Margarethe von Schwangau; Frau Oswalds von Wolkenstein

Geb. ?
Gest. nach dem 23. Mai 1451 (letzte urkundliche Erwähnung)

Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: Ulrich (II.) von Schwangau und Adelheid Schwelcher.

LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit Oswald von Wolkenstein († 2. August 1445); Kinder: Oswald der Jüngere (†1498), verheiratet mit Barbara Trautson; Michael, Domherr in Brixen (†1457); Gotthard († vor Februar 1451); Leo († nach 1467); Friedrich (†1456); Maria, Klarissin in Brixen, später Äbtissin in Meran (†1457) sowie eine namentlich nicht bekannte Tochter.

Laufbahn: M. entstammte der aus der Ministerialität der Welfen und Staufer in die Reichsministerialität aufgestiegenen Familie der Herren von Schwangau. Ihr kleines, seit dem Ende des 13. Jahrhunderts entstandenes, keineswegs geschlossenes, jedoch reichsunmittelbares Herrschaftsgebiet am Nordrand der Alpen nahe Füssen, situiert entlang der alten Handelsstraße vom Vintschgau über den Reschenpass nach Landeck, Imst, Nassenreith und dem Fernpass nach Augsburg, grenzte im Norden und Osten an die Hofmarken der Klöster Steingaden, Rottenbuch und Ettal und reichte im Süden auch nach Tirol hinein. Attraktiv war das kleine Territorium vor allem durch die Ausstattung von diversen Jagd-, Fischerei-, Geleit-, Zoll-, Gerichts- und Vogteirechten.

Namensgebend für das Geschlecht, das sich im Spätmittelalter in mehrere, zeitweise untereinander ziemlich verfeindeter Linien verzweigt hatte, dürfte eine einfache Turmhügelburg im Dorf Schwangau nahe der Kirche St. Georg gewesen sein. Im Spätmittelalter waren es vier bescheidene Burgen (Vesten), die im Besitz der Schwangauer waren: Frauenstein am Berzenkopf, Vorder(hohen)- und Hinter(hohen)schwangau (aufgegangen in Neuschwanstein) und ein runder Turm, der Sinwellen-, Simperts- oder Scheiblingsturm, später Schwanstein (heute Schloss Hohenschwangau). Zu den Vorfahren der Schwangauer zählte auch der Minnesänger Hiltbold von Schwangau, der sich häufig in Tirol aufhielt und zum Gefolge des Grafen Albert von Tirol und dessen Schwiegersohn Gebhard von Hirschberg gehörte, in deren Urkunden er von 1221-1254 als Zeuge in Erscheinung tritt.

M. war die Tochter Ulrichs (II.) von Schwangau und der Adelheid Schwelcher aus einer alten schwäbischen Adelsfamilie. Auf einer der schwangauischen Burgen (wohl Hinterschwangau) ist M. aufgewachsen.

Sie hatte sich der Ritter, abenteuerliche Dichterkomponist, Sänger, Musiker, Diener und Rat König Sigmunds (reg. 1411-1437; Kaiser seit 1433) Oswald von Wolkenstein, der in seinen letzten Lebensjahren zu einem der wichtigsten und auch angesehenen Tiroler Adeligen avanciert war, bei dem die Fäden der Landespolitik zusammenliefen, als Gemahlin auserkoren. Damit reihte er sich unter jene Tiroler Adeligen ein, die das Konnubium mit zumeist ranghöheren Adelsfamilien in den benachbarten Vorlanden, Bayern und Schwaben suchten. So war schon Oswalds Schwester Barbara seit 1402 mit Heinrich von Freiberg und Eisenberg nahe Füssen verheiratet. Schließlich kam es noch zwei Mal zu einer ehelichen Verbindung zwischen Schwangauern und Wolkensteinern: Anna von Schwangau, eine mögliche Cousine M.s, wurde die Ehefrau von Berthold von Wolkenstein, dem ältesten Sohn von Oswalds älterem Bruder Michael, und M.s Bruder Johann (Hans) heiratete Oswalds Nichte Beatrix, eine Schwester Bertholds.

Die Mentalität des um sozialen Aufstieg bemühten haftete dem Zweitgeborenen des nicht sehr vermögenden Tiroler Landadelsgeschlechts Wolkenstein, eines Seitenzweigs der Herren von Villanders, Zeit seines Lebens an. Zunächst verdingte er sich als Ministeriale im Dienst des Bischofs von Brixen. Seit 1407 schließlich nach innerfamiliären Streitigkeiten ausgestattet mit einem Anteil am mütterlichen Erbe, darunter einem Drittel Anteil an der Burg Hauenstein bei Seis am Schlern samt Zubehör, aber erst nachdem er es als Gefolgsmann und Gesandter König Sigmund zu Ansehen und Vermögen gebracht hatte, konnte er sich bereits im Alter von etwa vierzig Jahren anschicken, sich standesgemäß zu verehelichen. Über M.s Alter bei der Eheschließung gibt es keine sicheren Anhaltspunkte.

Oswalds Hochzeit mit M. dürfte im (Spät-)Sommer oder Herbst 1417 (oder 1418) stattgefunden haben. Vom 20. Jänner 1419 datiert eine von Oswald von Wolkenstein ausgefertigte Verschreibung, die die Eheschließung mit M. bestätigt. Daraus geht hervor, dass Oswald vom Vater und Onkel M.s Ulrich und Bartholomäus von Schwangau ihm mündlich eine Heimsteuer von 500 rheinischen Gulden für M. zugesichert haben. Da die Schwangauer diese Summe nicht flüssig machen konnten, wurde Oswald mit einer Verpfändung eines Gutes in Bozen durch seinen Schwager Parzival von Weineck, der auf Burg Frangenstein bei Zierl residierte und mit M.s Schwester Magdalene verheiratet war, vertröstet. Den Beleg dafür wollte Oswald restituieren, sobald er einen Schuldbrief seitens der Schwangauer Verwandtschaft über die Heimsteuer ausgestellt bekäme, mit der Verpflichtung innerhalb der nächsten fünf Jahre jeweils eine Rate von 100 Gulden um Martini (11. November) auszubezahlen.

Das Paar bezog im Sommer 1418 die Waldburg Hauenstein, für M. ein nicht gerade standesgemäßer Wohnsitz. Mit seinem Hauensteinschen Erbe war aber auch ein bereits seit vierzig Jahren unausgeglichener Erbschaftsstreit an Oswald übergegangen, der nach der gewaltsamen Inbesitznahme der Burg durch den Wolkensteiner zum Ausbruch kam, hat das erste Jahrzehnt der Ehe überschattet (Streitbeilegung 1427). In die Auseinandersetzungen, die für ihn zweimalige Gefangenschaft, Folter und Flucht sowie eine Bürgschaft von 6 000 Gulden, mit der nach Oswalds Tod noch sein gleichnamiger Sohn befasst war, war auch Oswalds frühere Geliebte, die Schulmeisterstochter Anna Hausmann aus Brixen, als Fehdegegnerin verwickelt.

Im November 1419 tätigte Oswald eine fromme Stiftung für ein ewiges Licht in der Friedhofskapelle des Klosters Neustift bei Brixen, deren Patronin die Heilige Margarethe war.

In die Zeit des Streits um Hauenstein – Oswald hatte in seiner bedrängten Lage Asyl auf Burg Neuhaus bei Görz gefunden –, fällt M.s Überschreibung ihrer Erbansprüche nach dem Tod ihres Vaters 1426 an Oswald. Damit legte sie den Grund, dass ihr Mann 1434 vom König mit ihrem ererbten Anteil von Reichslehen belehnt und Angehöriger der Reichsritterschaft werden konnte, gewiss ein Höhepunkt in Oswalds Leben und willkommene Entschädigung für die nie oder nur teilweise ausbezahlte Heimsteuer.

M.s Leben auf Hauenstein dürfte nicht einfach gewesen sein, Oswald war weiterhin viel unterwegs und selten zu Hause. So oblagen ihr primär die Erziehung der mindestens sechs Kinder sowie die Verwaltungsgeschäfte der Burg und der Güter. Oswald hatte in ihr eine treue Gefährtin gefunden. Sie bemühte sich 1429 um Unterstützung in der Fehde Oswalds gegen Hans von Vilanders bei ihren Verwandten und Bekannten aus den Vorlanden und Schwaben. Sie stellte sich auch auf seine Seite, als er sich gegenüber seinem Schwangauer Schwager, M.s Bruder Georg, 1439 nicht eben redlich verhielt und die für ihn eingezogenen Zinsen in Vilnöß nicht herausgab.

Oswalds Wertschätzung für M. zeigt sich in acht seiner Lieder (Kl. 33, 68, 69, 71, 75, 77, 87, 97), in denen er ihren Namen in Koseform nennt und sie als „Gredli“, „Gredelein“, die „Gret“, das „traut weib“, das „auserwelte M“ oder mit ihren Namensinitialen spielt (Kl. 68, 97); in einem der Lieder (Kl. 110) preist er den roten Mund „von Schwaben her“ und die „stolze Swäbin“ und im sogenannten Hauensteinlied (?) (Kl. 44) zeichnet er von ihr das Bild einer energischen Frau und Mutter, die die Kinder von der schlechten Laune ihres Vaters in Schutz nimmt und sich deswegen mit ihrem Mann zankt. Ein einziges Mal führt er den Namen des Geschlechts an, dem M. entstammt, „ain weib…von Swangau“ (Kl. 104), eigenartigerweise mit negativer Konnotation. In drei Liedern, dem Neujahrslied (Kl. 71), dem derb-erotischen Badelied (Kl. 75) und dem Lied der Treueversicherung (Kl. 77) ist Os bzw. Ösli oder Öselein (Diminutiv von Oswald) M.s Dialogpartner. In diesen Liedern werden „ganz neue Dimensionen der Sinnenfreude, der Zärtlichkeit und Gefühlsinnigkeit erschlossen“, sodass hier erstmals in der deutschen Literatur eine Stilisierung eines biografisch fassbaren Paares als Liebespaar vorliegt, die zugleich durch die modern anmutende „neue Liebesauffassung“, die „von persönlichen Gefühlswerten, von einer neuen Gefühlsinnigkeit“ gezeichnet ist (Sieglinde Hartmann).

M.s Zuneigung für Oswald zeigt sich besonders in Briefen aus Oswalds letzten Lebensmonaten (Pörnbacher, Nr. V und VI). Besorgt um Gesundheit und Wohlergehen des seit dem Spätwinter 1445 kränkelnden Oswald, ihm mit Rat und Tat zur Seite stehend, lässt sie ihn wissen, als er sich im Mai in Meran am Landtag und anschließenden Beratungen aufhielt, wenn er länger bliebe, nach ihr zu schicken, um ihm zu dienen, „wann ich doch von euch nicht sein will, es sei da oder anderswa, lieber herr.“ (Pörnbacher, Nr. VI).

M. war dann auch im Sommer in Meran, wo Oswald mitten in den Verhandlungen über die Politik der Landschaft im Rechtsstreit gegen König Friedrich III. (reg. 1440-1493; seit 1452 Kaiser) am 2. August 1445 starb. Sie hat dann noch am selben Tag dem Landeshauptmann, die von Oswald verwahrten zwei Schlüssel zum Aufbewahrungsort des Vormundschaftsvertrags von 1439 über Herzog Sigmund von Tirol (reg. 1446-1490) und das Inventarverzeichnis der Schatzkammer ausgehändigt.

M. stand nun an der Spitze ihrer Familie. Am 9. September 1445 wurde ihr und ihren Söhnen vom Propst in Neustift, wo Oswald seiner Vorkehrungen gemäß begraben wurde, eine Bestätigung über den Rest der Schulden der Bestattungskosten ausgestellt. Tags darauf übergaben ihr ihre fünf Söhne Michael, Oswald, Gotthard, Leo und Friedrich in Kastelruth die Burg Hauenstein samt allem Zubehör. Bis zu Beginn des Jahres 1447 hat M. die Wirtschaft auf Hauenstein geführt und sich wohl im Frühjahr nach Brixen zurückgezogen. Dort war sie weiterhin in familiären Angelegenheiten aktiv. 1450 ist sie mit den Heiratsplänen eines ihrer Söhne befasst, im folgenden Jahr wird sie um Vermittlung in der Erbschaftsangelegenheit der Agnes Schneulin gebeten, mit der ihr Sohn Gotthard „unverdingt“, d. h. wohl ohne Heiratsverträge zusammengelebt hatte, anscheinend von ihr ausgehalten wurde und darüber hinaus noch bei seinem verfrühten Tod Schulden hinterlassen hatte. Ein Brief vom 23. Mai 1451 in dieser Angelegenheit, in dem sie ihrer Schwiegertochter ihre mütterliche Unterstützung und Zuneigung versichert, ist das letzte bekannte Zeugnis von M.

Von ihren fünf Söhnen hat einzig Oswald die Familie in der Linie Wolkenstein-Rodenegg fortgesetzt. Von den zwei Töchtern ist nur eine namentlich bekannt: Maria. Bekannt ist sie durch ihre aus adeligem Selbstbewusstsein gespeiste heftige Opposition als Konventualin des Klarissenklosters Brixen gegen Nikolaus Cusanus, der seit 1452 Bischof von Brixen war und das Kloster einer strengeren Observanz zuführen wollte.

L.: Cescutti 2003, Hallauer 2002, Hartmann 2004, Klein/Weiss/Wolf 1987, Kühn 2011, Mertens 1998, Pörnbacher 1983, Schwob 1977, Schwob 1998, Schwob 1999-2011, Schwob 2011

Ingrid Roitner