Jursa Hermine, geb. Nierlich, gesch. Huber, Deckname „Roserl“; Arbeiterin, Parteifunktionärin und Widerstandskämpferin

Geb. Wien, 29.12.1912

Gest. Wien, 12.2.2000

H. J. wird in armen Verhältnissen in Wien als Tochter einer Hausgehilfin geboren. Nach dem Tod ihrer Mutter wird sie bei Pflegeeltern im Waldviertel untergebracht.

Sie arbeitet in einer Strumpffabrik, da „Mädchen nichts zu lernen haben“, wie ihr von den Pflegeeltern versichert wird. 1929 übersiedelt sie nach Wien und arbeitet als Wäscherin und Dienstmädchen. 1934 heiratet sie den Fleischhauer Ottokar Huber und ist bis zu ihrer Verhaftung 1939 glücklich verheiratet, während sie allerdings in Ravensbrück interniert ist, lässt sich Ottokar scheiden. Durch ihre Nachbarn kommt sie mit politischen Ideen in Kontakt und ist ab 1936 im Rahmen einer kommunistischen Widerstandsgruppe an verschiedenen illegalen Aktionen beteiligt. Sie verteilt Flugschriften und bemalt Wände mit Parolen, die sowohl gegen das austrofaschistische Regime als auch gegen die nationalsozialistische Partei gerichtet sind. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme setzt sie ihre Widerstandstätigkeit fort. Sie ist als „Postfrau“ tätig wobei sie Nachrichten zwischen den verschiedenen KPÖ-FunktionärInnen übermittelt und stellt ihre Wohnung für Schulungen und Vorträge der KPÖ zur Verfügung. Weiters ist sie auch mit der Vervielfältigung und Verteilung von illegaler Literatur betraut. H. J. wird im Zuge einer von der Gestapo durchgeführten Verhaftungswelle am 25. August 1939 verhaftet, im Jänner 1942 zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt und in das KZ-Ravensbrück deportiert. Dort besorgt ihr Rosa Jochmann Arbeit in der Effektenkammer, später wird sie der Handwerkskolonne von Hanna Sturm, der sogenannten „Sturmkolonne“, zugeteilt. Die Mitarbeiterinnen dieser Handwerkskolonne werden im gesamten Lager eingesetzt und haben so die Möglichkeit, anderen Insassinnen zu helfen, indem sie Nachrichten übermitteln und Lebensmittel schmuggeln, die sie den Bedürftigsten im Lager zukommen lassen. Die „Sturmkolonne“ übernimmt auch kleinere Reparaturen für die Häftlinge. Eine Hilfeleistung, die von der Lagerleitung streng verboten war und die Todesstrafe nach sich ziehen konnte. H. J. ist auch in dem von der kommunistischen Widerstands- und Spanienkämpferin Mela Ernst Anfang 1944 gegründeten illegalen Widerstandskomitee tätig, das sich zur Aufgabe gestellt hat, das Leben von Gefangenen zu erleichtern und sie vor der Vernichtung zu bewahren. H. J. ist an der Rettungsaktion für Gerti Schindel und Edith Rosenblüth (Wexberg) beteiligt. Die beiden Frauen können unter falschen Namen und Häftlingsnummern mit einem Rot-Kreuz Transport aus dem KZ geschmuggelt werden. Ab 1944 hält H. J. im Auftrag von Mela Ernst Kontakt zu den illegalen Widerstandsgruppen in dem nahegelegenen Männerlager, um eine gemeinsame Aktion zu planen, falls die SS das Lager vernichten sollte.

Nach der Befreiung von Ravensbrück im April 1945 kehrt H. J. gemeinsam mit Mali Fritz zu Fuß nach Wien zurück. 1946 heiratet sie den ehemaligen Spanienkämpfer Wilhelm Jursa.

H. J. wurde zwar eine Opferrente bewilligt, um diese zu erhalten musste sie aber die gesundheitlichen Folgeschäden ihrer KZ-Haft regelmäßig überprüfen lassen. Sie empfindet diese Maßnahme als behördliche Schikane, zumal sie von dem behandelnden Arzt zu hören bekommt, dass es den Soldaten an der Front schlechter gegangen wäre als den KZ-InsassInnen. Sie leidet allgemein unter den negativen Reaktionen ihrer Landsleute auf ihre KZ-Erfahrungen.

H. J. ist sofort nach ihrer Rückkehr für die KPÖ aktiv. Sie war in der Bezirksgruppe Erdberg als Bildungs- und Frauenreferentin tätig und engagierte sich später in der Friedensbewegung. Ihre Tätigkeit für die Lagergemeinschaft Ravensbrück übte sie bis ins hohe Alter aus.

Qu.: DÖW 20100/5183, 50.695, 50.149.

L.: Amesberger/Halbmayr 2001, Baier 1987, Berger 1987, Brauneis 1974, Landauer 2003

Karin Nusko