Markstein Elisabeth, geb. Koplenig, Lisa, Ps. Anna Peturnig; Slawistin, Dolmetscherin und Übersetzerin

Geb. Wien, 18.4.1929

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Johann Koplenig, führender Funktionär der KPÖ; Mutter: Hilde Koplenig, Historikerin; Bruder: Ernst Koplenig.

LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit dem Schriftsteller Heinz Markstein (1924-2008). Drei Töchter.

Ausbildungen: Absolvierte eine Moskauer Mittelschule, studierte 1946 bis 1953 Slawistik und Osteuropäische Geschichte an den Universitäten Wien und Moskau, Dr.phil.

Laufbahn: Aufgrund seiner Aktivität in der KPÖ wurde Johann Koplenig von den Austrofaschisten verfolgt. Er flüchtete 1933 mit seiner Frau Hilde nach Prag. E. K. verlebte deshalb ihre ersten 6 Lebensjahre bei Pflegefamilien und in einem Kinderheim in Zürich, Reichenberg und Prag. Nach ihrem Schulbesuch in Prag emigrierte sie 1936 mit ihrer Familie nach Moskau. Wie alle anderen führenden Persönlichkeiten der Kommunistischen Internationale waren auch die Koplenigs im Hotel Lux untergebracht. Sie wohnten Tür an Tür mit Titos Sohn Mirko, dem Ehepaar Ulbricht sowie Ruth Fischer, die noch in den 1920er-Jahren die KPD führte. Während einer Reise auf dem Moskau-Wolga-Kanal erkrankte E. K. an Kinderlähmung. Georgi Dimitrow, Chef der Komintern, setzte sich für ihre Behandlung in Frankreich ein, wo die Mutter E.s bereits in der Illegalität agierte. Über Südfrankreich, Zagreb und Belgrad (wo sie neue Dokumente bekam) floh sie mit ihrer Mutter weiter über Kischinjew und Kiew zurück nach Moskau. Um sich für den revolutionären Kampf abzuhärten, schlief die begeisterte Pionierin in ihrem Zimmer im Hotel Lux neben dem Bett auf dem Fußboden. Die folgenden eineinhalb Jahre verbrachte sie mit ihrer Mutter auf einem ehemaligen Landgut. Im Jahr 1945 kehrte Johann Koplenig nach Wien zurück. Als Vizekanzler der provisorischen Regierung Renner unterschrieb er die österreichische Unabhängigkeitserklärung, das Gründungsdokument der Zweiten Republik. Im Sommer desselben Jahres folgten E. zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Bruder sowie Ruth Fischer nach. Zur Matura kehrte E. K. nach Moskau zurück, dort erlebte die Slawistikstudentin 1947/48 auch den Ausbruch des Kalten Krieges. Sie pflegte Kontakt zu russischen Dissidenten und Emigranten und wurde 1968 aus der KP ausgeschlossen. Sie schmuggelte Briefe Alexander Solschenizyns aus der UdSSR. Als dies bekannt wurde, wurde E. K. von der Sowjetunion mit einem mehrjährigen Einreiseverbot belegt. 1953 promovierte sie am Dolmetschinstitut in Wien mit einer Arbeit über „Gorki und den Sozialistischen Realismus“. 1956 bis 1958 am Dolmetschinstitut Wien tätig, arbeitete als Diplomdolmetscherin für Russisch, zunächst freiberuflich tätig. Gab ab 1966 am Dolmetschinstitut in Wien, Graz und Innsbruck Unterricht, hielt Gastseminare in Innsbruck. In den 1970er-Jahren wurde sie zu einer Anlaufstelle für prominente russische Emigranten-Schriftsteller, wie Jossif Brodskij, Wassili Aksjonow, Lew Kopelew. E. K. war 1975/76 Gastlektorin an der Universität Texas in Austin. 1973 Mitherausgeberin des Sammelbandes „Über Solschenizyn“, veröffentlichte zahlreiche Beiträge in russischen und deutschen Fachzeitschriften.

Ausz.: 1989 Österreichischer Staatspreis für literarische Übersetzungen.

W.: „Moskau ist viel schöner als Paris. Leben zwischen zwei Welten“ (2010), Ü.: „Alexander Solschenizyn: Archipel Gulag (unter Ps. Anna Peturnig)“, Teile von Wassili Grossman: Leben und Schicksal.“, „Fjodor Dostojewski: Der Spieler“, „Janusz Meissner: Wracks“, „Über Solschenizyn. (Mit-Hg.)“

L.: ÖNB 2002