Goldarbeiter Lisl (Elisabeth), verw. Spielmann, verh. Tänzer (Tenczer); Miss World
Geb. Wien, 23.3.1909
Gest. Budapest, Ungarn, 14.12.1997
L. G. stammt aus einer österreichisch-ungarischen Kaufmannsfamilie. Ihr Vater Izso Goldarbeiter (1877-1945) hatte einen Galanterieladen in Wien. Mutter: Aloisia, geb. Schimek. Die Familie Goldarbeiter lebte in der Wiener Leopoldstadt und gehörte zum österreichischen Zweig einer großen jüdischen Familie in Österreich-Ungarn. Die Tänzers lebten in Szeged und bildeten den ungarischen Zweig. Marci Tänzer (1909-2003), der Cousin von L. G., zog 1926 zum Studium nach Wien, lebte im Haus der Goldarbeiters und studierte von 1926 bis 1936 an der Wiener Technischen Universität. Er filmte und fotografierte Wien und seine Familie. Er schickt Fotos von seiner Cousine an das Miss Austria Komitee und legte damit den Grundstein zu ihrer Karriere. Die Jury bestand aus Professoren der Kunsthochschule. Im Jänner 1929 wird sie zur „Miss Austria“ gewählt. Bei der einige Wochen später stattfindenden Wahl der Miss Europa in Paris siegte zwar die „Miss Ungarn“ und L. G. wird zweite, dennoch erhält sie eine Einladung zur Miss World Wahl nach Galveston in Texas. In drei Schönheitswettbewerben kann sie die Jury überzeugen und gewinnt im Juni 1929 einstimmig den mit 2000 Dollar dotierten Titel „Miss World“. Danach reist sie mit ihrer Mutter durch die USA und Europa. Die zahlreichen Filmangebote auch aus Hollywood lehnt sie ab. Wieder in Wien arbeitet sie im Geschäft ihres Vaters. L. G. wird von Sergius Pauser und Carry Hauser gemalt. Sie heiratete 1930 den Krawattenfabrikanten Fritz Spielmann, der Jahre später ohne seine Frau vor den Nationalsozialisten floh, jedoch im Zweiten Weltkrieg umkam. L. G. und ihre Mutter können kurz vor dem Einmarsch Hitlers in Österreich nach Ungarn (Szeged) flüchten. Der Vater wird im KZ ermordet.
1949 heiratet L. G. ihren Cousin Marci Tänzer. Die beiden lebten in Ungarn bis zu ihrem Tod. Er dokumentierte ihr Leben auf zahlreichen Dokumentarfilmen. 2003 starb Marci Tänzer.
Die einst gefeierte Wiener Schönheit – die zeitgenössischen Wiener Zeitungen sind voll von Lobeshymnen auf ihre Bescheidenheit, ihre Schönheit und ihren guten Charakter – ist in der Öffentlichkeit vergessen. Ein Grund dafür könnte ihre halbjüdische Herkunft sein. 1987 wird Ulla Weigerstorfer zur „Miss World“ gewählt. Sie wird als zweite Miss World aus Österreich gefeiert, nach Eva Rueber-Staier, die den Titel 1969 errang. An die tatsächlich erste Miss World erinnert das Filmprojekt „Miss Universe 1929 – Lisl Goldarbeiter. A Queen in Wien“, das von Péter Fogács betreut wurde und 2006 zuerst in Holland und 2008 in Österreich gezeigt worden ist. Die Dokumentation besteht ausschließlich aus privatem Archivmaterial, hauptsächlich von Marci Tänzer.
L.: Hirsch 1987, Markus 2009, NWT, 31.1.1929, www.mischief-films.com, Wikipedia
Karin Nusko