Funke Helene; Malerin
Geb. Chemnitz, Sachsen, Deutschland, 3.9.1869
Gest. Wien, 31.7.1957
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Kaufmann Hermann Funke (1832-1914); Mutter: Auguste Amalie Eleonore Helene Maria Funke, geb. Freiin d’Orville von Löwenclau (1845-1919); Onkel: Otto Funke (1828-1879); o. Prof. für Physiologie an der Universität Freiburg, fertigte auf seinen Reisen in einem Skizzenbuch Zeichnungen und Aquarelle an. Das Skizzenbuch ist überliefert. Geschwister: Der Bruder Dipl.-Ing. Heinrich Walter Funke 1876-1963) folgte dieser Gewohnheit bis er zur Photographie überwechselte. Ein Skizzenbuch und ein Aquarell sind überliefert. Weitere Brüder: Arthur Funke, gest. 1908, Max Funke, gest. 1927, Dr. Paul Funke, gest. 1942.
Ausbildungen: Da Frauen erst ab 1920 zur Akademie zugelassen waren, besuchte sie in München vermutlich die Malschule von Friedrich Fehr, die er von 1890-1899 leitete, und die Damenakademie des Münchner Künstlerinnenvereins von Angelo Jank, die er von 1899-1907 leitete. Ab 1900 bezeichnet sich H. F. als „selbständige Malerin“.
Laufbahn: In ihrem handschriftlich ausgefüllten Antrag zur Aufnahme in die Kammer der bildenden Künstler vom 16.6.1945 schreibt sie: „In München die Akademie absolviert unter Prof. Fehr u. Prof. Jank. Dann seit 1905 bis 1913 in Paris selbständig gearbeitet und im Herbstsalon jedes Jahr mit viel Erfolg ausgestellt. Seit 1912 oder 13 in Wien.“ H. F. beschickt seit 1904 die internationale Ausstellung in München, Berlin u. Dresden, 1911, von Paris aus, die große Aquarell-Ausstellung in Dresden, 1912 von Wien aus die Große Kunststausstellung in Dresden. In diesen Jahren entstehen Bildnisse, Figürliches, Stillleben, Landschaft u. Architektur (Öl u. Aquarell). Ihr Stil ist beeinflusst vom Neoimpressionismus, in den Figurenbildern ist sie „barockisierend“. 1905-1913 hält sie sich in Paris und Südfrankreich zu Studienzwecken auf. Nachgewiesen und überliefert sind Bilder aus Paris, aus der Bretagne und aus Südfrankreich. Hier bildet sie sich autodidaktisch weiter in der Auseinandersetzung mit dem französischen Impressionismus und den Malern der Fauves, mit der Kunst von Henri Toulouse-Lautrec, Pierre Bonnard und Paul Gauguin. Freundschaft mit Henri Matisse. Sie stellt in Frankreich mit Matisse, mit Georges Braque und Maurice de Vlaminck aus.
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs vertreibt die Künstlerin aus Frankreich, wobei viele ihrer Werke der französischen Zeit verlorengegangen sein sollen. In den zwanziger Jahren erfolgt unter dem Einfluss des Kubismus eine Auflösung und Zersplitterung der bisher klar konturierten Farbflächen. Ab 1914 lebte H. F. wieder in Wien. Hier entwickelte sie einen eigenständigen, französische Schulung und österreichischen Expressionismus synthetisierenden Stil. Von der Kunstkritik und ihren männlichen Kollegen muss H. F. viele Anfeindungen erfahren, denn besonders die Arbeiten expressiver Künstlerinnen wie H. F. ringen den Kritikern die Erkenntnis ab, dass die „von Frauenhand mit der Spachtel maurermäßig derb hingestrichenen Bilder […] ein Greuel sind“ (Plakolm-Forsthuber 1994, S 75).
In den zwanziger Jahren wird H. F. schließlich in Wien bekannt. 1920 erfolgt der Ankauf ihres Bildes „Musik“ durch den Österreichischen Staat. Mit der (gewaltsamen) Auflösung jener KünstlerInnenverbände, die dem Modernen und Fortschrittlichen zugeneigt sind, gerät auch das Werk H. F.s spätestens 1938 in Vergessenheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird das Werk H. F.s „wiederentdeckt“, endlich (u. a. durch Herbert Boeckl) gewürdigt und bald darauf wieder vergessen.
Ankwicz-Kleehoven schreibt über die Arbeiten H. F.s: Sie haben „ […] ein wahres Feuerwerk abgebrannt, dessen pointillistischer Sprühregen sich in gleicher Weise über figurale Kompositionen, Portraits oder Landschaften zu größeren Formen verdichtet. Man mag diese etwas aufdringliche Technik manieriert nennen, in jedem Fall ist sie persönlich und von größter Lebendigkeit, zwei Eigenschaften, die gerade bei Frauen nicht allzu häufig sind.“ (Plakolm-Forsthuber 1994, 75 f.)
Ausz., Mitglsch.: 1928 Österreichischer Staatspreis (Für das Bild: „Tobias und der Engel“ (Öl, 1927); 4. April 1955: Der österreichische Bundespräsident verleiht der akademischen Malerin H. F. den Titel „Professor“. Ab 1899 a. o. Mitglied im Künstlerinnenverein München. 1912 mit Pariser Anschrift als korrespondierendes Mitglied der Vereinigung Bildender Künstlerinnen Österreichs verzeichnet. 1925 Mitglied des Bundes österreichischer Künstler. 1928 Mitglied der Vereinigung bildender Künstlerinnen und Kunsthandwerkerinnen, „Wiener Frauenkunst“. Die „Wiener Frauenkunst“ wird im August 1938 aufgelöst: Helene Funke wird nach 1938 in die „Reichskulturkammer“ aufgenommen und tritt dem „Kunstverband Wiener Frauen“ bei. Kunstschaugruppe. Bewegung (1918).
H. F. gehörte den fortschrittlichsten, „linksgerichteten“ KünstlerInnenverbänden wie „Hagenbund“, „Bewegung“, „Kunstschaugruppe“ und „Wiener Frauenkunst“ an, die nach 1938 nicht mehr weiterbestanden.
Qu.: Archiv „Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs“, Wien; Nachlass Hans Ankwicz-Kleehoven, Mappe „Helene Funke“: Künstlerarchiv der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien; Nachlass Rudolf Schmidt: Künstlerarchiv der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien; Archiv der Vereinigung der Bildenden Künstlerinnen Österreichs; Nachlass Arthur Roessler, Wiener Stadt- und Landesbibliothek; Archiv Künstlerhaus Wien.
W.: H. F.s Werke sind in allen wichtigen größeren österreichischen Sammlungen vertreten (Neue Galerie der Stadt Linz; Österreichische Galerie, Belvedere, Wien; Graphische Sammlung Albertina, Wien; auch The British Museum, Department of Prints and Drawings, London; u.v.m.), und in den letzten Jahren auch verstärkt im Kunsthandel zu finden.
L.: Bestandskatalog 1993, Wiener Zeitung 1924, Aichelburg 2003, Ankwicz-Kleehoven 1928, Bruegger 1999, Fellner/Nagler 1995, Fuchs 1978, Lampe 1954, Tietze 1919, Vollmer 1953-1962, Vollmer 1935, Winkelbauer 1999, Katalog 1998, Katalog 1998a, Katalog 1999, Katalog 1999/2000, Katalog 2001, Plakolm-Forsthuber 1994.