Margaretha von Werdenberg

Geb. um 1400
Gest. 1443

M. v. Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz, Margrete graefin von Werdenberg, lat. domina Margaretha comitissa de Werdenberg, mit leicht variierenden Vornamen Margarita, Margrete, Margreta, Margareth, wohl auch Gretli oder Gritli, ist 1412 bis 1443 urkundlich bezeugt.

Über ihr Geburtsdatum gibt es keine genauen Angaben. Gehen wir von der Vermutung aus, dass ihre Eltern 1383 geheiratet haben und sie das jüngste von sechs Kindern gewesen ist, so möchte man ihre Geburt um 1400 ansetzen. Auch ihre Verheiratung 1425 setzte ein gewisses Alter voraus, sie mag um 1400/05 geboren sein. Das Sterbedatum ist ebenfalls unbekannt. In einem Brief der Stadt Bern vom 1. März 1443 ist mit Bezug auf Thüring von Aarberg von sins gemachels seligen cleinoder die Rede. M. ist demnach vor dem 1. März 1443 gestorben. Wenn sie noch am 5. April 1443 vivens et compos mentis (lebend und im Besitz ihrer geistigen Kräfte) eine letztwillige Verfügung zum Heil ihrer Seele getroffen haben soll, so handelt es sich hier nur um eine nachträglich aus der Stiftungsurkunde vorgenommene Eintragung.

M. war die jüngste Tochter des Grafen Albrecht III. von Werdenberg und seiner Ehefrau Ursula Gräfin von Schaunberg (†1443). Als eine der Erbinnen ihres Vaters sowie auch ihres 1436 auf der Schattenburg in Feldkirch verstorbenen Onkels Friedrich von Toggenburg gelangte sie zu beträchtlichem Reichtum. Durch ihre Heirat mit dem Freiherrn Thüring von Aarburg, der bis 1424 dem geistlichen Stand angehört hatte, gelangte sie in die Lebensstellung der Gemahlin eines kleinen Territorialherren, der ihr standesmäßig unterlegen und von finanziellen Nöten geplagt war. Thüring war ein gebildeter Mann, der 1407 an der Universität Heidelberg studiert hatte. Er war Kaplan in Büron (Amt Sursee, Kanton Luzern), 1408/18 Propst von St. Mauritius in Amsoldingen (Amtsbezirk Thun, Kanton Bern), 1411 Propst in Beromünster (Amt Sursee, Kanton Luzern), 1416 Domherr in Straßburg und in Konstanz. Er war Erbe der Herrschaften Büron (Amt Sursee, Kanton Luzern), dem Stammbesitz der Familie, Gutenburg (Gemeinde Madiswil, Amtsbezirk Aarwangen, Kanton Bern) und Rued (Gemeinde Schlossrued, Bezirk Kulm, Kanton Aargau), einem Lehen der Herzöge von Teck. 1430-1451 wurden er und seine Frau M. durch einen Kauf Inhaber des Reichslehens Schenkenberg, einer Burg und Herrschaft in Thalheim (Bezirk Brugg, Kanton Aargau). Durch seine Frau kam er über die Toggenburger Erbschaft in den Besitz von Maienfeld und weiterer Herrschaftsgebiete unterhalb der Thur. Am 10. August 1446 verkauften Thüring von Aarburg und seine Tochter Verena dem Freiherrn Wolfhart V. von Brandis ihre Hälfte der Herrschaft Maienfeld für 6.411 Gulden.

Durch ihre Ehe war M. in eine andere Welt gekommen, die sich stark von der Adelswelt unterschied, in der sie bisher gelebt hatte. M. wurde Bürgerin von Bern. Hier wirkte zeitweise der Edelknecht Hans von Erlach als ihr Vormund in Geschäften, die sie bezüglich ihres Ehegutes mit ihrem Mann abschloss, bei denen dieser nicht als ihr Vormund mitwirken konnte. M. trat zudem 1455 in ein Landrecht mit Schwyz und Glarus ein. Sie hat den größten Teil ihres Lebens in den kleinen Schlössern und Herrschaften ihres Ehemannes im Aargau, Luzern und den Berner Untertanengebieten im Aargau verbracht. Thüring von Aarburg hatte ihr einen Teil seiner Herrschaftsrechte verschrieben, um ihr das in die Ehe eingebrachte Gut zu versichern. Dazu gehörte anfangs namentlich das Schloss Gutenburg im Oberaargau. In einer Erbvereinbarung vom 27. April 1430 in Bern wurde den Kindern aus der Ehe Thürings und Ms. für den Fall, dass der Vater vor der Mutter sterben sollte und die Mutter nicht bei ihren Kindern bleiben wollte auferlegt, dass sie ihr auf ihr Verlangen eine Behausung in Aarau oder Zofingen verschaffen oder ihr 100 Gulden zahlen sollten.

Aus der Ehe Ms. mit Thüring von Aarburg war eine einzige Tochter Verena (†1451) hervorgegangen. Verena von Aarberg war verheiratet mit Hans von Baldegg. 1451 musste Thüring von Aarburg seine Herrschaft an seinen Schwiegersohn Hans von Baldegg und dessen Bruder Markwart verkaufen. Die dem Haus Habsburg verpflichteten Baldegger waren den Eidgenossen ein Dorn im Auge, sodass Bern 1460 ihre Herrschaft besetzte und die Baldegger vertrieb. Gelegentlich mochte sie auch ihre Verwandten in Maienfeld und Chur besucht haben, d. h. ihre Schwester Verena und deren Ehemann Wolfhart V. von Brandis. Möglicherweise wurde sie auch Bürgerin von Brugg; jedenfalls hat Thüring von Aarburg 1435 das Burgrecht zu Brugg genommen. Es gab aber auch noch andere Anbindungen an die Heimat. So stellte Thüring von Aarburg 1430 einen Vogt, d. h. einen Beamten in leitender Funktion an, der im Alpenrheintal zu Hause war: Reinhart von Werdenberg, Basthart, also einen illegitimen Werdenberger.

M. erscheint am 1. Dezember 1415 auf Schloss Werdenberg in einer Urkunde, mit der ihr Schwager Wilhelm V. von Montfort betreffend Alt- und Neuschellenberg erklärt, dass er diese Burgen und Herrschaften unter Vorbehalt des Rückkaufs von seinem Schwiegervater Albrecht III. gekauft habe, dass dieser ein Rückkaufsrecht als gesetzliche Mitgift seinen Töchtern Katharina und M., die beide damals noch unverheiratet waren, übergeben hat. Man darf vermuten, dass M. damals persönlich auf Schloss Werdenberg anwesend gewesen ist. Am 24. Juni 1427 verzichteten M., bezeichnet als Gemahlin des Thüring v. Aarburg, und ihre vier Schwestern auf die Herrschaft Bludenz zugunsten von Erzherzog Friedrich von Österreich, nachdem dieser ihnen den Rest des Kaufschillings von 4.000 Gulden bezahlt habe. Eine Reihe weiterer Urkunden beziehen sich auf Verfügungen, die M. und ihren Mann Thüring von Aarberg betreffen. Am 26. Juli 1429 gewährte die Stadt Burgdorf den Eheleuten Thüring und M. einen Kredit von 814 Gulden gegen die entsprechenden Güterverpfändungen. Am Schluss dieser Urkunde kommt M. selbst zu Wort und verspricht: Ouch verjechen wir Margreth grefein von Werdemberg, dz dieser verkouf beschechen ist mitt únser gunst, wússend vnd guottem willen. Sie bekräftigte das mit ihrem Siegel. Um der Sache noch mehr Kraft zu verleihen, bat sie ihren Neffen Wolfhart VI. von Brandis (†1477), sein Siegel zu dem ihren hinzuzufügen. Diese Anwesenheit des Sohns ihrer Schwester Verena bezeugt einmal mehr das Nahverhältnis der beiden Schwestern M. und Verena.

M. v. W. hat ein Siegel hinterlassen, das von ihr in den Jahren 1429 und 1434 verwendet wurde, mit einem Allianzwappensiegel des Aarburger und Heiligenberger Wappenschilds. Die Umschrift in gotischer Minuskel lautet S. MARGRETE+ GRAEFIN+VON+ WERDENB’G.

M. ist vermutlich auf Schloss Rued gestorben und hat in der dortigen Kirche ihre letzte Ruhestätte gefunden. Eine am 23. November 1426 kurz nach ihrer Heirat gestiftete Jahrzeit wurde für M. v. W. und ihren Ehemann im Stift Beromünster am 15. März begangen. Angesichts ihres Todes 1443 stiftete M. für sich eine weitere Jahrzeit in Kirchrued. Auch Thüring von Aarburg hat vor seinem Tod 1457 für sich eine weitere Jahrzeitstiftung in Beromünster eingerichtet.

L.: Büchler-Mattmann 1976, Burmeister 2009, Krüger 1887, Merz 1901, Roller 1900-1908, Vanotti 1845/1988, Welti 1971

Karl Heinz Burmeister