Gombrich Lisbeth; Rechtsanwältin, Schriftstellerin und Übersetzerin

Geb. Wien, 12.3.1907

Gest. Oxford, Großbritannien, 12.12.1994

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Prof. Karl B. Gombrich, Rechtsanwalt (1874-1950); Mutter: Prof. Leonia Gombrich, geb. Hock, Pianistin (1873-1968); Schwester: Anna Forsdyke (1905-1994); Bruder: Ernst H. Gombrich (1909-2001), Kunsthistoriker.

Ausbildungen: Nach dem Ersten Weltkrieg verbachte L. G. gemeinsam mit ihrem Bruder ein dreiviertel Jahr in Schweden. Sie besuchte ein humanistisches Gymnasium und studierte an der Universität Wien Rechtswissenschaften, Promotion 24.01.1930.

Laufbahn: Wie die meisten Frauen, die der ersten Generation von Rechtsanwältinnen in Österreich angehörten, war auch L. G. Tochter eines Rechtsanwaltes. Als sie nach Absolvierung des Studiums 1931 als Rechtsanwaltsanwärterin in die Kanzlei ihres Vaters Dr. Karl Gombrich eintrat, verfügte sie bereits über Berufserfahrung im kaufmännischen Bereich, zudem unterrichtete sie nebenbei Englisch. Am 18. Juli 1934 erfolgte L. G.s Eintragung in die Verteidigerliste. Mit Bescheid des Ministeriums für Justiz mit Wirksamkeit vom 9. Juni 1936 wurde sie aus der Liste gestrichen – die Gründe hierfür sind bislang unklar – konnte jedoch ab 16. November 1936 wieder als Rechtsanwaltsanwärterin in der Kanzlei des Vaters tätig werden, am 3. Februar 1937 erfolgte ihre neuerliche Eintragung in die Verteidigerliste. Am 7. Dezember 1937 wurde L. G. schließlich in die Wiener Rechtsanwaltsliste aufgenommen, sie übte ihre Tätigkeit in den Kanzleiräumlichkeiten des Vaters an der Adresse Wien 1, Mölkerbastei 3 aus. Zwar gehörte L. G. dem evangelischen Religionsbekenntnis AB an, galt jedoch aufgrund der nationalsozialistischen Rassengesetze als Jüdin und wurde daher mit Ende 1938 aus der Rechtsanwaltsliste gelöscht. In der Folge emigrierte sie nach Großbritannien, wo sie wegen der völlig unterschiedlichen Rechtssysteme ihren erlernten Beruf nie mehr ausüben konnte. Sie wurde als Übersetzerin wissenschaftlicher Werke tätig, insbesondere aus den Bereichen Biologie und Kunstgeschichte, darunter auch die Arbeiten ihres Bruders, und beschäftigte sich u. a. mit Chagall, Marc, Munch und Picasso. In den 1940er Jahren begann sie, deutsche Sagen und Märchen ins Englische zu übersetzen und zu bearbeiten.

Qu.: Literaturhaus/Exilbibliothek, Tagblattarchiv/Wienbibliothek (Personenmappe).

W. u. a.: „The Story of Hansel and Grethel“ (1943), „The Story of Aladdin and His Wonderful Lamp“ (1945), „The Story of the Seven Ravens“ (1945), „The Amazing Pranks of Master Till Eugenspiegel“ (1948 zus. m. Clara Hemsted)

Übersetzungen (Auswahl): „Gombrich, Ernst H.: Kunst und Illusion“ (1967), „Timm, Werner: Käthe Kollwitz (1867-1945)“ (1980), „Gombrich, Ernst H.: Die Kunst der Renaissance“. (1985), „Gombrich, Ernst H.: Das symbolische Bild“ (1986), „Gombrich, Ernst H.: Kunst und Kritik“ (1993)

L.: Fuss 2001, Kinder- und Jugendliteratur im Exil 1933-1950, ÖNB 2002, Sauer/Reiter-Zatloukal 2010, Seeber 1998

 

Barbara Sauer