Kinsky von Wchinitz und Tettau Nora, Norbertine, Gräfin; Krankenschwester

Geb. Wien, 8.12.1888

Gest. Witkowitz, Mähren (Vítkovice, Tschechien), 26.3.1923

Herkunft, Verwandtschaften: Wächst in den letzten Jahren des Habsburger Reiches in Böhmen auf und wird gemeinsam mit ihren Geschwistern ganz in der Tradition der k. u. k. Hocharistokratie erzogen. Vater: Zdenko Graf Kinsky; Mutter: Georgine, geb. Gräfin Festetics.

Ausbildungen: Französisch, Deutsch, Ungarisch und Tschechisch sprach N. K. bereits als Kind, später lernte sie noch vier weitere Fremdsprachen, darunter Russisch und Türkisch. Sie interessierte sich für Literatur und Geschichte und ließ sich zur Krankenschwester ausbilden.

LebenspartnerInnen, Kinder: N. K. weigert sich, einen ihrer zahlreichen Verehrer zu heiraten. Erst nach dem Ersten Weltkrieg, 1921, heiratete sie einen Freund ihres Bruders, den Grafen Ferdinand von Wilczek (1893-1977). Ihre Tochter Georgine, auch Gina (1921-1989), heiratet später den Fürst von und zu Liechtenstein.

Laufbahn: Die Familie erwartete, dass N. K. ihren Platz in der Gesellschaft einnähme, doch die junge Frau entwickelte eigene Vorstellungen. Sie orientierte sich an ihrer Tante, der Friedenskämpferin Bertha von Suttner. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, gründete und leitete sie ein Lazarett, eingerichtet im Schloß Chlumetz in Böhmen, einem Besitz des Vaters. Im Sommer 1916 wurde sie als Delegierte der nationalen Rot-Kreuz Organisation vom k. u. k. Kriegsministerium nach Russland entsandt, um Kriegsgefangenenlager zu besuchen. Die sogenannten Schwesternreisen gingen auf die Haager Konvention zurück. Rotkreuzschwestern inspizierten unter dem Schutz des russischen Militärs die ausgedehnten Gefangenenlager, in denen sich während des Ersten Weltkriegs circa zwei Millionen deutsche und österreichisch-ungarische Soldaten befanden. N. K. besuchte in einem halben Jahr 16 Lager und gelangte dabei bis nach Wladiwostok. Nach 1917 widmete sie sich der Pflege der Kriegsgefangenen und übernahm die pflegerische Leitung eines Hospitals in Astrachen. Selbst schwer erkrankt, geriet sie mit ihren Schützlingen im Chaos des russischen Bürgerkrieges in Lebensgefahr und konnte erst im März 1918 ihre Heimat wieder erreichen. 1923 verstarb N. K. bei der Geburt ihres zweiten Kindes.

W.: „Russisches Tagebuch: 1916-1918, Hg. von Hans Graf Huyn“ (1976 mit einem Geleitwort von Fürstin Gina von Liechtenstein).

L.: Czernin 2005, Who was Who in Nursing History 2001, Wolff 2004. Zum Programmschwerpunkt zum 90. Jahrestag der Oktoberrevolution produzierten Arte und der Bayerische Rundfunk die Koproduktion „Die Gräfin und die Russische Revolution“, eine Dokumentation von und mit Monika Czernin