Leibfried Marie (Maria), geb. Brüstle (weitere Namen: Coufal; Mangeng; Leibfried-Brüstle; Mangeng-Brüstle), Textilarbeiterin und Parteifunktionärin
Geb. Lauterach, Vbg., 31.12.1869
Gest. Hohenems, Vbg., 30.5.1930
Mutter: Cäcilia Brüstle
Vater: vermutl. Fabian della Pieta, Weinhauer (?), zust. nach Castion, Belluno.
1. vh. m. Johann Coufal (1847 Teschetitz/Mähren – 13.7.1898 Dornbirn), Tischler, sozialdemokratischer Agitator
2. vh. m. Peter Lorenz Mangeng, gesch.
3. vh. m. Hermann Leibfried (19.4.1878 Sindelfingen – 11.10.1918 Dornbirn (?)) Schriftsetzer, Parteifunktionär, Redakteur.
2 Töchter (geb. 1905 und 1907) m. Hermann Leibfried (Frieda L.; ?).
Als Tochter einer alleinerziehenden Mutter in ärmlichen Verhältnissen geboren, musste Marie Leibfried bereits mit zwölf Jahren als Arbeiterin in der Dornbirner Textilfabrik Herrburger & Rhomberg zum Unterhalt der Familie beitragen. Um 1890 fand sie Anschluss an die sozialdemokratische Arbeiterbewegung und wirkte in der Folge am Aufbau der Parteiorganisationen mit. Der 1901 gegründeten Dornbirner Union der Textilarbeiter gehörte sie als zweite Schriftführerin – und erste Frau Vorarlbergs – in gewerkschaftlicher Funktion an. 1908 konstituierte sich unter ihrer Mitwirkung die Dornbirner Frauenorganisation der Partei. 1916 erfolgte die Wahl Marie Leibfrieds zur Landesvertrauensfrau der sozialdemokratischen Frauenorganisation, auch wirkte sie an der Gründung von lokalen Zweigstellen in Rankweil und Lustenau mit. Bei der ersten Vorarlberger Landtagswahl im April 1919 kandidierte Marie Leibfried – allerdings auf einem wenig aussichtsreichen Listenplatz – für die SDAP.
Leibfrieds privates Leben war von der konservativen, vom Katholizismus geprägten Atmosphäre Vorarlbergs überschattet. In erster Ehe mit dem sozialdemokratischen Funktionär Johann Coufal verheiratet und früh verwitwet, lebte sie nach dem Scheitern einer weiteren Ehe mit dem Parteifunktionär und Chefredakteur der „Vorarlberger Wacht“ Hermann Leibfried zusammen. Die Verbindung, der zwei Töchter entstammten, konnte aufgrund der damaligen Gesetzeslage zunächst nicht legalisiert werden, was vom politischen Gegner als Aufhänger für eine Kampagne gegen das Paar diente. „(…) wegen Bescholtenheit des Lebenswandels“ wurde beiden von der christlich-sozial dominierten Gemeindeverwaltung nicht nur das Heimatrecht in Dornbirn verwehrt, im Anschluss wurde sogar die Ausweisung aus der Stadt verfügt. Das Paar konnte in der Folge den Rechtsstreit für sich entscheiden und nach dem Tod von Leibfrieds zweitem Ehemann auch heiraten.
1928 wurde Marie Leibfried zusammen mit weiteren Vertretern der Gründergeneration der Vorarlberger sozialdemokratischen Bewegung mit einer Ehrenurkunde ausgezeichnet.
Quellen:
Matricula Online, Lauterach, röm.-kath. Pfarre, Taufbuch m. Index v. 1. Januar 1851 bis 31. Dezember 1875
Literatur:
100 Jahre Gewerkschaftsbewegung in Österreich. 1893–1993 [Ausstellung], Hg. Wolfgang Maderthaner/Ulrike Weber-Felber, Wien 1993, S. 18 f.
Werner Bundschuh: Das Dornbirner Arbeiterheim – ein sozialdemokratischer Dorn im „bürgerlichen Fleisch“, in: Dornbirner Schriften. Beiträge zur Stadtkunde 22, Dornbirn 1996, S. 69 f., 93
Reinhard Mittersteiner: „Fremdhäßige“, Handwerker & Genossen. Die Entstehung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in Vorarlberg (Studien zur Geschichte und Gesellschaft Vorarlbergs 12), Bregenz 1994, S. 80-84, 102, 216, 323, 388
Eine unermüdliche Kämpferin. Marie Leibfried-Brüstle (1869–1930), in: Meinrad Pichler: Spurensuche. Historische Biografien aus Vorarlberg, Schwarzach 2021, S. 61–66
Genossin Leibfried gestorben, in: Vorarlberger Wacht, 3.6.1930, S. 2
Autorin der Biografie: Christine Kanzler