Maria Amalie; Kaiserin und Kurfürstin von Bayern
Geb. Wien, 22.10.1701
Gest. München (?), Bayern (Deutschland), 11.12.1756
Herkunft, Verwandtschaften: Jüngere Tochter von Kaiser Josef I. und Amalie Wilhelmine von Braunschweig-Lüneburg.
LebenspartnerInnen, Kinder: Als absehbar war, dass das Habsburgererbe an eine Tochter fallen würde, suchte der bayrische Kurfürst Max Emanuel mit allen Mitteln für seinen Sohn Karl Albrecht die Hand der älteren Tochter seines Intimfeindes Kaiser Josef I., Maria Josefa, zu erlangen. Dies schaffte er nicht, aber 1717 wurde dem Erbprinzen die jüngere Kaisertochter M. A. versprochen. Die Erzherzogin ähnelte der Mutter, war klein von Statur, sehr lebhaft, durchaus selbstbewusst und sprach im Gegensatz zum damals üblichen Französisch ein „waschechtes Wienerisch“. Sie fügte sich zwar den politischen Gegebenheiten ihrer Ehe, war aber nicht geneigt, eine untergeordnete Rolle zu spielen. Nachdem das Brautpaar im Ehevertrag die österreichische Erbfolgeordnung nach der Pragmatischen Sanktion von 1713 anerkannt hatte, was einem Erbverzicht gleichkam, konnte 1722 die Hochzeit gefeiert werden. Die Erzherzogin erhielt 100.000 Gulden Mitgift und ca. eine Million Gulden an Schmuck. An der Planung der dreiwöchigen Feierlichkeiten in München war Cosmas Damian Asam beteiligt. Pietro Torti und Tommaso Albinoni schrieben die Festopern „Adelaide“ und „I Veri Amici“ − Aufführungen, die zu den strahlendsten Opernereignissen des 18. Jahrhunderts gehörten. Eusebius Amort gründete im Hochzeitsjahr die enzyklopädische Zeitschrift „Parnassus boicus“ und widmete das erste Heft dem jungen Brautpaar. A. gebar sieben Kinder, von denen drei jung starben. Ihre Tochter Antonia Maria Wallburga (1724-1780) heiratete Friedrich Christian von Sachsen, den späteren Kurfürsten; Maria Anna Josefa (1734-1776), Ludwig Georg, den Markgrafen von Baden-Baden; Maria Josefa (*1739) wurde die zweite Gemahlin Kaiser Josefs II. Der spätere Kurfürst Maximilian (III.) Josef (*1727) zählt zu den beliebtesten Herrschern Bayerns. Mit ihm starb 1777 die altbayrische Linie der Wittelsbacher aus.
Laufbahn: M. A. suchte der Mätressenwirtschaft und der Lebensweise ihres Gatten auf eigene Art zu begegnen. Sie beteiligte sich an der Jagd, an Festen, Reisen und der Politik, wurde nicht nur zur leidenschaftlichen Jägerin und zur hervorragenden Schützin, sondern bald zum Mittelpunkt des Hofes. Der Kurfürst ließ für sie von Francois Cuvillés dem Älteren das Jagdschloss Amalienburg im Nymphenburger Park bauen, eine Perle des Rokoko, ein „Silberschlößchen“. M. A. beteiligte sich 1729 an der Erneuerung des Georgi-Ritter-Ordens, holte zur Krankenpflege die Barmherzigen Schwestern nach München, dotierte sie mit 40.000 Gulden, baute ein geistliches Exerzitienhaus aus einer Gabe von 70.000 Gulden und legte 1727 den Grundstein zur Hironimitenkirche in Lehel, der späteren Franziskanerkirche St. Anna. Sie pflegte auch die Tradition der sogenannten Hof- oder Wittelsbacher Wallfahrten, so nach Altötting, Eichstätt, Padua und Loreto. Für Karl Albrecht blieb die österreichische Erbfolgefrage trotz des ausgesprochenen Verzichts offen. Er war wie sein Vater von den ältesten wittelsbachischen Ansprüchen überzeugt, die im Ehevertrag Herzog Albrechts V. von Bayern und Annas von Österreich von 1546 und im Testament Kaiser Ferdinands I. von 1543-1547 begründet zu sein schienen − wohl nicht wissend oder nicht beachtend, dass Kaiser Ferdinand das Erbrecht aller ehelichen Habsburger vorsah, also auch der Töchter. Karl Albrecht und M. A. erhoben nach dem Tod Karls VI. 1740 Anspruch auf das habsburgische Erbe. Kusine Maria Theresia war jedoch nicht bereit, nachzugeben. Karl Albrecht konnte seine Wahl zum Kaiser durchsetzen. So war mit der Kaiserkrönung Karl Albrechts zu Karl VII. in Frankfurt am Main 1742 und der folgenden Krönung M. A.‘s Krieg zwischen Bayern und Österreich. M. A. unterstützte ihren Mann zwar tatkräftig, zweifelte aber schon vor seinem Tod 1745 an der Möglichkeit einer Großmachtpolitik auf der Grundlage des bayerischen Kurfürstentums. Sie drängte ihren Sohn Max III. Josef zum Frieden und zum Ausgleich mit Wien. Sie drohte sogar, sie würde nach Wien übersiedeln und den Kontakt mit ihm abbrechen, wenn er dem Frieden (von Füssen) nicht zustimmte. Aber Max III. Josef war zu klug, als dass er nicht an die traditionelle Politik Maximilians I. und Ferdinand Marias angeknüpft hätte. Er nahm Abschied von einer bayrischen Großmachtpolitik. Maria Theresia anerkannte nun das Kaisertum Karls VII. und M. A.s und zahlte 40.000 Gulden, obwohl Bayern den Krieg begonnen hatte. M. A. lebte nach dem Tod ihres Mannes noch fast zwölf Jahre zurückgezogen in der Residenz. Sie geriet in den Ruf der Bigotterie.
L.: Hamann 2001