Hellrigel Ursula; Täuferin

Geb. ?
Gest. ?

Herkunft, Verwandtschaften: Bauerntochter; Geschwister: Brüder Oswald, Klaus. Religionsbekenntnis: Täuferin.

Laufbahn: Um die Mitte der 30iger Jahre des sechzehnten Jahrhunderts hatte die Welle der Verfolgung der TäuferInnen in Tirol ihren Höhepunkt erreicht. Zu einer Gruppe, die im Mai 1538 in St. Petersberg im Oberinntal gefangen gesetzt wurde, gehörte auch die siebzehn Jahre alte U. H. Sie sollte von Dr. Gallus Müller, einem erfahrenen Theologen bei der Rückführung von TäuferInnen zur katholischen Kirche, wieder auf den rechten Weg gebracht werden. U.s Bruder Oswald wurde von ihm bekehrt. Bei U. und ihren fünf Mitgefangenen fruchteten weder diese Bekehrungsversuche noch die daraufhin angeordnete Herabsetzung der Nahrungsrationen von 26 Wochen bis an den Rand des (Ver-)Hungerns. Die Behörden in Innsbruck erbaten Mitte Oktober 1538 von König Ferdinand I. Anweisungen, wie sie weiter vorgehen sollten. Dieser ordnete Anfang November an, alles zu tun, um die Hartnäckigen zu bekehren. So wurde U. nicht der Prozess gemacht, sondern sie musste weiter im Gefängnis verbleiben. Dort befand sie sich auch noch im September 1539, als die Regierung in Innsbruck die Anordnung gab, ihr Vermögen zu konfiszieren, um die Kosten für ihren Gefängnisaufenthalt damit abzudecken. U.s Erbteil war aber inzwischen in den Händen ihrer verheirateten Geschwister, so dass diese die Unkosten von 30 Gulden und 56 Kreuzer zu tragen hatten. Anfang 1541 wurde U. zunächst auf die Haselburg südlich von Bozen, dann nach Sigmundskron verlegt. Nahrung und Kleidung sollten wiederum auf das äußerst Notwendige reduziert werden. U. war immer noch zu keinem Widerruf bereit.

Fast zwei Jahre später, Ende Dezember 1542, wurde sie schließlich ohne Angaben von Gründen nach Innsbruck verbracht, wo sie mit einer Gruppe von TäuferInnen inhaftiert wurde. Dieser Aufenthalt im Gefängnis wird auch von der Historiographie der Hutterischen Brüder, im „Großen Geschichtsbuch der Hutterischen Brüder“, vermerkt. Demnach wurde sie dem ebenfalls aufgrund seines Glaubens eingekerkerten Mitbruder Jörg Liebich an die Füße gekettet. Die Geschichte wird aber erzählt, um U. und Jörg als vorbildliche Geschwister im Glauben hinzustellen, da sie nämlich der damit verbundenen sexuellen Versuchung widerstanden hätten.

Schließlich fand U. doch Gnade, und am 9. Oktober 1543 wurde ihre Entlassung aus dem Gefängnis angeordnet. Vermutlich war ihre Gesundheit schon sehr angegriffen und auch ihre Verwandtschaft hatte für sie Fürsprache eingelegt. Es war aber die Auflage damit verbunden, Tirol für immer zu verlassen und unter Androhung, das Leben zu verlieren, nie mehr in die österreichischen Länder zurückzukehren. Für die Kosten ihres Gefängnisaufenthaltes wurden ihre Verwandten belangt.

U. war bereit, das Land zu verlassen, allerdings war sie keineswegs gewillt, zu akzeptieren nie mehr zurückzukehren. Unterstützt wurde sie dabei von ihrem Vormund und ihren Verwandten. Die Behörden gaben überraschenderweise ihrem Einspruch statt und begnügten sich mit ihrem Versprechen das Land zu verlassen. Nicht stattgegeben hat die Regierung dem Einspruch der Verwandten, gegen die ihnen angelasteten Kosten. Schließlich bezahlte ihr Vormund die geforderten 50 Gulden, jedoch wurde nochmals festgehalten, dass U. bei einer etwaigen Rückkehr ihres Lebens nicht sicher sei. Mit Februar 1544 war nun ihr Fall abgeschlossen.

U. verließ das Land und verbrachte ihr Leben bei ihren Glaubensgeschwistern in Mähren. U. gehörte nicht nur zu den wenigen Frauen, die im hutterischen Geschichtswerk Beachtung fanden, sie ist auch als Lieddichterin hervorgetreten. Ihr Hymnus im „Ausbund“, dem Gesangbuch der Schweizer TäuferInnen und oberdeutschen Mennoniten (älteste Ausgabe 1570/1571) über die Märtyrerin Anna von Freiburg ist auch ein Zeugnis ihres festen Glaubens.

W.: Hymnus über die Märtyrin Anna von Freiburg (†1529), Ausbund Nr. 36 (englische Übersetzung von Pamela Klassen, in: Snyder/Huebert-Hecht, 199-201)

L.: Epp/Roberts 1996, Loserth 1937, Loserth 1937a, Mecenseffy/Schmelzer 1983, Neff 1913, Snyder/Huebert-Hecht 1996

Ingrid Roitner