Leichter Elsa, geb. Schweiger, in den USA Elsa Kolari; Fürsorgerin und Familientherapeutin

Geb. Wien, 1905
Gest. New York City, New York, USA, 5.4.1997

LebenspartnerInnen, Kinder: 26. Juni 1943 Heirat mit Otto Leichter; Stiefsohn: Franz Leichter.

Ausbildungen: Sie besucht die Fürsorgeakademie und arbeitet nach Beendigung dieser Schulung im Jugendamt Brigittenau.

Laufbahn: Als sie im März 1938 nach einem Schiurlaub in Saalbach ihren Dienst als Jugendfürsorgerin wieder antreten will, muss sie das Amt unverzüglich verlassen. Hitler ist in Österreich einmarschiert und die Nationalsozialisten dulden keine jüdischen BeamtInnen. Trotz langjähriger Tätigkeit im Fürsorgedienst wird E. Sch. nicht einmal erlaubt, ihren Schreibtisch aufzuräumen. Die Erinnerung an gerade diese, in Anbetracht der späteren Ereignisse eher unwichtige Begebenheit, wird für E. Sch. zum traumatischen Erlebnis. Sie verursacht der jungen Frau noch Jahre später, als sie schon in New York in der Emigration lebt, Alpträume. Kurz nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes flüchtet E. Sch. mit ihren beiden Schwestern 1938 nach New York, die Mutter bleibt vorerst in Wien zurück. Einige Zeit später wird auch für sie das Leben im nationalsozialistischen Wien unmöglich, sie flüchtet aus Österreich und versucht, zu ihren Töchtern in die USA zu kommen. Doch die Flucht gestaltet sich schwieriger als bei den Kindern. Der abenteuerliche Exodus führt E. Sch. zuerst nach Havanna und von dort nach Belgien und Frankreich. Erst nach diesen Irrfahrten erreicht sie schließlich New York.

E. Sch. absolviert in New York im zweiten Bildungsweg eine Ausbildung als Familientherapeutin und arbeitet anschließend für eine jüdische Fürsorgeinstitution. Ihre Ambitionen waren auf Beruf und soziales Engagement gerichtet und nicht so sehr auf eine politische Tätigkeit, obwohl sie, wie ihr späterer Ehemann Otto Leichter, der sozialistischen Partei angehörte. Elsa Kolari, wie sie sich mittlerweile nennt, lernt bei einer politischen Versammlung in New York den prominenten sozialistischen Publizisten und Aktivisten Otto Leichter kennen. Otto Leichter war bis 1935 Redakteur der „Arbeiter-Zeitung“ in Wien und Privatsekretär von Otto Bauer. Er war in erster Ehe mit der bekannten Wiener Sozialistin Käthe Leichter verheiratet. Als 1938 nach dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland die Nationalsozialisten in Wien an die Macht kommen, werden alle bekannten Aktivisten der sozialistischen Partei verhaftet. Otto Leichter kann sich nach Paris absetzen, während seine Frau Käthe die Gefahr, der sie als Jüdin und Sozialistin im Nationalsozialismus doppelt ausgesetzt ist, offenbar verkennt und Wien nicht mehr rechtzeitig verlassen kann. Sie wird von der Gestapo verhaftet, zuerst im Wiener Landesgericht interniert und später in das Konzentrationslager Ravensbrück überstellt. 1942 wird sie in der psychiatrischen Anstalt von Bernburg a. d. Saale ermordet. Den gemeinsamen Söhnen von Käthe und Otto Leichter, Heinz und Franz, gelingt die Flucht zu ihrem Vater nach Paris. Doch dieses Exil ist nicht sicher genug, wie sich bald herausstellt, Otto Leichter flüchtet mit seinen Söhnen aus Frankreich über Spanien und Portugal nach New York.

E. K. und Otto Leichter heiraten am 26. Juni 1943. Die Ehe blieb lange Zeit vom gewaltsamen Tod Käthe Leichters überschattet, wie E. L. in einem Interview erwähnt. Otto Leichter konnte in New York lange nicht richtig Fuß fassen, weil er als Schriftsteller und Journalist mit Sprachschwierigkeiten zu kämpfen hatte. 1943 ist er für das „Office of War Information“ tätig, und ab 1950, nach einem missglückten Rückkehrversuch nach Wien, findet er eine Anstellung bei der Deutschen Presseagentur, für die er vom Sitz der Vereinten Nationen berichtet.

Im Gegensatz zu ihrem Mann dachte E. L. nie ernsthaft an eine Rückkehr nach Österreich. Sie hatte sich in New York eingelebt, die neue Heimat bot ihr die Möglichkeit sich beruflich zu entwickeln, sie war als Gruppen- und Familientherapeutin für das Jewish Family Service in New York tätig. Doch obwohl eine Remigration für E. L. nie in Frage kam und auch Otto Leichter nach einem Jahr in Wien seiner alten Heimat enttäuscht den Rücken kehrte, verbrachte die Familie Leichter, sobald es die politische und finanzielle Lage zuließ, einige Wochen im Jahr in Österreich.

1973 stirbt Otto Leichter im Alter von 76 Jahren, seine Frau überlebt ihn um 24 Jahre. Die 93-jährige stürzt in New York über eine Treppe und stirbt noch am selben Abend, den 5. April 1997, an einer Schädelfraktur.

Qu.: Judaica-Archiv/ÖNB, Tagblattarchiv/AK (Personenmappe).

L.: Fleck/Berger 2000, Hackl 1997, Waldinger 1993

Karin Nusko