Kallir Eva Marie, Evamarie; Sozialarbeiterin

Geb. Wien, 26.6.1925

Herkunft, Verwandtschaften: Ihr Vater Dr.phil. Otto Kallir (bis 1934 Nirenstein-Kallir, 1894-1978) war Kunsthändler, Kunsthistoriker und Publizist. Im Jahr 1923 gründete er die „Neue Galerie“, die heute „Galerie nächst Sankt Stephan“ heißt, sowie die Galerie „St. Etienne“ in Paris und eine gleichnamige Galerie in New York, die bis heute besteht. Ihre Mutter Franziska, geb. Gräfin zu Löwenstein, wurde 1899 in Oberau in Deutschland geboren und starb 1992. Die Mutter war Katholikin, so auch E. M. K.

Ausbildungen: E. M. K. ging bei den Ursulinen zur Schule. In den USA, wohin sie mit ihrer Familie 1938 im letzten Moment nach einem einjährigen Aufenthalt in der Schweiz flüchten konnte, schloss sie ein College mit Schwerpunkt Kunstgeschichte und Kunsterziehung ab, in Wien eine Abendschule für Sozialarbeit, wo sie 1967 ihr Diplom erwarb.

Laufbahn: Die teils aus katholischem, teils aus jüdischem Zusammenhang stammende Familie Kallir floh Mitte Juni 1938 vor dem Nationalsozialismus in die Schweiz, ein Jahr später in die USA. Nach ihrem Collegeabschluss betreute K. afro- und lateinamerikanische Kinder in einem Tageshort in Harlem. Danach unterrichtete sie zwei Jahre lang an einer öffentlichen Schule. E. M. K. kehrte nach Österreich zurück. Anfang der 50er Jahre leitete sie, auf Wunsch ihres Vaters, zwei Jahre lang die „Neue Galerie“ in Wien, danach arbeitete sie elf Jahre lang im ersten SOS-Kinderdorf in Imst in Tirol als handwerkliche Leiterin. Sie mobilisierte in den USA gemeinsam mit den Eltern Spendengelder für die SOS-Kinderdörfer. Nach dem Abschluss ihrer Ausbildung zur Sozialarbeiterin war sie im International Social Service tätig. Später wechselte sie zum Psychohygienischen Dienst der Stadt Wien. Sie begann zu dieser Zeit auch ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Regenbogenhaus, später in Flüchtlingseinrichtungen, wo sie bis 2000 Sprachunterricht in Englisch, Deutsch und Latein gibt. In den letzten Jahren ihrer Tätigkeit war sie vor allem mit Jugendlichen und Familien aus Afghanistan, dem Kosovo und der Türkei in Kontakt.

Zu ihrer Philosophie als Sozialarbeiterin meint sie: „Ich hab menschliche Monokulturen noch nie gemocht, die find ich genauso langweilig wie landwirtschaftliche Monokulturen, Knabenpensionate oder Mädchenpensionate, oder Altersheime, alles, wo Leute von nur einer Art sind. […] Ich bin später draufgekommen, dass das für viele Menschen auch sehr bedrohlich ist, ‚fließende Grenzen‘. Man wird ziemlich angefeindet, wenn man starre Grenzziehungen in Frage stellt. Das macht Angst, deshalb gibt es auch dieses übertriebene ‚Man-muss-sich-abgrenzen‘ in der Sozialarbeit. Es ist da auch die Angst dahinter, ich möchte nicht so sein, wie die, mit denen ich arbeite.“

E. M. K. kann sich noch lebhaft an den Bürgerkrieg im Februar 1934, an den Naziputsch und die Ermordung von Bundeskanzler Dollfuß im Juli 1934 erinnern. Auch der „Anschluss“ und der Einmarsch der deutschen Truppen im März 1938, und die folgenden Monate blieben in ihrer Erinnerung sehr lebendig.

L.: Malleier 2005c, Erfasste Steuersteckbriefe: http://home.arcor.de/kerstinwolf/wien1, http://www.globart.at/de/kontakt/CVevamariekallir.htm