Lobe Mira, geb. Hilde Mirjam Rosenthal; Kinderbuchautorin
Geb. Görlitz, Schlesien (Zgorzelec, Polen/Deutschland), 17.9.1913
Gest. Wien, 6.2.1995 (3.2.)
Herkunft, Verwandtschaften: M. L. wuchs in einer wohlhabenden Familie auf. Vater: Martin Paul Rosenthal (*1878), Mitbetreiber einer Destillat- und Likörfabrik, leitete den Synagogenchor. Mutter: Nanni Berta Elsa Matzdorff, Mitglied der literarischen Gesellschaft und im Kunstverein, Schwester Ruth.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1940 Heirat mit Friedrich Lobe (eigentlich Löbenstein, 1894-1958), Schauspieler und Regisseur. Lebte nach dessen Tod mit dem Buchhändler Hans Eberhard Goldschmidt (1908-1984) zusammen. Tochter Claudia (*1943), Sohn Dr. Reiner (Reinhardt, *1947), ÖMV-Angestellter.
Ausbildungen: Ihre Kindheit verbrachte M. L. in Deutschland. Schon damals begann sie Märchen zu schreiben. Als sie 14 war starb der Vater. Die Mutter zog daraufhin zu ihrer Mutter nach Friedeberg am Queis, M. L. kam nach Rabenberg und lebte bei der Familie eines Lehrers. Sie trat der Sozialdemokratischen Arbeiter-Jugend bei und wäre fast aus dem Mädchengymnasium ausgeschlossen worden. Sie wollte Germanistik und Kunstgeschichte studieren und später Journalistin werden. Doch die Universität war ihr aufgrund der jüdischen Abstammung verschlossen. Deshalb begann sie Hebräisch und Maschinestricken zu lernen um sich auf eine Auswanderung nach Palästina vorzubereiten.
Laufbahn: 1936 erhielt M. L. das dafür erforderliche Zertifikat. Die erste Zeit war sie unter anderem als Putzfrau und Hausgehilfin tätig, schließlich arbeitete sie in Bet Hachaluzot an einer Strickmaschine. 1943, während ihr erstes Kind unterwegs war, begann sie abends, auf Drängen ihres Ehemannes zu schreiben. Während des Tages war sie in einer Druckerei beschäftigt. Ein Kinderbuch mit dem Titel „Insu-Pu“, das ins Hebräische übersetzt, 1948 publiziert wurde und sehr schnell Beachtung fand, entstand. Da ihr Mann 1950 einen Vertrag in Wien erhielt, zog die Familie Lobe dorthin. M. L. setzte ihre schriftstellerische Tätigkeit hier fort. 1957 folgte sie ihrem Mann, der einen Vertrag in Ostberlin erhalten hatte. Heimweh, die DDR-Ideologie und andere Ansichten über die Inhalte von Kinderbüchern machten M. L. den Aufenthalt nicht leicht. Ein Jahr später schon nahm sie die Möglichkeit wahr, nach Wien zurückzukehren. Einige Kurztexte, bebildert von Susanne Weigel erschienen in der ZU (Unsere Zeitung. Die billigste Kinderzeitung Österreichs). Sie setzte sich in ihren Büchern für die Schwächeren, die Außenseiter ein. Außerdem beschäftigte sie sich mit den großen Sozialtheorien der Gegenwart und ließ diese auch immer wieder in ihre Kinderbücher einfließen. Ihr wichtigstes Erziehungsziel war, Kinder und Jugendliche gemeinschaftsfähig zu machen. Ihre Bücher wurden in die meisten europäischen Sprachen sowie ins Amerikanische übersetzt und gelten als zeitlos. M. L. zählt zu den bekanntesten und produktivsten Kinderbuchautorinnen Österreichs. Ihre Werke wurden unter anderem von Susi Weigel, Angelika Kaufmann, Christina Oppermann-Dimow und Winfried Opgenoorth illustriert.
Ausz., Mitglsch.: 10x Österreichischer Kinderbuchpreis, 1961, 1965, 1968 und 1970 Preis der Stadt Wien, 1961 Internationalen Andersen-Preis für „Hannes und sein Bumpan“, 1965 Österreichischer Staatspreis für Jugendliteratur, 1980 Erste Trägerin des Österreichischen Würdigungspreis für Kinder- und Jugendliteratur, 1988 Eulenspiegelpreis der Stadt Schöppenstedt.
Sie war Mitglied einer zionistischen Jugendgruppe und des österr. Schriftstellerverbandes. M. L. gehörte zu einer informellen Gruppe Wiener Jugendautoren, von der die Serie „Das Lesehaus“ gestaltet wurde.
spez. Wirkungsbereich: Eine der beliebtesten und erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautorinnen Österreichs. Viele ihrer Bücher wurden übersetzt, auch im nicht deutschsprachigen Ausland weithin bekannt. Hinter ihren Büchern steht ein starkes soziales und sozialistisches Engagement. Ihr Buch „Das kleine Ich bin ich“ kann geradezu als psychotherapeutisches Mittel zur Selbstfindung von verunsicherten kleinen Außenseitern gesehen werden.
Qu.: Dokumentationsstelle für neuere österr. Literatur: Mappe mit Zeitungsartikeln; Literaturhaus/Exilbibliothek.
W.: „Kadoret Hatchelet. (Der himmelblaue Luftballon)“ (1942), „HaShlosha MiShchunath Machlul. (Die drei aus dem Machlul-Viertel)“ (1946), „ Shnej Ra‘im Jatzu LaDerech. (Zwei Kameraden zogen los)“ (1947, mit Jemimah Tschernowitz), „Insu-pu. Die Insel der verlorenen Kinder. (hebräisch: I-Hajeladim)“ (1948), „Anni und der Film. Mädchenroman“ (1952), „Ohne Hanni geht es nicht“ (1952), „Herr Hecht und der Geheimverein. Theaterstück für Kinder“ (im März 1953 am Neuen Theater in der Scala unter der Regie von Otto Taussig in Wien uraufgeführt), „Der Tiergarten reißt aus“ (1954), „Der Bärenbund. Die Sieben von Bäbu“ (1954), „Hänschen klein…“ (1954), „Der Anderl. Der Speckbacherbub erzählt vom Tiroler Freiheitskampf 1809“ (1955), „Ich frag dich was, Herr Doktor“ (1956), „Flitz, der rote Blitz“ (1956), „Bärli Hupf – Die ganz unglaubliche Geschichte von einem Teddybären und seinem Freund Kasperl“ (1957), „Die Bondi-Mädels“ (1957), „Titi im Urwald“ (1957), „Ich wünsche mir einen Bruder“ (1958), „Die Geschichte von Tapps“ (1958), „Die vorwitzigen Schwestern“ (1959), „Ich und du in Stadt und Land“ (1959), „Rätsel um Susanne“ (1960), „Wohin mit Susu?“ (1960), „Das fünfte Entlein“ (1961), „Hannes und sein Bumpan“ (1961), „König Tunix“ (1962), „Das große Rennen von Murmelbach“ (1963), „Die verlorene Zeit (Theaterstück)“ (1964), „Bimbulli“ (1964), „Meister Thomas in St. Wolfgang“ (1965), „Laßt Euch drei Geschichten erzählen“ (1965), „ Die Omama im Apfelbaum“ (1965), „Das große Rentier und zwei andere Geschichten“ (1966), „Pepi und Pipa“ (1966), „Meine kleine Welt“ (1966), „Martina, der rettende Engel“ (1966), „Eli Elefant“ (1967), „Das blaue Känguruh“ (1968), „Bärli hüpft weiter und mit ihm Kasperl und Nunuk, das Eisbärenkind“ (1968), „Der kleine Drache Fridolin“ (1968), „Maxi will nicht schlafen gehen“ (1969), „Schatten im Auwald“ (1970), „ Das Städtchen Drumherum“ (1970), „Denk mal Blümlein“ (1971), „Das kleine Ich bin Ich“ (1970), „Katzenzirkus“ (1973), „Willi Millimandl und der Riese Bumbum“ (1973), „Kein Sterntaler für Monika“ (1973), „Nikonorr, der Winterzauberer“ (1973), „ Der tapfere Martin“ (1973), „Die Räuberbraut. Mädchenroman“ (1974), „Das Zauberzimmer“ (1974), „Komm, sagte die Katze“ (1974), „ Ingo und Drago“ (1975), „Der ist ganz anders, als ihr glaubt“ (1976), „ Komm, sagte der Esel“ (1976), „Das Schloßgespenst (Comics)“ (1976), „Ein Vogel wollte Hochzeit machen. Lauter schöne Tiergedichte“ (1977), „Dann rufen alle Hoppelpopp“ (1977), „Die Zaubermasche − Das Schloßgespenst“ (1977), „Guten Abend, kleiner Mann“ (1977), „Daniel und die Schlafhaubenlernmaschine“ (1978), „Pfui, Ponnipott“ (1978), „Morgen komme ich in die Schule“ (1979), „Rote Kirschen ess ich gern“ (1979), „Hokuspokus in der Nacht“ (1979), „ Johnny und seine Freunde“ (1979), „Moritz Huna, Nasenriecher“ (1980), „Der Apfelbaum“ (1980), „Es ging ein Schneemann durch das Land“ (1980), „Valerie und die Gute-Nacht-Schaukel“ (1981), „Der kleine Troll und der große Zottel“ (1981), „Tiny“ (1981), „ Ein Pilzkorb ist kein Regenschirm“ (1982), „ Das quick-fidele Borstentier. Eine Geschichte in Versen“ (1982), „Schau genau, wo ist die Frau?“ (1983), „Der Dackelmann hat recht. Ein lustiges Buch vom Straßenverkehr“ (1983), „Christoph will eine Fest“ (1984), „Ein Haustier für Frau Pfefferkorn“ (1984), „Leb wohl, Fritz Frosch“ (1985), „Die Geggis“ (1985), „Benni und das Waldkind“ (1985), „Die Yayas in der Wüste“ (1986), „Schweinchen Knut mit dem Hut“ (1986), „Schweinchen Knut und Entchen Ruth“ (1986), „Lollo“ (1986), „Das kleine Hokuspokus“ (1988), „Käptn Reh auf hoher See“ (1989), „Die Sache mit dem Heinrich“ (1989), „ Ein Schnabel voll für Hoppala“ (1989), „ Pitt will nicht mehr Pitt sein“ (1990), „Wirle Wurle Wasserkind“ (1990), „Ein Hobby für Frau Pfefferkorn“ (1990), „Das fliegt und flattert, das knistert und knattert“ (1991), „Meister Thomas in St. Wolfgang“ (1993), „ Der entführte Fridolin und andere Geschichten mit Anja und Niko“ (1991), „Das Schloßgespenst macht Dummheiten“ (1992), „Laura im Traumbaum“ (1992), „Dobbi Dingsda fängt ein Monster“ (1993), „Die schönsten Tiergeschichten“ (1994), „Zwei Elefanten, die sich gut kannten“ (1996), „Eine Geschichte vom Nikolaus“ (1997), „Große Freunde – kleine Freunde. 16 Geschichten“ (1998)
L. u.a.: Binder 1968, Binder 1982, BLÖF, Bolbecher/Kaiser 2002, Dorner 1992, Duchkowitsch/Schnögl 1985, Fuss Philipps 2001, Giebisch/Gugitz 1964, Harranth 1993, Hladej 1968, Internationales Institut für Jugendliteratur und Leseforschung 1994, Jambor 1960, Kinder- und Jugendliteratur im Exil 1933-1950 1999, Lexe/Seibert 2005, Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur 1977, Marcher 1996, Mira Lobe 1993, ÖNB 2002, Pernerstorfer 1988, Pfaffenwimmer 1993, Pimmer 1994, Seeber 1998, Steuer 1988, Stock 1995
Susanne Blumesberger