Magdalena von Oettingen; Frau Ulrichs VII. von Montfort-Tettnang (†1520)
Geb. 1484
Gest. 22.4.1525
Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: Graf Ludwig von Oettingen (†1487) und Eva, Freifrau von Schwarzenberg; verheiratet mit Graf Ulrich VII. von Montfort (†1520). Kinder: Wilhelm IX. von Montfort-Tettnang (geb. 1490, †1509), Ursula I. (geb. 1491, † als Kind); Christine und ihre Zwillingsschwester unbekannten Namens (beide geb. u. †1492); Isolde (geb. 1493, † unbekannt); Eva (geb. 1494, †1509); Ludwig (geb. 1496, † als Kind); Ursula II. (1497-1526), verheiratet mit Leonhard, Freiherr von Fels; Katharina, Klosterfrau in Bamberg (geb. 1493, † unbekannt); Margarethe (1511-1523), verheiratet mit Graf Georg von Wertheim.
Laufbahn: M. wurde 1473 als einzige Tochter des Grafen Ludwig von Oettingen und der Eva Freifrau von Schwarzenberg, vermutlich in Oettingen bei Nördlingen geboren. Bereits im Alter von zehn Jahren wurde sie von ihren Eltern mit dem Grafen Ulrich VII. von Montfort-Tettnang verlobt. Mit der Erlangung der Ehedispens vom zweiten und dritten Grad der Verwandtschaft vom 14. Mai 1484 war die Voraussetzung für die Heiratsabrede, die die Väter des künftigen Brautpaares im Februar 1485 trafen, geschaffen. Der Vertrag wurde vom Bräutigam, Graf Ulrich VII. mitgesiegelt, was bedeutet, dass er bereits die Volljährigkeit erlangt hatte. Die Heiratsvereinbarung gehört in die Hauspolitik des schwäbischen Adels, der sich durch das bereits wiederholt praktizierte Konnubium der drohenden Mediatisierung durch die Fürsten und das Reich entzog. Für das versprochene Heiratsgut und die Morgengabe von 4.000 Gulden Kapital und 5% Zinsen (=200 Gulden) wurden die Burg Tettnang und andere Reichslehen zur Sicherstellung eingesetzt.
1486 fand die Hochzeit statt. Vom 5. September datiert eine Urkunde durch die Herzog Georg von Bayern dem Grafen Ulrich VII. und seiner Frau Magdalena 8 000 Gulden als Kaufpreis für die von Vater und Schwiegervater herrührende Erbschaft zuspricht. Eine weitere Urkunde vom 6. Oktober 1488 zeugt davon, dass Graf Ulrich V. seiner Schwiegertochter M. für das väterliche und mütterliche Erbgut in Höhe von 15.000 Gulden sowie 750 Gulden Zinsen pro Jahr Schloss, Stadt und Herrschaft Tettnang als Sicherheit gestellt hat.
Als 14jähriges Mädchen, finanziell gut abgesichert, jedoch bereits ohne Eltern, zog M. zu ihrem Mann Graf Ulrich VII. auf das Schloss Tettnang. Er hatte den Beinamen „der Schöne” ob seiner starken und ansehnlichen Gestalt erhalten. Ulrich VII. erweiterte 1498 noch seinen Besitz um das Schloss Flockenbach durch Kauf, zeigte aber anders als seine Vorfahren kaum mehr Expansionsdrang, vielmehr verkaufte er das eine oder andere Gut und begann von der Substanz zu leben.
Während ihrer Ehe mit Ulrich VII. trat M. wenig in Erscheinung. Sie gebar Ulrich VII., der 1520 verstarb, zehn Kinder, zwei Knaben und acht Mädchen. Der älteste Sohn Graf Wilhelm IX., 1490 geboren, gab zu berechtigten Hoffnungen Anlass, er starb jedoch bereits im Alter von zwanzig Jahren 1509. Der andere Sohn Ludwig, geboren 1496, starb vermutlich in noch jüngeren Jahren. In jungen Jahren starben auch die Töchter Ursula, geboren 1491 sowie die 1492 geborenen weiblichen Zwillinge, von denen eine Christina hieß.
Von den fünf überlebenden Töchtern ist die 1494 geborene Eva die herausragendste. 1509 ehelichte sie den Freiherrn Christoph von Schwarzenberg, den Sohn des Hofmeisters zu Bamberg. M. setzte Eva als ihre Haupterbin ein, jedoch starb diese bereits am 6. März 1527. In ihren Besitz kam das Gebetbuch ihrer Mutter, das sich heute in Nürnberg befindet (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 1737). Bernhard Strigel (1460-1528) hat von ihr ein Porträt gemalt (Abbildung: Otto, Nr. 146). Die aus dieser Ehe hervorgegangene Tochter Magdalena, wohl benannt nach der Großmutter, hat später Hugo XVI. von Montfort-Tettnang-Rothenfels (†1564) geheiratet, sodass M.s Erbe wieder an die Montforter zurückfiel.
Die Tochter Ursula (1497-1526) war mit dem Freiherrn Leonhard von Fels verheiratet, die Tochter Margarethe ehelichte 1511 Graf Georg von Wertheim. Ursula erbte das heute in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien aufbewahrte Gebetbuch (Codex). Die beiden anderen Töchter gingen ins Kloster. Die älteste Tochter Ysolde leistete 1506 einen Erbverzicht und die jüngere 1499 geborene Katharina verzichtete 1512 auf ihr Erbe. Sie trat ins Dominikanerinnenkloster zum Heiligen Grab in Bamberg ein.
M. dürfte ihre Töchter bewusst zu selbstständigen Frauen erzogen haben, wie eine Episode im Zusammenhang mit ihrer Tochter Ursula zeigt. Diese war bereits als Baby mit dem damals 9jährigen Georg III. Truchseß von Waldburg (1488-1531) verlobt worden. 1506 löste Georg die Verlobung einseitig, da M. geäußert haben soll, dass sie ihm ein Weib erziehen werde, das ihm das Kraut aus den Ohren blase.
Die Sorge, keinen männlichen Nachkommen zu haben, dürfte wohl mit der Stiftung der Annakapelle auf Schloss Tettnang 1513 in Zusammenhang stehen. Der Altarflügel wurde von Bernhard Strigel (†1528) geschaffen. M. ist dargestellt mit aufgeschlagenem Gebetbuch in den Händen, aufgeschlagen ist ein lateinischer Hymnus an die heilige Anna, der Patronin der werdenden Mütter und kinderlosen Frauen. Mit der Schaffung von Annenkapelle und Annenaltar sowie der Darstellung des Annenhymnus wandten sich Graf Ulrich VII. und seine Frau M. gleich drei Mal an die heilige Anna, um so den ersehnten männlichen Erben zu erhalten.
Mit M. stehen auch zwei Gebetbücher in Zusammenhang. Die Handschrift Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Codex 2748, wurde im Auftrag des Grafen Ulrich VII. hergestellt. Es lässt sich nicht exakt entscheiden, ob die Handschrift für ihn persönlich oder seine Frau M. hergestellt wurde. Das Allianzwappen im Stifterbild (folio 1v) vereinigt die beiden Häuser Montfort und Öttingen. Das betende Ich im Text weist keine weiblichen Bezeichnungen auf. Dieses Gebetbuch ging vielleicht nach M.s Tod an die Tochter Ursula und war um 1580 in die Familie der Fugger gelangt. Das andere Gebetbuch, das sich heute in Nürnberg befindet (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 1737), erbte die Tochter Eva. Nach ihrem Tod machte ihr Mann Christoph von Schwarzenberg Eintragungen die Ehe mit Eva und seine zehn Kinder betreffend. Es trägt in der wissenschaftlichen Literatur den Namen „Gebetbuch der Eva von Schwarzenberg”. Was die Handschriften besonders wertvoll macht, sind die von professionellen Buchmalern ausgeführten Illustrierungen. Am kostbarsten ist die Wiener Handschrift, in der sich auch das Stifterpaar hat abbilden lassen.
Der ersehnte Erbe blieb aus. Am 23. April 1520 starb Graf Ulrich VII. und wurde im Kloster Langnau begraben. Noch zu Lebzeiten ihres Mannes hatte sie mit Zustimmung ihres Mannes den Plan gefasst und Vorkehrungen getroffen, die Herrschaft über Tettnang bei allfälligem Ableben ihres Mannes selbst zu übernehmen. M.s Leben tritt nun in eine neue Phase. Ihr neuer Status als Witwe ist auch durch ein Witwensiegel aus demselben Jahr, in dem ihr Mann starb, dokumentiert. Es zeigt das Allianzwappen Montfort/Öttingen mit der Siegelinschrift „S(igillum) Magdalena. Z(u) Montfort Z(u) Ötingen.” sowie das Wort „WITIB” über dem Wappen und die Jahreszahl 1520 unter dem Wappen (Abb. Liesching, 42, Nr. 71). Datierte Siegel sind äußerst selten. M. blieb allerdings nicht lange Witwe. Angeblich noch 1520 heiratete sie einen Vetter ihres Mannes Graf Johann I. von Montfort-Tettnang-Rothenfels (†1529). Sie ging auch sogleich daran, die Herrschaft über Tettnang zu übernehmen und rechtlich abzusichern. Am 4. Juli 1520 nahm sie den Tettnangern den Huldigungseid ab, während sie ihrerseits die städtischen Privilegien bestätigte. Am 26. Januar 1521 vindimierte der Bischof von Konstanz jene Urkunde vom 5. Mai 1495, mit der Ulrich VII. von Montfort von König Maximilian I. mit Tettnang belehnt worden war. Am 7. Mai 1521 schließlich belehnte Kaiser Karl V. M. mit der Herrschaft Tettnang und dem Blutbann. Als Lehensträger bzw. Treuhänder fungierte gemäß dem Lehensrecht Graf Johann, der jedoch gegenüber seiner Frau weisungsgebunden war.
Gräfin M. verfolgte auch interessiert die neuen humanistischen und reformatorischen Strömungen. Der aus Langenargen stammende Humanist und spätere Reformator Urbanus Rhegius (†1541) hielt sich in den Jahren 1522-1524 wiederholt in Burg und Stadt Tettnang auf. In diese Zeit fällt auch seine Entscheidung für die Reformation. Die deutsche Übersetzung der Auslegung des Paulusbriefes an Titus des Erasmus von Rotterdam (†1536) widmete er M. am 20. März 1521. Aus dem Widmungsbrief geht hervor, dass Urbanus Rhegius bereits Jahre zuvor der Gräfin auf deren Bitten hin die Psalmen ausgelegt habe. Auch der Aufenthalt des bekannten oberschwäbischen Humanisten Michael Hummelberg (1487-1527) am 10. November 1522 auf der Burg Tettnang ist wohl auf Einladung der Gräfin erfolgt. Für die Reformation war aber die Gräfin letztlich nicht zu gewinnen.
M. v. M. starb am 22. April 1525. Aufgrund der Bauenrunruhen war es nicht möglich, dass sie in der Erbgrablege der Montforter im Kloster Langnau an der Seite ihres ersten Mannes ihre letzte Ruhe fand. So wurde sie in der Grabkapelle der Schwarzenberger, der Familie ihrer Tochter Eva im Franziskanerkloster in München beigesetzt. Mit Graf Ulrich war die männliche Nebenlinie der Grafen von Montfort-Tettnang ausgestorben und die Güter fielen nun nach M.s Tod an die Linie der Grafen von Montfort-Rothenfels-Argen zurück.
Abbildungen: 1. M. ist in dem in Wien aufbewahrten Gebetbuch in den Miniaturen dargestellt (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Codex 2748): folio 1v: M. und ihr erster Mann Graf Ulrich VII. von Montfort-Tettnang sind als Dreiviertelfiguren zu sehen, darunter ihr Wappen;
folio 183v: M. ist beim heiligen Messopfer im Gebetsgestühl porträtiert.
2. Darstellung am ehemaligen Altarflügel von Tettnang (heute Schloss Harburg, Gemäldesammlung des Hauses Oettingen-Wallerstein): das Bildnis an der Außenseite des linken Flügels des Annenaltars der 1513 gestifteten Annenkapelle in Tettnang von Bernhard Strigel zeigt die damals 40jährige Stifterin in einem dunklen Kleid mit brokatenem Granatapfelmuster. Um den Hals trägt sie eine Kette mit einem Antoniuskreuz, was auf ihre Mitgliedschaft bei einer Antoniusgilde oder als Amulett gegen die pestartigen Krankheiten zu deuten ist. Auch ist eine Ähnlichkeit zwischen der Stifterin und der auf der Innenseite des linken Flügels dargestellten heiligen Anna zu konstatieren (Abb. Otto, Nr. 80); In ihrem Gebetbuch das sie aufgeschlagen in der Hand hält, ist deutlich ein lateinischer Annenhymnus, der mit der Preisung der „glücklichen Empfängnis” der Anna endet (Abb. Otto, Nr. 83; Märker, 73).
L.: Burmeister 1992, Burmeister 1997a, Liebmann 1980, Liesching 1982a, Märker 1982, Ochsenbein 1982, Otto 1964, Vochezer 1888/1900
Ingrid Roitner