Grohs Sylvia, Grohs-Martin; Schauspielerin, Tänzerin und Chansonniére
Geb. Wien, 1.10.1918
Gest. Los Angeles, Kalifornien, USA, 18.04.2009
Herkunft, Verwandtschaften: Mutter: Adrienne; Vater: stirbt, als S. G. noch sehr jung ist; Geschwister: Zwillingsschwester Elli und ältere Schwester Käte.
LebenspartnerInnen, Kinder: Heiratet 1946 den Autor, Komponisten und Pianisten Herbert Nelson (1910-1988). S. S. G. war insgesamt 3 Mal verheiratet.
Laufbahn: Bereits in jungen Jahren spielt S. G. erste Rollen am Theater. Sie erhält im Alter von 10 Jahren einen Einjahresvertrag am Neuen Wiener Spielhaus, wirkt an zahlreichen Kleinkunstbühnen (u. a. 1935-1938 am Jüdischen Kulturtheater Wien, 1937 bei den Jüdischen Künstlerspielen) und macht das Staatsexamen am Burgtheater. Mit 15 Jahren erhält S. G. ihre erste Filmrolle von einer deutschen Produktionsgesellschaft. Ihr Vertrag wird jedoch kurzfristig annulliert, da sie Jüdin ist. Am Tag des „Anschlusses“ Österreichs an Nazi-Deutschland flieht S. G. aus Wien und geht mit einer Revue in die Schweiz, nach Bern. Ende Juli desselben Jahres wird sie nach Holland engagiert und lebt fortan in Amsterdam. Dort wirkt sie an diversen Revuen; im Februar 1939 gastiert sie am Rika Hopper Theater; im Dezember 1940 bis Mai 1941 ist sie Ensemblemitglied als Chansonette, Darstellerin und Tänzerin in Willy Rosens Kabarett „Die Prominenten“; 1940 spielt sie in der „Fritz-Hirsch-Operette“ und schließlich gelangt sie an die berühmte „Hollandsche Schouwburg“. 1941 wird diese zur „Joodsche Schouwburg“, wo JüdInnen einzig vor jüdischem Publikum auftreten dürfen. Ein Jahr später wird das Theater zu einer Sammelstelle für in Amsterdam verhaftete JüdInnen, die anschließend in die Sammellager Westerbork und Vught und schließlich in KZs deportiert werden. Nach Auflösung der Bühne wird sie vom Judenrat als Kindermädchen ohne Bezahlung eingestuft und bleibt zunächst vor Deportationen verschont. S. G. schließt sich dem Widerstand an und wird 1943 in Brüssel an die deutschen Besatzer verraten. Sie wird erst in Mecheln, später in Auschwitz und Ravensbrück interniert. Sie wird aufgrund illegaler Arbeit in demselben Bunker gefangen gehalten, wie die Attentäter vom 2. Juli 1944. Sie wird zum Tod verurteilt, kann sich jedoch drei Monate vor Kriegsende dem Rot-Kreuz-Transport des Grafen Bernadotte zur Genesung ehemaliger KZ-Häftlinge anschließen und entkommt. Im August 1945 kehrt sie nach Amsterdam zurück, 1947 geht sie mit ihrem Mann in die USA. Dort lebt sie in New York City und in Los Angeles, wo sie für Steven Spielbergs „Survivors of the Shoah Visual History Foundation“ Interviews mit Überlebenden des Holocaust durchführt und in Schulen und bei Wohltätigkeitsveranstaltungen als Zeitzeugin auftritt. Im Jahr 2000 wird ihre Autobiografie „Silvie“ vom Verlag Welcome Rain in NYC herausgegeben, die später u. a. in Deutsch und Niederländisch übersetzt wird. Sie befindet sich gerade im Gespräch mit einem österreichischen Jungregisseur zur Verfilmung ihres Buches, als sie nur wenige Monate später 90-jährig in L. A. verstirbt.
W.: „Ich sah die Toten, groß und klein. Eine Schauspielerin überlebt den Holocaust“ (2002)
L.: Trapp/Mittenzwei 1999