Fulda Nathalia (Lilly); Beamtin und Widerstandskämpferin
Geb. Wien, 27.7.1896
Gest. Vermutl. in Belgien, nach dem 10.5.1940
N. F. wird am 27. Juli in Wien geboren, über ihre Jugend ist wenig bekannt. Sie arbeitet als Redaktionssekretärin der „Arbeiter-Zeitung“ und verfasst gemeinsam mit Käthe Leichter zwischen 1934 und 1938 den Nachrichtendienst der „Revolutionären Sozialisten“ (RS). Darüber hinaus ist sie Verbindungsfrau zwischen dem „Auslandsbüro österreichischer Sozialdemokraten“ (ALÖS) in Brünn und den illegalen AktivistInnen der RS in Österreich. N. F. nimmt an der Reichskonferenz der Vereinigten Sozialistischen Partei Österreichs teil, die vom 30. Dezember 1934 bis 1. Jänner 1935 in Brünn stattfindet. Bei dieser Konferenz werden die Richtlinien der RS festgelegt und die Parteiaufgaben in der Illegalität besprochen. Die Teilnehmenden werden allerdings von einem Spitzel denunziert und L. F. wird Ende Jänner 1935 gemeinsam mit anderen AktivistInnen der RS verhaftet. Sie ist eine von vier angeklagten Frauen im sogenannten Sozialistenprozess, der ab 16. März 1936 in Wien stattfindet; insgesamt sind 28 Leute im Zusammenhang mit Widerstand gegen das „ständestaatliche“ Regime angeklagt. N. F. wird beschuldigt, im Auftrag des ehemaligen Chefredakteurs der „Arbeiter-Zeitung“, Oskar Pollak, Nachrichten politischen Inhaltes übermittelt zu haben. Bei einer Hausdurchsuchung, die in ihrer Wohnung in Wien 5, Schlossgasse 16, stattfindet, wird ein Brief Oskar Pollaks gefunden, der ihre Verbindung zu ihm und zur illegalen sozialdemokratischen Parteiführung beweist. Die politische Komponente dieses Schreibens wird von N. F. allerdings geleugnet und sie erklärt bei den Einvernahmen durch die Polizei und die Untersuchungsrichter, mit Oskar Pollak und seiner Frau Marianne nur privat befreundet zu sein. N. F. wird gemeinsam mit zwölf weiteren Angeklagten am 24. März 1936 freigesprochen. Nach ihrer Entlassung aus der Untersuchungshaft ist sie weiterhin für die RS aktiv.
N. F. emigriert nach Belgien und ist in dem ab Mitte März in Brüssel etablierten Büro der „Sozialistischen Internationale“ tätig. Friedrich Adler arbeitet dort als Sekretär, weitere MitarbeiterInnen aus Österreich sind u. a. Oscar und Marianne Pollak. Diese Anlaufstelle für EmigrantInnen bietet Hilfe bei finanziellen Problemen, Behördenwegen sowie politische Betreuung an. Bis zu seiner Auflösung am 10. Mai 1940 ist auch N. F. dort beschäftigt. Während des deutschen Einmarsches in Belgien im selben Jahr, versucht sie vor einer drohenden Verhaftung durch die Gestapo nach Frankreich zu flüchten. Hier verliert sich ihre Spur. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist sie in einem belgischen Lager umgekommen.
Qu.: DÖW 6109/1,18881/1, 19311/1, 51043.
L.: Dokumentationsarchiv 1984, Dokumentationsarchiv 1987, Holtmann 1978, Kykal 1968, Leichter 1968, Pasteur 1986, Sporrer/Steiner 1983, Steiner 1973, Weinzierl 1975

Karin Nusko