Kramer Edith; Malerin und Kunsttherapeutin

Geb. Wien, 29.8.1916

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Richard Kramer, gelernter Chemieingenieur, Kommunist; Mutter: Josefine (Pepa) Neumann-Kramer, später als Schneiderin tätig (Selbstmord 1937). Ihre noch sehr jungen Eltern waren in der Jugendkulturbewegung um Siegfried Bernfeld engagiert. Sie wuchs im Kreis von Psychoanalytikern und linken Intellektuellen um ihre Tante mütterlicherseits, Elisabeth Neumann, auf. Bernfeld, mit Elisabeth Neumann einige Jahre verheiratet, wurde für sie zum zweiten Vater. Ihr Onkel väterlicherseits war Theodor Kramer.

Freundschaften: In New York befreundet mit Bertl Bornstein, Christine Olden und deren Ziehtochter, der Kinderanalytikerin Anni Bergman.

Ausbildungen: E. K. lebte von 1924-1929 mit ihrer Mutter bei ihrer Tante in Berlin und besuchte das Gymnasium im deutschen Landschulheim Letzlingen, ab der vierten Klasse die Schwarzwaldschule in Wien; Kunstunterricht bei Trude Hammerschlag, später Unterricht bei Friedl Dicker, Bauhaus-Künstlerin und Pädagogin; 1934 Matura; in Prag Psychoanalyse bei Annie Reich, die eine Art Mentorin für sie wurde. Auch Unterricht bei Fritz Wotruba.

Laufbahn: Nach der Matura folgte E. K. Friedl Dicker nach Prag und setzte den Unterricht bei ihr fort. Daneben assistierte sie ihr bei der Arbeit mit traumatisierten Flüchtlingskindern. Neben der Psychoanalyse besuchte sie die Arbeitsgemeinschaft für psychoanalytische Pädagogik. 1938 entkam sie mit einem der letzen Schiffe nach New York. Durch Vermittlung einer Analytikerin erhielt sie eine Stelle als Handwerkslehrerin im Little Red School House, einer bekannten, reformpädagogischen Schule im Künstlerviertel Greenwich Village. Wichtig war für sie auch die Zeit 1943 bis Kriegsende als „Maschinist“ in der „Defense-Industrie“. Die erste Ausstellung hatte sie 1943 in der Public Library von New York, wo sie auch einen Job hatte. 1948-49 unternahm sie eine Europareise, kehrte aber wieder nach New York zurück, um an der Einrichtung und Leitung eines Kunsttherapieprogramms an einem Landeserziehungsheim für psychisch gestörte Buben aus den Slums zu arbeiten (die von Ernst Papanek geführte „Wiltwyk School for Boys“). Neben der Arbeit als Künstlerin verband sie ihren kunstpädagogischen Ansatz verstärkt mit ihren Kenntnissen der Psychoanalyse. E. K. war somit die Begründerin der psychoanalytischen Kunsttherapie in New York. 1959 hielt sie erste Kurse darüber an der New School of Social Research. 1963 folgte die Einrichtung eines Kunsttherapie-Programms für die Kinderstation des städtischen Jacobi Hospital. Daneben führte sie kunsttherapeutische Arbeit mit blinden Kindern in der Jewish Guild of the Blind durch. 1975 entwickelte sie mit Laurie Wilson das „graduate art therapy training program“ für die New York University, an der sie bis heute als Adjunct Professor of Art Therapy mitwirkt. Sie unterrichtete an der George Washington University in Washington D. C. in einem ähnlichen Studiengang. E. K. leistete einen wesentlichen Beitrag zur universitären Verankerung der Kunsttherapie. Sie lebt als Malerin und Kunsttherapeutin in New York, den Sommer über in Grundlsee (Stmk.).

Ausz.: Silbernes Ehrenkreuz der Stadt Wien; 2003 Großes Goldenes Verdienstkreuz des Landes Steiermark.

Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe); Judaica-Archiv/ÖNB, DÖW.

W.: „Art Therapy in a Children´s Community. A Study of the Function of Art Therapy in the Treatment of Wiltwyck School for Boys. Vorwort von Viola Bernard” (1958), „Art as Therapy with Children, Vorwort von Muriel Gardiner” (1971, dt.: „Kunst als Therapie mit Kindern“, 1978, inges in 7 Sprachen), „Childhood and Art Therapy. Vorwort von Viola Bernard. Einführung von Laurie Wilson“ (1979)

L.: Edith Kramer 1994, Heller 1993, Hofmann 1943a, Kramer 2000a, Ulman 1991, Viertel 1985, Welzig 2006, Zwiauer 1997, Zwiauer 2002