Hönigsmann Olga; Malerin, Modezeichnerin und Frauenrechtsaktivistin
Geb. Wien, 26.10.1856
Gest. Wien, 28.1.1942
Laufbahn: Trotz ihrer bürgerlichen Herkunft war sie eine der ersten Vorkämpferinnen für den Sozialismus in Österreich. Sie gründete schon vor dem Ersten Weltkrieg im ersten Wiener Gemeindebezirk ein Frauenkomitee. Nach dem politischen Umsturz von 1918 wirbt sie in diesem Bezirk Mitglieder für die Sozialdemokratische Partei und ist bemüht, die Frauen politisch zu organisieren. Sie ist bis ins hohen Alter Beraterin des Bezirksvorstandes Innere Stadt und Kolporteurin der Zeitschrift „Die Unzufriedene“, für die sie auch als Redakteurin tätig ist. Bevor O. H., die von Beruf Modezeichnerin war und außerdem eine Ausbildung als akademische Malerin hatte, ihr Atelier in der Spiegelgasse im ersten Wiener Gemeindebezirk bezog, lebte und arbeitete sie in Wien-Margareten.
Schon seit ihrer Jugend hat sich O. H. für die damals ebenfalls noch junge Sozialdemokratie eingesetzt und die Zeit, die ihr neben der Tätigkeit als Modezeichnerin blieb, der Parteiarbeit gewidmet. O. H. strebte keine hohen Parteifunktionen an, sie war stets der Meinung, dass sich die vielfältige Kleinarbeit in der Partei letztlich in gewaltige politische Macht umsetzen werde. Umfassende Bildung, reger Geist und große Bescheidenheit gehörten laut Meinung ihrer ZeitgenossInnen zu den hervorstechendsten Eigenschaften von O. H. Zu ihren Freunden und Bekannten zählten die meisten Größen der Sozialdemokratischen Partei wie zum Beispiel Victor Adler, Käthe Leichter, Otto Bauer, Adelheid Popp, Anna Boschek und Robert Danneberg, um die berühmtesten zu nennen.
O. H. war Mitglied des Frauenreichskomitees der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und die Vorgängerin Käthe Leichters als Vorsitzende des Bezirksfrauenkomitees im ersten Bezirk. Sie setzte sich vehement für die Verbesserung der Lage der Heimarbeiterinnen ein. Die Beschäftigung mit dem Los dieser Gruppe, die O. H. ihr ganzes Leben lang am Herzen lag, verband sie auch mit Käthe Leichter, die in ihren Schriften oft auf die sozialen Probleme der Heimarbeiterinnen einging, die sich mit der katastrophalen wirtschaftlichen Lage Österreichs nach dem Ersten Weltkrieg verschärft gehabt hatten. Es waren neben den ArbeiterInnen, die in dieser Branche schon vorher tätig waren, auch die Frauen des nunmehr verarmten Mittelstandes gezwungen, diese schlecht entlohnte Erwerbsarbeit zu leisten. Die Heimarbeit bot sich förmlich an, da sie auch Hausfrauen offen stand. Die große Konkurrenz auf diesem Arbeitsmarktsektor gab den Unternehmern deshalb die Möglichkeit, die Löhne weiter zu drücken und die Bedingungen noch zu verschärfen. Durch den Einsatz von Politkerinnen wie Käthe Leichter und O. H. konnte die Situation der Heimarbeiterinnen verbessert werden.
Die Hoffnung O. H.s, der sie in einer Rede Ausdruck gab, den Anschluss an Deutschland nicht mehr erleben zu müssen, wurde nicht erfüllt. Sie erfuhr 1934 das Verbot ihrer Partei unter der austrofaschistischen Dollfußdiktatur und wehrte sich dagegen, indem sie die aus Brünn geschmuggelte „Arbeiterzeitung“ kolportierte, obwohl sie bereits das hohe Alter von 78 Jahren erreicht hatte. Im Jahre 1938 musste die über 80jährige aus Sicherheitsgründen sogar ihre Wohnung verlassen. Die Befreiung Österreichs konnte sie nicht mehr erleben. O. H. starb am 28. Jänner 1942 in Wien.
L.: Magaziner 1986, Pasteur 1986, AZ 26.10.1926, AZ 8.9.1930, Die Unzufriedene (Wien) 14.11.1931
Karin Nusko