Maché Anna; Näherin und Handelskorrespondentin

Geb. Brünn, Mähren (Brno, Tschechien), 3.3.1890
Gest. Wien, 12.6.1942

A. M. wird am 3. März 1890 in Brünn geboren. Sie übersiedelt 1911 nach Wien und lernt hier 1917 den russischen Berufsrevolutionär Leo Suniza (Lew Borissowitsch Suniza mit Bucharin befreundeter bolschewistischer Emigrant) kennen. Dieser war wegen bolschewistischer Betätigung im zaristischen Russland zu drei Jahren Verbannung verurteilt worden. Um der Verbannung zu entgehen, flüchtete er im Jänner 1914 nach Wien. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wird er zunächst interniert, doch bald darauf durch die Vermittlung Victor Adlers freigelassen. Am 12.12.1917 gründet er mit anderen russischen Emigranten die „Wiener bolschewistische Gruppe“. Sowohl A. M. als auch Leo Suniza begründeten am 3.11.1918 in Wien die KPDÖ mit. Bald danach, am 14.11.1918, wird Suniza verhaftet und aus Österreich ausgewiesen. Er kehrt nach Sowjetrussland zurück. A. M. und der gemeinsame Sohn Leo bleiben in Wien.

A. M. arbeitet Anfang der 20er Jahre als Telefonistin in der sowjetischen Botschaft in Wien. Später ist sie dort als technische Arbeitskraft in der von Susanne Leonhard geleiteten Presseabteilung tätig und arbeitet im Presse-Archiv der sowjetischen Botschaft. Sie lernt in dieser Zeit auf der Schreibmaschine zu schreiben und diese Kenntnisse verschaffen ihr einen Posten als Korrespondentin in der sowjetischen Handelsvertretung. Ende Mai 1931 übersiedelt A. M. mit ihrem Sohn nach Moskau und arbeitet dort als Korrespondentin und Übersetzerin in der Außenhandelsgesellschaft für Export und Import von Werkzeugmaschinen (Stankoimport). 1934 wird sie aus Mangel an Wachsamkeit entlassen. Diese dubiose Anklage bedeutete für viele SowjetbürgerInnen Lagerhaft. Das „Verbrechen“, das sie sich zuschulden kommen ließen, bestand meist in der Verweigerung zur Denunziation von MitarbeiterInnen, Bekannten oder Familienmitgliedern.

A. M. war anschließend als Buchhalterin bei der Gummifabrik „Kautschuk“ tätig. Leo Suniza wird im April 1935, im Alter von 58 Jahren, verhaftet und in das gefürchtete Goldabbaulager an der Kolyma gebracht. Er ist dort wahrscheinlich 1944 umgekommen. A. M.s Verhaftung erfolgt im September 1937. Ihr Weg durch die sibirischen Straflager führt sie von Kotlas, dem nördlichsten Eisenbahnpunkt der Sowjetunion, in das Kohleabbaulager Workuta jenseits des Polarkreises. Die weiblichen Häftlinge mussten die 1000 Kilometer von Kotlas bis Workuta zum Großteil zu Fuß zurücklegen. 1939 wird A. M. zum Invalidenlagerpunkt Adak gebracht, schon bald darauf muss sie sich einer Kieferkrebsoperation in Workuta unterziehen.

Der Sohn von A. M. erhält keine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für die Sowjetunion. Er muss im Februar 1938 das Land verlassen. A. M. wird 1940 wie viele deutsche und österreichische KommunistInnen in der Zeit des Hitler-Stalin-Paktes an Deutschland ausgeliefert. Sie stirbt am 16. Juni 1942 in Wien.

L.: Hautmann 1971, Leonhard 1956, Schafranek 1990, Schafranek 1991

Karin Nusko