Mayr Elisabeth, geb. Peditt, verw. Hinterlechner; Bäuerin und Gegnerin des NS-Regimes
Geb. Sistrans, Tirol, 19.11.1873
Gest. ?
Mutter: Nothburga Peditt, geb. Triendl, gest. 1880; Vater: Simon Peditt gest. 1911. Ehemänner: Georg Hinterlechner, Bauer gest. 1906; Peter Mayr, Bauer.
E. M. wird am 19. November 1873 in Sistrans geboren, wo sie auch die Volksschule besuchte. Sie war auf verschiedenen Bauernhöfen als Magd tätig. 1896 heiratete sie den Bauern Georg Hinterlechner, der 1906 verstarb. Ab 1909 ist sie mit Peter Mayr verheiratet. Er ist nach ihren Angaben völlig erblindet und arbeitsunfähig. E. M. versorgt den kleinen Bauernhof gemeinsam mit drei ihrer insgesamt sechs Kinder. Sie ist nach eigenen Angaben politisch uninteressiert und Trägerin des Mutterkreuzes. E. M. wird am 15. Jänner beim Gendarmerieposten Lans angezeigt, weil sie am 12. Jänner 1940 „schwer beleidigende Äußerungen gegen den Führer und die Partei“ getätigt habe. Laut Aussage der Zeuginnen Martha Dovjak und Maria Prock sei die Familie Mayr dem nationalsozialistischen Staat gegenüber feindlich gesinnt, die Beschuldigte darüber hinaus Alkoholikerin. E. M. habe gegenüber den beiden Zeuginnen gesagt: „Hitler hat Österreich und das Sudetenland, das Memelgebiet u.s.w. geschenkt erhalten, der Sauhund er war der gemeinste Soldat, er hat keine Auszeichnung verdient, wenn er beim Anschlage in München zugrunde gegangen wäre, dann hätten wir jetzt Ruh! In der Festungshaft hat er Zeit gehabt, seine ganzen Lumpereien auszudenken, der Fackengrind und Sauhund. Die Nationalsozialisten sind alles Kommunisten:“
E. M. wird am 2. Februar 1940 von der Gestapo Innsbruck verhört und gesteht die von ihr gemachten
Äußerungen ein, gibt aber zu bedenken, dass sie unter Alkoholeinfluss stand und krank war. Am 2. April 1940 wird sie in der Anklageschrift vom Oberstaatsanwalt beim Landgericht Innsbruck beschuldigt, dass sie Handlungen, bei denen durch Anwendungen von Sprengstoffen Gefahr für das Leben anderer herbeigeführt worden ist, zu rechtfertigen versucht habe und „damit gleichzeitig böswillige, gehässige und von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates und der NSDAP gemacht zu haben, die geeignet sind das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu untergraben, wobei sie damit rechnen mußte, daß ihre Äußerungen in die Öffentlichkeit dringen werden.“ Laut diesem Anklageschreiben gilt sie „allgemein als sehr unwillige und bösartige Person“. E. M. wird am 10. April 1940 sowohl nach dem Sprengstoffgesetz (sic!) als auch nach dem Heimtückegesetz verurteilt. Laut Urteil benütze sie jede Gelegenheit über den nationalsozialistischen Staat und seine Führung zu schimpfen. Sie wird am 10. April „Im Namen des Deutschen Volkes“ zu zwei Jahren und sechs Monaten schweren Kerkers verurteilt.
Qu.: DÖW 11.400.
L.: Dokumentationsarchiv 1984b
Karin Nusko