Körber-Grave Lili (Lily), Lily Körber-Gravé, Ps. Agnes Muth, Ps. Sylvia Brocek; Schriftstellerin, Journalistin und Krankenschwester

Geb. Moskau, Russland, 25.2.1897

Gest. New York City, New York, USA, 11.10.1982

Herkunft, Verwandtschaften: L. K.-G. war die Tochter eines österreichischen Vaters: Ignatz Körber (1865-1944), Export- und Seidenkaufmann und einer polnischen Mutter: Jeanette (1874-1946). Bis zur Ausweisung ihres Vaters zu Beginn des Ersten Weltkrieges lebte die Familie in Moskau, dann in der Schweiz und später in Wien. Schwestern: Margot Falk (*1899), Nina Koerber (*1903), Journalistin in der Schweiz.

LebenspartnerInnen, Kinder: 1940 Heirat mit Erich Grave(*1904), Angestellter, Dr.rer.pol. Columbia University.

Ausbildungen: Sie wuchs dreisprachig auf, hatte französische Gouvernanten, besuchte ein Privatgymnasium und maturierte 1918 in Bern. Sie studierte in Lausanne und Genf, unterbrach ihr Studium 1920 bis 1923 aus finanziellen Gründen, setzte in Jena und Frankfurt ihr Studium fort und promovierte 1925 (1923?) zum Dr.phil. an der Universität Frankfurt mit einer Dissertation über die Lyrik Franz Werfels.

Laufbahn: Nach dem Studium arbeitete L. K.-G. als freie Schriftstellerin in Wien, tritt in dieser Zeit der Sozialdemokratischen Arbeiter-Partei und, beeinflusst von der revolutionären Entwicklung in Russland, dem Bund der Proletarisch-Revolutionären Schriftsteller Österreichs bei. Sie arbeitete an der sozialdemokratischen Leihbibliothek in Wien-Innere Stadt und schrieb Beiträge in der „AZ“ und in der „Roten Fahne“, der Zeitschrift der Kommunisten. Ihre Wohnung in der Laudongasse (Wien 8) wurde zu einem beliebten Treffpunkt. Sie besuchte die Sowjetunion 1930 als Mitglied einer Delegation österreichischer Schriftsteller, arbeitet dort als Ausbildnerin in den Putilowerken in Leningrad und entwickelte ein Programm, das unter dem Namen „Bitterfelder Weg“ in der DDR der Fünfzigerjahre propagiert wurde. 1934 veröffentlichte sie ein Buch über die Judenpolitik der Nationalsozialisten, das vom austrofaschistischen Regime verboten wurde, es wurde in der Schweiz gedruckt. Sie unternahm eine Reise in den Fernen Osten und verfasste 1934/35 mit „Sato-San“ eine Parodie auf Adolf Hitler. Nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 flieht L. K.-G. nach Paris, wo sie sich mit Deutsch-Unterricht durchschlägt und für Exilzeitschriften, wie das „Pariser Tageblatt“ und die „Pariser Tageszeitung“ schreibt. Daneben erscheinen Beiträge von ihr in Schweizer Zeitungen und im Pariser „Gavroche“. Als Serie wird „Eine Österreicherin erlebt den Anschluss“ im Zürcher „Volksrecht“ veröffentlicht. 1941 gelangte sie mit Unterstützung des Emergency Rescue Committee zusammen mit ihrem Lebensgefährten Erich Grave, der zuvor in einem Lager interniert gewesen war, über Spanien und Lissabon in die USA. Zunächst hält sie sich in New York als Fabrikarbeiterin und Tutorin in der Berlitz-Sprachschule über Wasser. Bis 1965 werden auch Artikel von ihr in der „Neuen Volks-Zeitung“, der „New Yorker Staats-Zeitung“, im „Herold“ und „Das andere Deutschland“ (Buenos Aires) veröffentlicht. Ab 1945 erscheinen wieder Beiträge in europäischen Zeitschriften, z. B. in „Geist und Tat“, sowie in der „Arbeiter-Zeitung“. Als sich die Verhandlungen über die Übersetzung eines ihrer Bücher zerschlagen, ließ sie sich als Krankenschwester ausbilden und übte diesen Beruf bis zu ihrer Pensionierung aus. Nebenbei schrieb sie weiter, einige Gedichte werden unter anderem im „Aufbau“ abgedruckt. Nach ihrer Pensionierung verfasste sie den englischen Roman „Call me Nurse“, der aber nicht mehr publiziert wurde.

Mitglsch.: 1930 Mitbegründerin des österreichischen Zweiges des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller, dort Schriftführerin, Mitglied der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller.

Qu.: Vermachte den Nachlass der Germanistin Veronika Hertling an der University of Nevada, Reno, ihr Tagebuch verbrannte sie jedoch, Teilnachlass Dept. of Foreign Languages and Literatures, College of Arts and Sc., University of Nevada-Reno, Reno; IfZ München; Tagblattarchiv (Personenmappe).

W.: „Die Lyrik Franz Werfels. Phil. Diss.“ (1925), „Eine Frau erlebt den roten Alltag. Ein Tagebuchroman aus den Putilow-Werken“ (1932), „Eine Jüdin erlebt das neue Deutschland. Roman“ (1934), „Begegnungen im fernen Osten. Eine Reise nach Japan, China und Birobidschan im Jahr 1934“ (1936, Neuauflage 2020: https://mediashop.at/buecher/begegnungen-im-fernen-osten/), „Sato-San, ein japanischer Held. Satyrischer Zeitroman“ (1936), „Ein Amerikaner in Rußland, Novelle“ (1942“, „Die Ehe der Ruth Gompertz, Roman“ (1984), „Eine Österreicherin erlebt den Anschluß. Roman“ (1988)

L.: BLÖF,Bolbecher/Kaiser 2000, Grossberg 1973, Gürtler/Schmid-Bortenschlager 2002, Lemke 1999, ÖNB 2002, Pasteur 1986, Röder/Strauss 1980-1983, Schmid-Bortenschlager/Schneld-Bubenicek 1982, Wall 2004, Wikipedia, http://www.exil-archiv.de/, http://www.literaturepochen.at/exil