Maria Anna; Kurfürstin von Bayern

Geb. Graz, Stmk., 13.1.1610
Gest. München, Bayern (Deutschland), 25.9.1665

Herkunft, Verwandtschaften: Tochter von Kaiser Ferdinand II. und Maria Anna von Bayern.

LebenspartnerInnen, Kinder: Als die 25-jährige M. A. 1635 in Wien auf väterlichen Wunsch den 65-jährigen Kurfürsten Maximilian I. von Bayern heiratete, kamen Bedenken auf, nicht nur wegen des großen Altersunterschiedes, sondern vor allem wegen der nahen Verwandtschaft. Die Erzherzogin war als Tochter seiner gleichnamigen Schwester die Nichte Maximilians. Aber M. A. erfüllte alle in sie gesetzten Erwartungen. Die erste Ehe Maximilians mit Elisabeth Renata von Lothringen war kinderlos geblieben. M. A. gebar ihm nun zwei Söhne, 1636 den Stammhalter Ferdinand Maria, der mit 16 Jahren die vielgerühmte Adelaide von Savoyen heiraten sollte, und 1638 den sehr begabten, aber in der diplomatischen Karriere wenig erfolgreichen Maximilian Philipp Hieronimus.

Laufbahn: Auch in Charakter, Lebensführung und Regierungsanschauungen ergänzten sich Maximilian und M. A. vortrefflich. Der Kurfürst war einer der bedeutendsten Wittelsbacher, tief religiös, begabt, gebildet und ein nüchterner Realist in Fragen der Politik und der Staatsverwaltung. M. A. war eine kluge Frau mit guter Erziehung, umsichtig, tatkräftig, streng, eine sparsame Hausfrau, in Fragen der Wirtschaft erfahren und an politischen Fragen interessiert. War auch das Motiv der Heirat in erster Linie ein dynastisches, so hätten sich die Ehepartner doch kaum besser ergänzen können. M. A. war weltlicher eingestellt als Maximilian, aber sie teilte die Ansichten des Kurfürsten und nahm an den Geheimen Ratssitzungen teil. So wunderte es Eingeweihte nicht, dass M. A. nach dem Tod Maximilians 1651 an die Spitze des Vormundschaftsrates für ihren ältesten Sohn trat. Nach dem letzten Willen des Kurfürsten regierte sie zusammen mit dessen Bruder Albrecht das Land bis 1654, dann übernahm Ferdinand Maria diese Aufgabe selbst. Die Mutter blieb aber seine Ratgeberin. Ferdinand Maria erhielt eine gute, aber nicht abgeschlossene Bildung. Die Mutter suchte ihm Disziplin, Demut und Autorität beizubringen, zog ihn aber aufgrund ihres stark ausgeprägten Herrschergefühls nicht zu den Regierungsgeschäften heran. Bei der deutschen Königswahl von 1653 votierte sie für ihr Geschwisterkind Ferdinand (IV.). Als Kardinal Mazarin für Ludwig XIV. die Kaiserkandidatur Ferdinand Marias betrieb, entschied M. A. zugunsten ihres Neffen Leopold (I.), der 1658 nach dem Tod seines Bruders Ferdinand zum deutschen Kaiser gewählt wurde. Das Haupt der französischen Partei am Münchner Hof war die vitale, der Poesie, Musik und dem Tanz zugetane Adelaide. M. A. war keineswegs habsburghörig. Ihr Handeln entsprang einer realistischen Einschätzung der politischen Möglichkeiten Bayerns. Vielfach pochte sie auf die Neutralität des Landes und wies ihren Sohn darauf hin, dass sie nach ihrem Ehevertrag von 1635 nicht nur 100.000 Gulden mit in die Ehe gebracht habe, sondern auch keinen Erbverzicht auf die Habsburgerländer geleistet habe, was nach Aussterben des österreichischen Mannesstammes ein Miterbe für sie und ihre Nachkommen bedeuten konnte. M. A. förderte die italienische Oper in München, nahm sich verschiedener Maler, so Nikolaus Prugger, an und setzte 1662 persönlich den Druck des dritten und letzten Teils der „Annales Boicae Gentis“ des Jesuitenpaters und Beichtvaters Maximilians, Johannes Vervaux, durch. Sie verbot auch den Tabakgenuss in Bayern.

W.: Briefe der Kurfürstin Maria Anna von Bayern (s. Mayr 1903)

L.: Hamann 2001, Mayr 1903, Ruepprecht 1895/96