Körner Ruth (Ps), geb. Elisabeth Schwarz, verh. Passer; Journalistin und Publizistin
Geb. Wien, 16.5.1908
Gest. München, Deutschland, 5.9.1995
Herkunft, Verwandtschaften: Einziges Kind des Kunst- und Antiquitätenhändlers Hans Schwarz und seiner Frau Nelly, geb. Schulhof. Der Vater starb kurz nach ihrer Geburt. Mutter und Tochter lebten später in Hamburg.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1946 heiratete sie ihren Lebensgefährten, den Verleger und Chemiker Dr. Rolf Passer, 1951 trennte sie sich von ihm.
Ausbildungen: Da die Mutter der konventionellen Schulbildung misstraute, erhielt sie bis zu ihrem neunten Lebensjahr Privatunterricht, ein Jahr besuchte sie die Volksschule und für zwei Jahre ein Lyzeum. Anschließend nahm sie Schauspielunterricht. Ab 1927 Studium an der Berliner Hochschule für Politik, 1933 Abbruch.
Laufbahn: Mit 14 Jahren ging sie an das Theater in Plauen. Es folgten Engagements in Innsbruck, Wien und Hamburg. Ende der 1920er Jahre gab sie die Schauspielerei auf um zu studieren. Während der Wintersemester besuchte sie die Hochschule, die Sommersemester verbrachte sie mit ihrer Mutter auf Reisen in Südosteuropa, im Vorderen Orient, in Indien und Ceylon. Ihre Reiseberichte erschienen in verschiedenen Zeitungen (Berliner Börsencourier, Berliner Tageblatt) und waren der Beginn ihrer journalistischen Tätigkeit. Durch ihr sozialpolitisches Engagement und ihre jüdische Abstammung gefährdet, ging sie im Mai 1933 zurück nach Wien und war hier in der Arbeiterbildung tätig, Mitarbeiterin der „Arbeiter-Zeitung“ und der „Bunten Woche“. Nach den Februarkämpfen schloss sie sich dem Widerstand an. Sie versteckte mehrere Personen in ihrer Wohnung, unter anderem Luitpold Stern, den Leiter der Arbeiterbildungszentrale. 1934 hielt sie sich in Moskau auf, nahm am 1. Allunionskongress der Schriftsteller teil, wohnte bei Klara Blum und traf mit den Teilnehmern des Schriftstellerkongresses zusammen, u. a. mit Oskar Maria Graf und Ernst Toller. Mitte der Dreißiger Jahre reiste sie nach Indien und verfasste die Sozialreportage „Fieberndes Indien“. Mit Hilfe von Freunden erhielten sie und ihre Mutter ein Visum in die Tschechoslowakei. Nach dem kurzen Prager Exil (April bis Oktober 1938) emigrierte sie nach London. Hier unterstützte sie Hilfs- und Rettungsaktionen für EmigrantInnen, die noch in der Tschechoslowakei festsaßen, wie u. a. der Dramatiker und Jugendfreund Richard Duschinsky. In Großbritannien arbeitete sie für „Die Zeitung“, ein vom Londoner Informationsministerium herausgegebenes Exilorgan, die 1943 eine von ihr verfasste „Österreichische Seite“ erhielt. Ab März 1944 war sie zusätzlich am German Desk, dem Deutschlandsender der Voice of America als Übersetzerin tätig. 1946 bis 1948 besuchte sie als Referentin im Auftrag einer englischen Sonderstelle deutsche Kriegsgefangenenlager in England, Schottland und Wales. 1951 kehrte sie nach Deutschland zurück. Nach ausgedehnten Australien- und Neuseelandreisen lebte sie ab 1957 mit Unterbrechungen (z. B. 1963-65 Haifa) in München und war Mitarbeiterin des Instituts für Zeitgeschichte und für das Biographische Lexikon zur Weimarer Republik, sowie als Übersetzerin und Vortragende tätig. Sie wurde als „weiblicher Egon Erwin Kisch“ bezeichnet.
Qu.: DÖW.
W.: „Fieberndes Indien“ (1937), „Die ersten sechs Monate in Deutschland unter alliierter Besetzung“ (1945), „Kanada − Junge Welt“ (1954), „Chile nach zehn Jahren Pinochet“ (1983)
L.: Benz 2001, Bolbecher/Kaiser 2000, ÖNB 2002, Seeber 2003, Thielking 2001, Wall 2004, MdZ Nr. 3, 1993