Kuchar (Kuhar) Helena, geb. Haderlap (?), Partisanenname „Jelka“; Bäuerin und Partisanin
Geb. Leppen/Lepena, Kärnten, 1906
Gest. 24.2.1985
H. K. wurde 1906 in Leppen/Lepena, Unterkärnten, als Tochter eines verarmten Fuhrmanns und Holzhändlers geboren. Die kinderreiche Familie gehörte der slowenischen Bevölkerungsgruppe an. H., die aufgrund einer Behinderung am Fuß als Kostgängerin auf dem väterlichen Hof bleiben sollte, wollte sich damit nicht abfinden und lief von zu Hause weg, um sich als Magd zu verdingen. 1929 heiratete sie gegen den Willen von dessen Eltern den Sohn eines reichen Bauern, Peter Kuchar. Das Paar siedelte sich in Eisenkappel/Železna Kapla an. Kurz darauf wurde Sohn Peter geboren, danach Tochter Zofi. Peter Kuchar, ein gelernter Zimmermann, war Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, und auch H. sympathisierte mit den Sozialdemokraten. Die wirtschaftliche Lage der Familie verschlechterte sich, als Peter Kuchar arbeitslos wurde und nur mehr durch Beerensammeln und Gelegenheitsarbeiten zum Familieneinkommen beitragen konnte. Um die Not zu lindern, erwarb H. K. im Herbst 1934 mit geliehenem Geld eine Keusche in Leppen/Lepena, wohin die Familie übersiedelte. Sie betrieb eine kleine Landwirtschaft und verdiente mit Näharbeiten dazu. 1937 kam Sohn Mihi zur Welt. Erst nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 fand Peter Kuchar wieder Arbeit, bis er 1940 zur deutschen Wehrmacht eingezogen wurde.
Ihre anfängliche Sympathie für die neuen Machthaber schwand rasch, als H. K. die Diskriminierung der slowenischen Bevölkerung und die ersten Vertreibungen durch die Nationalsozialisten erlebte. Im Oktober 1943 zog sie mit ihren Kindern – kurz zuvor war Tochter Bredica auf die Welt gekommen – auf den Hof ihres Bruders Miha Haderlap. Sie betreute dort dessen Söhne, die allein zurückgeblieben waren, nachdem ihr Vater zu den Partisanen gegangen und ihre Mutter ins Konzentrationslager verschleppt worden war. Auch H. K. fand Anschluss an die Befreiungsbewegung. Sie organisierte Essen, Kleidung und Medikamente für die Partisanen, gewährte ihnen Unterschlupf und baute eine „lebende Post“ zwischen Eisenkappel/Železna Kapla und Leppen/Lepena sowie ein Netz von Vertrauensleuten auf. Sie trat auch als politische Agitatorin unter der slowenischen Bevölkerung in Erscheinung. Nach einer Denunziation floh sie am 12. Oktober 1944 in das von der „Osvobodilna Fronta (OF)“ kontrollierte Gebiet im Savinja-Tal auf der jugoslawischen Seite der Karawanken. Dort besuchte „Jelka“ (slowenisch: Tanne), so ihr Partisanenname, eine Parteischule und trat der Kommunistischen Partei bei. Anschließend wurde sie dem Bezirkskomitee Völkermarkt/Velikovec als Funktionärin zugeteilt. Zwei Monate später eröffnete die Deutsche Wehrmacht im Savinja-Tal eine Großoffensive und die Partisanen mussten den Rückzug antreten. In einer dramatischen Flucht kehrte Jelka mit ihrem Sohn Peter, der ebenfalls bei den Partisanen kämpfte, nach Kärnten zurück, wo sie ihre illegale Tätigkeit fortsetzte. Im Februar 1945 kam es zu einem Feuergefecht zwischen der Polizei und in ihrem Haus befindlichen Partisanen und H. K. wurde festgenommen. Im Gefängnis unternahm sie einen Selbstmordversuch, der jedoch missglückte. Bei ihrer Einvernahme durch die Gestapo war sie schweren Misshandlungen ausgesetzt, blieb aber bei ihrer Behauptung, sie sei von den Partisanen verschleppt und zur Mitarbeit gezwungen worden. Gemeinsam mit anderen inhaftierten Frauen wurde sie einem Arbeitskommando zur Räumung von Bombenschutt in Klagenfurt/Celovec zugeteilt. Dank einer List ihrer Tochter Zofi, die vor der Gestapo behauptet hatte, ihr Vater sei im Krieg gefallen, kam H. K. aus dem Gefängnis frei und kehrte am 1. Mai 1945 auf den Hof ihres Bruders zurück. Ihr eigenes Haus fand sie zerstört vor. Nach dem Ende des Krieges musste sie mit den Kindern nach Eisenkappel/Železna Kapla flüchten, weil jugoslawische Faschisten, die sie wegen Plünderung ihres Hauses bei der englischen Besatzungsbehörde angezeigt hatte, ihr nach dem Leben trachteten. Ihr Sohn Peter, der bei einem der letzten Gefechte der Partisanen schwer verwundet worden war, blieb in Jugoslawien, um dort ein Studium zu beginnen. H. K. schickte auch ihre Tochter Zofi dorthin, da sie ihr eine bessere Zukunft ermöglichen wollte. Nach der Heimkehr ihres Mannes aus der Kriegsgefangenschaft konnte die restliche Familie in ihr Haus zurückkehren. Während H.s Schwestern Malka Blais-Tatjana und Dragica (Köchin bei den Partisanen) sowie ihre Schwägerin die KZ-Haft überlebt hatten, waren eine weitere Schwester, Katrca, und ihre Nichte Mici in Konzentrationslagern umgekommen.
H. K. war nach der Befreiung weiterhin als Funktionärin der OF tätig. 1947 wurde sie zur Vorsitzenden der Antifaschistischen Frauenfront gewählt. Die Nachkriegsjahre waren von Auseinandersetzungen zwischen der slowenischen Bevölkerung und der politischen Rechten, die im Windschatten der britischen Besatzungsmacht auch vor Überfällen auf politisch aktive Angehörige der Minderheit nicht zurückschreckte, geprägt. 1947 wurden H. K. und mehrere Gesinnungsgenossen in Klagenfurt/Celovec von einem Lastauto angefahren und verletzt. H. K. starb am 24. Februar 1985. Sie wurde für ihre antifaschistische Tätigkeit mehrfach ausgezeichnet, so unter anderem mit dem Ehrenzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs.
Qu.: Todesanzeige von H. K., DÖW, Schnittarchiv.
L.: Berger 1985, Busch/Windhab 1984, Prušnik-Gašper 1980, Trallori 1985
Christine Kanzler