Lengger Hedwig, geb. Kohnhauser; Bäuerin und Widerstandskämpferin

Geb. Vordernberg, Stmk., 21.9.1893
Gest. Tragöß, Stmk., 23.4.1970

H. K. wurde in Vordernberg in der Steiermark geboren und arbeitete vor ihrer Heirat mit Friedrich Lengger auf mehreren Bauernhöfen. Sie brachte zwei Kinder in die Ehe mit, insgesamt schenkte sie neun Kindern das Leben. Die Familie führte einen kleinen Pachtbauernhof in Sonnberg, der Alltag war von harter Arbeit und Entbehrungen geprägt, dennoch auch von großem Zusammenhalt zwischen den Familienmitgliedern. Der abgelegene Bergbauernhof wurde in den 1940er Jahren zu einem Stützpunkt für die PartisanInnen, auch H.s Sohn Heinrich schloss sich ihnen an. Nachdem einer der Partisanen die Familie verraten hatte, erschien am 18. August 1944 die Gestapo am Hof und verhaftete die damals 50-Jährige, zusammen mit ihrem Mann, den Töchtern Josefine und Bibiana sowie ihrer Schwester Maria Schweinegger, die gerade zu Besuch war. Der 13-jährige Bruder blieb alleine zurück. Nach sechs Wochen Haft im Kreisgericht Leoben deportierte man H. L., gemeinsam mit vielen anderen Leobnerinnen, in einem „Sondertransport“ nach Ravensbrück, wo sie am 3. Oktober einlangte. Im Konzentrationslager war sie unter der Nummer 75069 registriert. H. L. wurde zum Socken stricken eingeteilt, was ihr – wie ihre Tochter Josefine erzählt – nicht leicht fiel. Die harte und grobe Arbeit eines Bergbauernhofes hatten ihre Hände für so feine Tätigkeiten ungeschickt gemacht. Dem Tode sehr nahe war H. L., als sie in den Block 30 oder 31 verlegt wurde, jenem Block, in den alte, gebrechliche und für arbeitsunfähig befundene Frauen gepfercht wurden. Wäre sie nicht von ihren Töchtern Josefine und Bibiana mit Hilfe der Blockältesten wieder aus dem Block geholt worden, hätte dies ihren sicheren Tod bedeutet. Im Erhebungsbogen des „Komitees der ehemaligen Politischen KZ.- und Zuchthaushäftlinge“ gibt H. L. an, von SS-Aufseherinnen misshandelt worden zu sein. Am 28. April 1945 wurde H. mit vielen anderen auf den Todesmarsch geschickt, von dem sie gemeinsam mit ihren Töchtern sowie mit Mutter und Tochter Sagode flüchten konnte. Für die Heimreise benötigten sie insgesamt drei Monate – und damit zu lange, um den aus Mauthausen zurückgekehrten Ehemann nochmals zu sehen, denn dieser starb am 4. Juni 1945 an den Haftfolgen im Krankenhaus Bruck an der Mur. H. L. verlor auch ihren Sohn Heinrich, der als Partisane in Eisenerz erschossen worden war, sowie weitere Söhne, die im Krieg gefallen waren. Die Frauen bewirtschafteten zunächst in den folgenden Jahren den Hof weiter; die ökonomischen Verhältnisse waren nicht einfach. Frau H. L. erhielt lediglich eine Pension von 150 Schilling, erst als ihre Tochter in Wien intervenierte, wurde diese leicht angehoben. Später zog H. L. vom Berg ins Tal nach Tragöß, wo sie bis zu ihrem Tod am 23. April 1970 lebte. Bis zuletzt wurde sie von ihrer Tochter Josefine gepflegt.

Qu.: Archiv der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück: Häftlingsdatenbank: Interview mit Josefine Oswald am 23.11.1998 und 26.3.1999 (geführt von Helga Amesberger, Institut für Konfliktforschung, Wien); Justizanstalt Leoben Gefangenenvermerk 03.08.1944 – 17.11.1944; Landesarchiv Steiermark: Opferfürsorgeakte; Sonderbestand Ravensbrück am DÖW: 50.170/51.

L.: Muchitsch 1966

Brigitte Halbmayr