Legradi Helene; Juristin und Widerstandskämpferin
Geb. Znaim, Mähren (Znojmo, Tschechien), 26.3.1903
Herkunft, Verwandtschaften: Mutter: Franziska Urschler (*1855), Frauenrechtlerin, Lehrerin und Bürgerschuldirektorin; Vater: Rudolf Mirna, Lehrer; ein Bruder.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1. verheiratet mit Rechtsanwalt Sokal; 2. verheiratet mit Dr. Theodor Legradi, Chemiker und Pharmazeut, Direktor der Dr. Wander Gesellschaft; zwei Söhne, eine Tochter, drei Enkel.
Ausbildungen: Mädchenlyzeum in Znaym, Studium der Staatswissenschaften und Nationalökonomie, 1926 Dr.rer.pol., 1936 Dr.iur.
Laufbahn: Juristin, geschäftsführende Leiterin des österr. Büros für Ost-West-Handel. In der Widerstandsgruppe „Maier-Messner“, einer Gruppe von Intellektuellen mit unterschiedlichen politischen Anschauungen, tätig. Um mit den alliierten Geheimdiensten Kontakt aufzunehmen reiste H. L. 1942 mit einer geheimen Botschaft der Gruppe, einem elfseitigen Memorandum, das sie auswendig gelernt hatte, in die Schweiz. Dort wurde es niedergeschrieben und weitergeleitet. Das Memorandum bekundete die Bereitschaft des österreichischen Widerstandes, mit den Alliierten zusammenzuarbeiten und enthielt eine Beschreibung der österreichischen Verhältnisse. Es war die Absicht, die alliierten Streitkräfte durch Sabotage der Rüstung und durch Nachrichtendienst zu stärken. 1944 wurde die Gruppe „Maier-Messner“ durch Einschleusung eines Spitzels zerschlagen. Am 28. März wurde Heinrich Maier − katholischer Theologe und Kaplan der Pfarre Wien-Gersthof − in der Kirche der Pfarre Gersthof festgenommen, in das Gestapo-Quartier am Morzinplatz überstellt und am 29.3. erkennungsdienstlich erfaßt. Der Gruppe wurde zur Last gelegt, „Verbindung zum feindlichen Ausland aufgenommen“ und „Lagepläne deutscher Rüstungswerke ins Ausland verraten zu haben, um Luftangriffe der Feinde auf deutsche Rüstungsbetriebe herbeizuführen“. Heinrich Maier wurde am 22.3.1945 im Landesgericht Wien hingerichtet. H. L. wurde am 4.4.1944 gem. m. Theodor Legradi verhaftet. Nach einer simulierten Blinddarmentzündung gelang ihr die Flucht aus dem AKH. Sie lebte bis Ende 1945 als „U-Boot“. Nach 1945 war H. L. u. a. im Bund demokratischer Frauen und in der österr. Friedensbewegung aktiv.
Ausz.: Silbernes Ehrenzeichen der Republik Österreich, zweimal Ehrenzeichen der TSSR.
Qu.: H. L.: Bericht über die Widerstandsgruppe Legradi-Sokal-Dr. Messner-Andreas Hofer u.a. DÖW 1553, Datenbank „Nicht mehr anonym. Theodor Legradi. DÖW.
W.: „Gem. m. Edmund Rudolf Fiala: Handbuch des österreichischen Osthandels. Österreichisches Büro für den Ost-West-Handel“ (1962), „Und auf den Spuren Marco Polos. Kleine Geschichte des österreichischen Osthandels“ (1986), „Das andere Wien. Erlebtes aus den Jahren 1944/45“ (1989)
L.: BLÖF, Rumpler, Ursula: Heinrich Maier. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Bd. XXVII (2007) Sp. 885-899: www.bautz.de/bbkl