Ley-Piscator Maria, geb. Friederike Czada, Maria Ley, Maria Ley-Deutsch, Maria Piscator, Ps. Claude Viennet; Tänzerin, Choreografin, Regisseurin, Schriftstellerin
Geb. Wien, 1.8.1899 (1898, 1900?)
Gest. New York City, New York, USA, 14.10.1999
M. L.-P. wurde 1899 als Tochter des Stadtbaumeisters und Architekten Edmund Czada (1861-1920) und der Pianistin Frederike Brunswick de Korompa (geb. 1876) in Wien geboren. Nach dem Besuch der Handelsakademie in Wien erhielt sie eine klassische Ballettausbildung bei Cäcilie Cerri. Ihre Karriere als Tänzerin führte sie von Wien zunächst nach Bukarest, schließlich nach Berlin, Paris, London und New York. Im Auftrag Max Reinhardts besorgte sie die die Choreografie zu Molières „Der eingebildete Kranke“ bei den Salzburger Festspielen 1923, später von Shakespeares „Ein Sommernachtsraum“. Daneben betätigte sie sich schriftstellerisch und veröffentlichte 1924 den Band „Das tanzende Ich“, der Kurzprosa und Gedichte enthält. Mit ihrem zweiten Ehemann, dem deutschen Industriellen Frank Gerhard Deutsch übersiedelte sie Anfang der dreißiger Jahre nach Paris, wo sie als Dramatikerin in Erscheinung trat („Lendemain“, „Le chien dangereux“, zus. m. Gaston Bergame). 1934 promovierte sie an der Faculté des Lettres der Sorbonne mit einer Dissertation über Victor Hugo. 1936 traf sie in Salzburg erstmals mit Erwin Piscator (1893-1966) zusammen, den sie 1937 in Paris heiratete. 1938 folgte sie Piscator auf seinem Weg in die Emigration nach New York. Mit ihm begründete sie an der New School for Social Research den Dramatic Workshop, der neben dem Ehepaar Piscator eine Anzahl an teils prominenten Lehrenden aus dem Kreis der deutschen und österreichischen Emigration, etwa Carl Zuckmayr und Hanns Eisler, versammelte, sowie das Studio Theater. 1942 bis 1949 leitete sie den Junior Dramatic Workshop. In der Folge trat sie mit zahlreichen Inszenierungen klassischer und zeitgenössischer Bühnenwerke an New Yorker Bühnen hervor, u. a. von Shakespeares „Romeo und Julia“ am von Piscator geleiteten Rooftop Theater (1943), der „Dreigroschen-Oper“ von Bertolt Brecht und Kurt Weill (1950), von J. B. Priestleys „Home is Tomorrow“ oder Clifford Odets‘ „Golden Boy“ (1951). Sie war Gründerin des American Theater for Young Folks (1944), später des Poets‘ Theater, das 1948 seinen Betrieb aufnahm. 1954 gründete sie das Maria Piscator Institute, das sie bis 1960 führte, sowie den Actors‘ Workshop an der New School. Neben ihrer Lehrtätigkeit an verschiedenen theater- und tanzpädagogischen Einrichtungen schrieb sie Gedichte, Theaterstücke, einen Roman, Essays sowie theaterwissenschaftliche Werke. Als Piscator 1951 nach Deutschland zurückkehrte, blieb M. L.-P. in den Vereinigten Staaten. Nach Piscators Tod (1966) gründete sie die Erwin Piscator Foundation und widmete sich der Sicherung seines Nachlasses sowie der Darstellung seines Werks in ihrem Buch „The Piscator Experiment“. 1970 übernahm sie eine Gastprofessur an der University of Southern Illinois in Carbondale. 1991 erhielt sie das Ehrendoktorat der New School for Social Research. M. L.-P. starb 1999 in New York.
W. u. a.: „Das tanzende Ich“ (1924, Kurzprosa, Gedichte), „Lendemain“ (ca. 1931 (1934?), Einakter), „(m. Gaston Bergame) Le chien dangereux“ (ca. 1932, Komödie), „Le Gueux chez Victor Hugo“ (Diss., veröffentl. Paris 1936” „Lot’s Wife, a novel” (1954, Roman), „The Piscator Experiment. The Political Theater” (1967), „Mirror People” (1989, dt.: Der Tanz im Spiegel. Mein Leben mit Erwin Piscator, 1989, Autobiografie)
L.: Bolbecher/Kaiser 2000, Röder/Strauss 1980-83, Trapp/Mittenzwei 1999
Christine Kanzler