. Das Privatleben L. M.s stand, anders als bei vielen ihrer Kolleginnen und Kollegen, nie besonders im Blickpunkt der Medien. L. M. heiratet den um vier Jahre älteren Schauspielerkollegen Eugen Frank; das Ehepaar lebte abwechselnd in einer Villa in der Wattmanngasse in Wien-Hietzing und in einem Haus am Attersee. Dieses Anwesen, das L. M. 1911 erworben hat, wird zu ihrem Erholungsort, besonders nach ihrem Rückzug vom Theater. Die Kinder von L. M. und Eugen Frank, Hans und Liselotte, ergriffen beide den Beruf der Eltern, jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Eugen Frank starb 1942 nach langer schwerer Krankheit. 1944 geht L. M., nach Schließung des Burgtheaters im Zweiten Weltkrieg, in Pension, sie bleibt dennoch bis 1947 Mitglied dieses Hauses. Ihre letzte Rolle war das Holzweiberl in Ferdinand Raimunds „Verschwender“.
1896-1947 Mitglied des Burgtheaters (1899 Hofschauspielerin, 1924 Ehrenmitglied, Doyenne). Großes Rollenrepertoire von klassischen Dramen, Stücken des Naturalismus (vor allem G. Hauptmann), L. Anzengruber, A. Schnitzlers Urtyp des Wiener Mädels). Bei den Salzburger Festspielen Rolle der Mutter in Hofmannsthals „Jedermann“, Frau Welt im „Salzburger Großen Welttheater“; 1947 Professorin am Reinhardt-Seminar. Zahlreiche Gastspiele.
Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe).
L.: Buschbeck 1922, Czeike Bd. 4, 2004, Handl 1955, Strentzsch 1947, Das kleine Volksblatt 19.5.1955, WZ 20.5.1960, 6.12.1960, NWT 9.1.1937, 15.5.1955, Volksblatt-Magazin 15.9.1995, www.aeiou.at
Karin Nusko