Hrachovec Maria, geb. Humula; Germanistin, Hausfrau und Widerstandskämpferin

Geb. Wien, 27.4.1923
Gest. Wien, 10.5.1999

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Major Karl Humula; Mutter: Anna Humula, Hauptschullehrerin (s. dort).

LebenspartnerInnen, Kinder: 1946 Heirat mit Heinrich Hrachovec, später Gemeindearzt in Haugsdorf, 1947 Geburt des Sohnes Herbert, 1948 Geburt der Tochter Evamaria, 1951 Geburt des Sohnes Christoph.

Ausbildungen: Volksschule und 5 Klassen des Gymnasiums in der katholischen Privatschule Notre Dame de Sion in Wien 7, Burggasse, nach deren zwangsweiser Schließung 1938 Gymnasium Wien 8, Albertgasse bis zur Matura mit Auszeichnung 1941, Arbeitsdienst, Studium von Germanistik und Geschichte in Wien, Promotion zur Dr. phil. 1946 nach einer Dissertation über Fragen der Bildungskonzepte bei Schriftstellern des Humanismus.

Laufbahn: M. H. gehörte als junges Mädchen einer katholischen Jugendgruppe der Pfarre Gumpendorf in Wien an. In dieser Gruppe entstand nach dem „Anschluss“ und noch mehr nach Kriegsbeginn der Versuch, im Bezirk ein „Gegengewicht“ zur Hitlerjugend zu schaffen. Die Predigten von Kaplan Gabriel Beda-Döbrentei, einem überzeugten Pazifisten und Nazigegner, wurden mitstenographiert, getippt, vervielfältigt und den jungen Männern, die der Pfarre angehörten, ins Feld gesandt. Auch der Hirtenbrief des deutschen Bischofs Graf Galen gegen die Euthanasie vom August 1941 wurde auf diese Weise versandt. M. H. hat dabei einen Großteil der Schreib- und Organisationsarbeit geleistet. Für diese Tätigkeit wurde sie nach der Anzeige durch ein Mädchen aus der Gruppe von der Gestapo vorgeladen. Nachdem sie eine Nacht lang verhört worden war, wurde sie mit einem strengen Verweis und dem Verbot weiterer derartiger Aktivitäten entlassen; daran hat sie sich nicht gehalten, obwohl auch ihre Mutter sie dringend darum bat. Während ihres einjährigen Arbeitsdienstes 1941 bestand sie so lange darauf, am Sonntag die Messe zu besuchen und regte auch andere Mädchen dazu an, bis dies ausdrücklich verboten wurde. Den Beitritt zur Jugendorganisation BDM (Bund deutscher Mädel) hat sie erfolgreich verweigert. Gegen Ende des Krieges haben sie und andere Mitglieder der katholischen Jugendgruppe in nächtlichen Aktionen gezielt Naziplakate abgerissen und auch öffentliche Todesanzeigen von Gefallenen, die mit den Worten „In stolzer Trauer…“ begannen. Nach ihrer Promotion 1946 wurde ihr von ihrem Doktorvater Prof. Ruprich (den sie bewusst gewählt hatte, um nicht bei dem Nazifreund Prof. Nadler dissertieren zu müssen) eine Stelle als Assistentin angeboten; das hat sie abgelehnt, da sie gerade geheiratet hatte und eine Familie gründen wollte. Sie arbeitete mehrere Jahre als Sekretärin der Pfarre Gumpendorf, während ihr Mann, der den Krieg als Sanitäter verbracht hatte, Medizin studierte. In diesen Jahren (1947-1951) sind ihre drei Kinder geboren. 1954 übersiedelte die Familie nach Haugsdorf in Niederösterreich, wo Heinrich Hrachovec als praktischer Arzt und später als Gemeindearzt arbeitete. M. H. war danach für viele Jahre Organisatorin der allgemeinärztlichen Praxis und des großen Haushalts. In den 70iger Jahren des 20. Jahrhunderts gaben sie und ihr Mann den Anstoß für die „katholischen Familienrunden“ in Haugsdorf, an denen bis zu 70 Ehepaare teilnahmen. Es gab regelmäßige Treffen mit Gedankenaustausch, Vortragsabenden, Nachbarschaftshilfe, auch Gebetsrunden, Messen und Wallfahrten sowie über einige Jahre eine sehr lebendige Theatergruppe mit viel besuchten Aufführungen. Bald nach dem Tod ihres Mannes 1986 übersiedelte M. H. in ein Pensionistenheim nach Wien. Sie starb dort im Alter von 76 Jahren.

Qu.: Transkript eines Interviews mit Maria Hrachovec, geführt von Dr. Elisabeth Holzinger 1983.

W.: „Beiträge zum humanistischen Bildungsprogramm des Peter Luder, Rudolf Agricola und Konrad Celtis, Diss. Wien“ (1946), „Chronik der Pfarre Wien Gumpendorf 1950-1958, unveröffentlicht“

Evamaria Glatz