Jost Margarete (Grete); Widerstandskämpferin und Hilfsarbeiterin
Geb. Wien, 26.5.1916
Gest. Wien, 15.1.1943
G. J. wird am 26. Mai 1916 in Wien-Erdberg geboren. Die Familie, die im Gemeindebau Rabenhof wohnt, ist sozialdemokratisch eingestellt. G. J. und ihre beiden Schwestern werden in marxistischem Sinne erzogen. Bereits im Alter von sieben Jahren tritt sie dem „Arbeiterturnverein“ bei, sie gehört von 1926 bis 1930 den „Kinderfreunden“ an und ist bis 1934 in der Freien Gewerkschaft des Zentralvereins der kaufmännischen Angestellten organisiert. Im Jahre 1934 tritt sie der seit Mai 1933 verbotenen KPÖ bei, nimmt an Schulungen und Aktionen teil, führt neue Mitglieder ein, ist bis Herbst 1937 Zellenkassierin und betätigt sich im Druckschriftenverteilungsapparat.
M. J. vermittelt ab 1938 Kontakte zwischen ParteigenossInnen und den höheren KPÖ FunktionärInnen. Sie wird als Verbindungsperson zu den verbotenen Organisationen der KPÖ an der Südbahnstrecke (Bezirksorganisation Baden) eingesetzt. G. J. leitet einerseits Anweisungen der Parteiführung weiter und nimmt andererseits Berichte über die illegale Arbeit der kommunistischen Bezirksorganisationen in diesem Gebiet entgegen. Trotz der im Juli 1940 erfolgten Festnahmen von 40 KommunistInnen umfasst die Organisation in Baden und Umgebung 50 Parteimitglieder. G. J. kassiert Beitragsgelder, die zur Unterstützung der festgenommenen GenossInnen und deren Angehörigen dienen sollen. G. J. fährt mehrmals in Begleitung anderer Parteimitglieder nach Baden, um Fragen über die politische Lage und die illegale Arbeit der KPÖ zu erörtern. Sie verteilt in diesem Gebiet auch regelmäßig antifaschistische Schriften der KPÖ wie zum Beispiel die „Rote Fahne“, „Weg und Ziel“ und den „Brief eines jungen Arbeiters an einen nationalsozialistischen Arbeitskameraden“. Diese Schriften erscheinen den nationalsozialistischen Machthabern besonders gefährlich, weil sie die Arbeiterschaft zum Kampf gegen den Hitlerfaschismus auffordern sowie genaue Anweisungen zur Zersetzung faschistischer Organisationen und der deutschen Wehrmacht geben. Am 8. Februar 1941 wird G. J. verhaftet.
Im Untersuchungsgefängnis in der Schiffamtsgasse in Wien-Leopoldstadt trifft G. J. auf Antonia Bruha und erzählt dieser sie rechne mit einer Gefängnisstrafe von 15 Jahren, aber sie hoffe, dass die Rote Armee den Hitlerfaschismus besiegen und ihre Haftzeit sich dadurch verringern werde. Die HaftgenossInnen und Bekannten von G. J. beschreiben sie später als sehr mutige, immer aktive und wissensdurstige Frau. Sie hilft ihren Mitgefangenen, indem sie ihnen Essen zukommen lässt und mit ihnen lange Gespräche führt. Sie gibt auch im Gefängnis den Kampf gegen das Regime und die Resignation nicht auf. Sie bemüht sich um Informationen von außerhalb des Gefängnisses und gibt diese weiter. In ihrer Verhandlung am 23. September 1941 wird sie wegen Hochverrates zum Tode verurteilt. Dennoch sind ihre Briefe an ihren Verlobten und ihre Eltern voller Hoffnung diesem schrecklichen Schicksal entgehen zu können. Ihre Verwandtschaft versucht eine Begnadigung zu erreichen; die Mutter fährt sogar zur Justizbehörde nach Berlin. Doch alle Bemühungen sind erfolglos. G. J. wird in die Todeszelle gebracht.
Die Todeszellen der weiblichen Häftlinge befinden sich in den Kellerräumen unter der Frauenabteilung des Inquisitenspitals. Die zu dieser Zeit ebenfalls eingekerkerte kommunistische Widerstandskämpferin Anna Haider konnte, da sie als Hilfskraft im Inquisitenspital eingesetzt worden war, in die Todeszellen gelangen. Sie brachte Zeitungen für die Häftlinge und konnte sich manchmal mit ihnen unterhalten. G. J. hat sich nach ihren Angaben vorbildlich verhalten, sie hat ihre Leidensgenossinnen getröstet und die Hoffnung auf Befreiung durch das rechtzeitige Eintreffen der Roten Armee bis zum Schluss nicht aufgegeben. Am 15. Jänner 1943 wird M. J. durch das Fallbeil hingerichtet. Ihre letzten Worte waren: „Es lebe die Freiheit!“
Qu.: DÖW 155, 1512, 5732a, 5733e, 11672,1358.
L.: Kroupa 1955, Podgornik 1983, Eine Gedenkfeier für Grete Jost. In: Volksstimme 19.1.1988
Karin Nusko