Mataja Emilie, Ps. Emil Marriot, weiteres Ps. Hugo Valentin; Schriftstellerin und Dramatikerin

Geb. Wien, 20.11.1855
Gest. Wien, 5.5.1938

Herkunft, Verwandtschaften: Mutter: Barbara, geb. Gernerth (†1873); Vater: Anton Mataja, Prokurist, Kaufmann; Geschwister: Maria (*1853), Heinrich (1877-1937), Journalist und Politiker; Viktor (1857-1934), Sozialpolitiker.

LebenspartnerInnen, Kinder: 1874 für kurze Zeit verlobt mit Karl Emil Franzos (1848-1904), Dichter und Schriftsteller.

Freundschaften: In Wien war E. M. befreundet mit der Schriftstellerin Marie Eugénie Delle Grazie; mit der Schriftstellerin Helene Migerka, deren Schwester Else und deren Mutter Katharina, die frauenbewegt-sozialarbeiterisch tätig waren; mit der Komponistin Mathilde Kralik von Meyerswalden, der Opernsängerin Marie Formey und Christine Hebbel. Wurde unter anderem durch P. Heyse und L. von Sacher-Masoch unterstützt. Briefwechsel mit Julie Kalbeck.

Ausbildungen: Besuchte Natalie Kalmanns Mädchenlehranstalt, neben der Schule Sprach- und Literaturunterricht.

Laufbahn: Schrieb mit 12 Jahren ihr erstes Gedicht. Wurde durch Franzos veranlasst, Schriftstellerin zu werden. E. M. griff im Lauf ihrer persönlichen und schriftstellerischen Entwicklung zu recht unterschiedlichen philosophischen und/oder sozialkritischen Mustern: katholische Erneuerung, philosophischer Pessimismus, Anthroposophie; insgesamt gesehen vertritt sie frauenbewegte Kritik an den Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern, an der Doppelmoral usw. 1871 erschien ihre erste Arbeit in einer Wiener Tageszeitung. 1880 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. Ihr nächster Roman brachte den ersten großen Erfolg. Sie war von etwa 1880 bis 1910 Feuilletonistin der „Wiener Allgemeinen Zeitung“ und veröffentlichte bis nach dem Ersten Weltkrieg in weiteren Zeitungen und Zeitschriften. Ein Aufenthalt in Tirol regte sie zur Themenwahl aus dem Priestermilieu an. E. M. trat 1891 der Schriftstellervereinigung „Iduna“ bei und war aktive Mitarbeiterin im Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien. Zusammen mit den Frauen dieses Vereins war sie im Ersten Weltkrieg fürsorgerisch tätig. Sie hielt bis 1930 regelmäßig Lesungen und Vorträge in Vereinen und Einrichtungen der Frauenbewegung in Wien und Niederösterreich. Mit dem „Abgesetzten Mann“ (Roman, 1916) veröffentlichte sie den einzigen Roman aus der Wiener Frauenbewegung vor dem Ersten Weltkrieg. Vorbilder zu den handelnden Personen sind erkennbar. Die in den Nachkriegsjahren vollzogene Abkehr von naturalistischer Darstellung ließ sie am weiteren Erfolg ihrer schriftstellerischen Arbeit zweifeln und sie beendete diese lange vor ihrem Tod. Sie starb gänzlich vereinsamt. Ihre realistischen, von großem sozialen Engagement getragenen Romane und Erzählungen „aus dem Wiener Leben“ nehmen sich der sozialen Probleme der Zeit an, insbesondere der Stellung der Frau („Moderne Menschen“, 1893; „Anständige Frauen“, 1906), bleiben aber in einer kulturpessimistischen Sicht befangen.

Ausz., Mitglsch.: Mit den meisten der unter Freundschaften genannten und einigen weiteren Frauen verband E. M. auch gemeinsames Engagement und gemeinsame Arbeit, vor allem im Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien, der nicht nur Geselligkeit und persönlichen Austausch der in ihm Organisierten bezweckte, sondern vor allem auch finanzielle Selbsthilfe und Altersversorgung durch einen Pensionsfonds. (vgl. auch den Kontakt mit Dora Stockert-Meynert). E. M. hatte auch engeren Kontakt zu Frauen, die in der Schriftstellervereinigung „Iduna“ in Wien organisiert waren.1872 wurde sie durch Sacher-Masochs Schriften entscheidend beeindruckt, sie stand bis 1875 in dauerndem Briefwechsel mit ihm, der sie allerdings in ihrer Themenwahl nicht beeindruckte. Nach Veröffentlichung ihres ersten Romans (1880) lobte Heyse ihr Talent, kritisierte jedoch ihre Unreife und die Wahl pathologischer Stoffe. Ab 1882 verbrachte E. M. die Wintermonate in Berlin, wo sie Gedankenaustausch mit Harden, J. Wolff und Lindau pflegte. Von nur vorübergehender Wirkung war E. M.s Annäherung an katholische Kreise (R. v. Kralik sowie an katholische Blätter), denen die freie Religiosität E. M.s nicht entsprechen konnte. 1891, gleichzeitig mit ihrem „Iduna“-Beitritt, trat sie in freundschaftliche Beziehung zu Lemmermayer, der sie mit dem anthroposophischen Kreis um Steiner bekannt machte. E. M.s Hang zum Pessimismus war an Schopenhauer geschult.

E. M. vereinte in sich die Doppelbegabung zu lebendiger Handlungsführung und reflexivem Denken. Ihre ethischen Ansprüche an den Menschen und die Kunst ihrer Charakterzeichnung waren die Hauptgründe für ihren Erfolg bei einem breiten Lesepublikum.

Qu.: Wienbibliothek im Rathaus.

W. u. a.: „Egon Talmore“ (1880), „Familie Hartenberg“ (1883), „Die Unzufriedenen“ (1888), „Moderne Menschen“ (1893), „Caritas“ (1895), „Junge Ehe“ (1897), „Menschlichkeit“ (1902), „Anständige Frauen“ (1906), „Mein Werdegang. In: Die Zukunft“ (1914), „Der abgesetzte Mann“ (1916), „Das Sündengesetz“ (1920). Zahlreiche Novellen sowie Beiträge und Feuilletons in Zeitungen und Zeitschriften

L.: BLÖF, Byrnes 1977, Falkensammer 1949, Friedrichs 1981, Hall/Renner 1992, Keckeis/Olschak 1953-54, Meinel-Kernstock 1948, Kosch 1933, ÖBL, Pataky 1898, www.aeiou.at, www.onb.ac.at/ariadne/